Osteopathie – Infos und Übungen zur osteopathischen Selbstbehandlung

Osteopathie – Infos und Übungen zur osteopathischen Selbstbehandlung

Was ist Osteopathie?

Osteopathie ist ein ganzheitliches, alternativ-medizinisches Behandlungskonzept baiserend auf manuellen Techniken, die darauf ausgelegt sind, den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Im Zentrum steht eine manuelle Therapie an Gelenken, Muskeln und Bändern zur Behebung von Funktions- und Bewegungseinschränkungen.

Ableiten lässt sich der Begriff Osteopathie aus dem altgriechischen Wortschatz: „Osteo“, bedeutet die Knochen und „pathos“ bezeichnet das Leiden – also sinngemäß, „Das Leiden der Knochen“. Die Osteopathen setzen ausschließlich ihre Hände für die Untersuchung und die anschließende osteopathische Behandlung ein. Eine professionelle Osteopathie Behandlung erfordert viel Fingerspitzengefühl, Übung und Wissen, weshalb die Heilmethode als „messerlose Chirurgie“ bezeichnet wird.

Der Osteopathie liegt die Annahme zugrunde, dass der Körper in der Lage ist, sich selbst zu heilen. Voraussetzung dafür stellt eine völlig gesunde Struktur des Organismus dar. Strukturelle Störungen, Verspannungen oder Fehlhaltungen versucht der Körper selbst auszugleichen, wobei diese Kompensation früher oder später andere funktionelle Störungen hervorruft. Ein typisches Beispiel, das immer häufiger auftritt, ist das Knacken im Kiefer (CMD). Als oberstes Ziel gilt daher bei einer Osteopathie-Behandlung, dass der Körper durch Korrekturen unter Verwendung der osteopathischen Techniken und abgestimmten Osteopathie-Übungen seine eigenen Selbstheilungskräfte aktiviert.

Was bewirkt Osteopathie?

Bei der Betrachtung des Leidens ist in der Osteopathie fest verankert, dass die Person als Individuum und holistisch betrachtet wird. Körper, Geist und Seele ergänzen und beeinflussen sich gegenseitig – alle Teile des Körpers bilden eine Einheit. Die Beweglichkeit des Körpers, der Gewebe und der Organe, ist maßgeblich an der Gesundheit des Menschen beteiligt. Daher gilt in der Osteopathie, dass aus Bewegungseinschränkungen und Gewebsspannungen Störungen der Gesundheit entstehen, besonders häufig Rückenschmerzen sowie Probleme im Bereich von Becken oder Kiefer. Die Osteopathie bewirkt, dass entsprechende Blockaden in einer osteopathischen Behandlung durch spezielle, zielgerichtete osteopathische Übungen gelöst werden und der Körper wieder zu seiner eigenen Ordnung findet.

Wurzeln der Osteopathie

Als Begründer gilt der amerikanische Arzt Taylor Still, der die Osteopathie bereits im 19. Jahrhundert entwickelt hat auf Grundlage seiner Erkenntnis, wie wichtig Bewegung und Beweglichkeit für die körperliche wie psychische Gesundheit ist. Mit seiner ganz neuen Betrachtungsweise, den Mensch als eine Einheit des Körpers, der Seele und des Geistes zu sehen, schuf er neue Möglichkeiten für Behandlungskonzepte. Er studierte ausführlich die menschliche Anatomie und kam zu der Schlussfolgerung, dass ein gesunder Körper sich selber heilen kann. Wesentlich dafür war eine eigene Erfahrung. Er entdeckte in jungen Jahren, dass er durch eine bestimmte Lagerung seines Kopfes seine schlimmen Kopfschmerzen überwinden kann. Aus diesem einprägenden Erlebnis entwickelte er die Osteopathie, die Philosophie, die Techniken und die osteopathischen Übungen.

Osteopathische Methoden und Anwendungsbereiche

Die Osteopathie ist in drei Bereiche aufgeteilt: die parietale Osteopathie, die viszerale Osteopathie und die kraniosakrale Osteopathie.

Bei der parietalen Osteopathie werden vorwiegend die Gelenke untersucht und behandelt. Bei der viszeralen Osteopathie fällt die Betrachtung des Osteopathen auf die Organe, deren Beweglichkeit betrachtet und in der Therapie wiederhergestellt wird. Im letzten Bereich, der kraniosakralen Osteopathie, stehen die Schädelknochen im Fokus. Für alle Bereich existieren spezielle osteopathische Übungen.

Daneben gibt es unterschiedliche Techniken, die zur Behandlung verwendet werden. Je nach Krankheitsbild wird von Osteopathen die Impulstechnik, das Recoil, die myofasziale Lösungstechnik, Muskelenergietechniken und/oder lymphatische Techniken eingesetzt.

Die Osteopathie kann bei vielen unterschiedlichen Leiden mit speziellen Übungen hilfreich sein. Darunter Einschränkungen der Beweglichkeit, Schmerzen der Wirbelsäule, Nacken- und Schulterprobleme, Beschwerden der Gelenke oder bei lokalen Stellen, wie dem Knie. Überraschenderweise hat die Osteopathie noch weitere Behandlungsfelder, mit denen man diese Heilmethode zunächst nicht in Zusammenhang bringt: Erschöpfung, Hämorrhoiden, Mandelentzündungen, Migräne oder Darmprobleme.

So wurde in einer Studie des College Sutherland festgestellt, dass bei Menschen mit chronischen Leiden im Muskel-Skelett-System das Schmerzempfinden nach einer osteoplastischen Therapie deutlich gesunken ist. Ebenso bei gezielten Problemen, wie Schmerzen im Schulterbereich. Sogar bei Beschwerden wie dem Reizdarmsyndrom, vermag die Osteopathie mit gezielten osteopathischen Übungen, Linderung zu verschaffen.

Man kann mit einigen osteopathischen Übungen solch eine Therapie einfach und effektiv zu Hause ergänzen. Dazu sind im Folgenden Osteopathie-Übungen in einem Programm beschrieben.

Vorbereitende Übungen zur osteopathischen Selbstbehandlung

Der Selbstcheck (Körperreise)

Das Programm zur osteopathischen Selbstbehandlung beginnt zunächst mit einer Körperreise. Ziel dieser Übung ist es, den eigenen Körper auf das derzeitige Befinden zu prüfen. Dadurch soll vor allem die Selbsterfahrung und Selbsteinschätzung gestärkt werden. Am besten man legt sich dafür an einen ruhigen, bequemen Ort und schließt die Augen. Gedanklich beginnt die Reise nun im Kopf und Hals. Dabei ist es wichtig, sich zu jedem Bereich die Fragen zu stellen: Wie fühlt sich dieser Bereich gerade an? Spüre ich Schmerzen, Verspannungen oder Verhärtungen? Weiter geht es mit dem Brustkorb, samt den inneren Organen, wie Herz, Lunge und Speiseröhre. Es folgen Rippen und die Brustwirbelsäule. Danach der Bauch mit den dazugehörigen Organen, das Becken und die Lendenwirbelsäule. Letztlich sind die Extremitäten dran. Zunächst die Oberen: Arme, Schultern, Ellenbogen, Unterarme und Hände. Dann die unteren: Beine, Hüfte, Knie, Unterschenkel und Füße.

Nach dieser Körperreise ist es sinnvoll, gefundene Beschwerden samt Bereiche zu notieren. So kann man nach den kommenden Grundübungen, gezielte osteopathische Übungen ausführen. Für die Übungen ist die Verwendung einer Fitnessmatte vorteilhaft. Alternativ eignet sich eine dicke Decke.

Osteopathische Grundübungen (Vorbereitung zur Dehnung, Stabilisation und Kräftigung)

Säule: das liegende Y

Grundposition: Legen Sie sich auf den Bauch, die Arme lang nach vorne und etwas seitlich von sich gestreckt. Sie sollten die Form eines Y ergeben. Die Beine sind ebenfalls schulterbreit ausgestreckt und liegen fest, samt den Füßen auf dem Boden.

Ausführen: Heben Sie zunächst den rechten Arm und das linke Bein nach oben. Die Kraft sollte spürbar aus der Rückenmuskulatur kommen. Ganz wichtig ist es ebenso, die Bauchmuskulatur bewusst mit anzuspannen. Diese Position etwa 10 Sekunden halten und in die Grundposition zurückkehren. Danach folgen der linke Arm und das rechte Bein. Je Seite fünf Wiederholungen.

Säule: das seitliche T

Grundposition: Legen Sie sich auf die Seite. Der Unterarm dient als Stütze vor Ihnen. Der andere Arm liegt locker auf dem Körper. Dabei befindet sich der Ellenbogen etwas unterhalb der Schulter. Der Körper ist lang, sodass Kopf, Oberkörper, Hüfte und Beine eine Linie bilden. Der Gesäßmuskel wird angespannt.

Ausführung: Nun heben Sie das Becken an, bis sich letztlich alles wieder in einer Linie befindet. Einzig der Unterarm, der Ellenbogen und die Füße berühren den Boden. Bauchmuskeln sind fest. Nun wird der freie Arm senkrecht nach oben geführt. Die Handflächen zeigen dabei nach vorne. Das T ist vollendet. Halten Sie diese Position 10 Sekunden und kehren danach in die Grundposition zurück. Wiederholen Sie diese Übung fünf Mal und wechseln danach die Seite.

Säule: das aufgestellte L

Grundposition: Legen Sie sich auf den Rücken. Winkeln Sie die Beine an und heben Sie sie vom Boden ab, bis sie einen rechten Winkel ergeben.

Ausführung: Stecken Sie die Beine nach oben aus, soweit es für Ihre Knie angenehm ist. Die Bewegung sind fließend auszuführen, nicht ruckartig und unkontrolliert. Dabei sollen die Bauchmuskeln wieder angespannt sein und als Stabilisatoren dienen. Atmen Sie ruhig und bewusst. Die Spannung wieder für 10 Sekunden halten und die Beine wieder in die Grundposition absenken. Fünf Wiederholungen.

Osteopathie-Übungen für die Bereiche Kiefer, Nacken, Schultern, Rücken und Becken

Kiefermassage

Für die Lockerung der Kiefermuskulatur eignet sich am besten eine Massage. Dazu lassen Sie zunächst ganz bewusst den Kiefer locker hängen. Die Zunge liegt ebenso locker im Mundraum. Als nächstes setzen Sie den rechten Zeige- und Mittelfinger an den rechten und den linken Zeige- und Mittelfinger an den linken Kaumuskel. Dieser liegt kurz vor den Ohren. Nun führen sie in kreisenden Bewegungen einen leichten Druck aus. Die Massage sollte etwa 2 – 3 Minuten betragen. Blockaden im Kiefergelenk und eine daraus resultierende CMD sind in unserer Gesellschaft aufgrund zu hoher Dauer-Anspannung im Alltag leider weit verbreitet. Diese Osteopathie Übung sollte daher immer wieder im Alltag genutzt werden – auch präventiv!

Nackenrolle

Um den Nacken zu entspannen, setzen Sie sich mit geradem Rücken auf einen Stuhl. Die Füße stehen parallel auf den Boden. Nun beugen Sie die Ellenbogen und fassen sich mit den Fingerspitzen auf die Schultern. Die Oberarme sind ebenso parallel zum Boden. Nehmen Sie lange und tiefe Atemzüge. Mit der Einatmung führen Sie dann die Ellenbogen langsam Richtung Decke und beugen den Kopf zeitgleich nach vorne. Bei der einsetzenden Ausatmung bewegen Sie die Arme über die Seite wieder zurück in die Ausgangsposition. Ebenso ist der Kopf wieder gerade. Diesen Ablauf fünf Mal wiederholen. Besonders eignet sich diese Übung für Beschwerden, die durch lange Schreibtisch- und Computerarbeit entstehen.

Arme heben

Diese Osteopathie Übung ist im Stehen auszuführen. Dazu stellen Sie Ihre Füße etwa schulterbreit auseinander. Die Arme werden seitlich bis auf Schulterhöhe angehoben. Die rechte Handfläche zeigt nach unten, die linke nach oben. Halten Sie diese Position, je nach Befinden, etwa 2 – 10 Minuten. Konzentrieren Sie sich auf langsames und tiefes Atmen. Zum Ende führen Sie die Arme nach oben über den Kopf und strecken sich einmal kräftig zur Decke. Langsam sinken lassen und entspannen.

Streckung der Wirbelsäule

Nehmen Sie für diese Osteopathie Übung auf einem Stuhl Platz. Die Füße stehen schulterbreit auf dem Boden. Der Rücken ist gerade, die Oberschenkel sind parallel zum Boden. Die Unterschenkel bilden einen rechten Winkel. Nun beugen Sie langsam den Oberkörper nach vorne. Die Arme können gestreckt nach unten fallen, die Ellenbogen liegen an den Knieinnenseiten. Die Handflächen sind so gedreht, dass sie die Innenseiten der Füße berühren. Mit den Fingern und dem Daumen umfassen Sie Ihren Fuß. In dieser Position bleiben Sie etwa fünf Minuten. Konzentrieren Sie sich wieder bewusst auf Ihre Atmung. Alternativ kann diese Übung auch im Stehen ausgeführt werden.

Hüft-Twist

Zur Dehnung der Becken- und Hüftmuskulatur legen Sie sich auf den Rücken. Die Arme sind bis auf Schulterhöhe seitlich ausgestreckt. Die linke Handfläche zeigt nach oben, die rechte nach unten. Schultern und Arme liegen auf dem Boden auf. Die Füße der ausgestreckten Beine berühren sich sanft. Nun heben Sie das rechte Bein vom Boden ab und rollen sowohl die rechte Hüfte, als auch das angehobene Bein über das Linke. Sie überkreuzen es. In dieser Position zwischen 2 – 5 Minuten bleiben. Danach wieder in die Mitte zurückkehren und auf der anderen Seite ausführen.

Wiederholen Sie die Abläufe täglich. Viele otheopathische Übungen zur Selbstbehandlung, wie die Nackenrolle, können auch mehrmals am Tag gemacht werden. Natürlich ersetzen diese osteopathischen Übungen keine osteopathische Therapie und sind immer eigenverantwortlich auszuführen. Sie können die Behandlung allerdings sinnvoll ergänzen. Sollten Sie bei einer Bewegung starke Schmerzen verspüren, so beenden Sie diese umgehend und wenden Sie sich an Ihren Arzt/Osteopathen.

Quellen:

  • Tempelhof, S.: Osteopathie. Gräfe und Unzen Verlag GmbH. München. 2008.
  • Liem, T., Tsolodimos, C.: Osteopathie. Gezieltes Lösen von Blockaden. Stuttgart. 2013.

 

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