Sport in der Schwangerschaft

Sport in der Schwangerschaft

Werdende Mütter, die schon vor der Schwangerschaft Sport getrieben haben, können in der Regel ihr Training weiterführen, wenn sie damit keine Leistungsziele verfolgen. Bislang sportlich inaktiven Schwangeren wird empfohlen, mit moderatem Training zu beginnen. Dabei profitieren Schwangere von den folgenden Vorteilen:

  • Sport fördert das Wohlbefinden, da hiermit Stress abgebaut wird. Infolgedessen werden Selbstbewusstsein und Körpergefühl gestärkt.
  • Die Sauerstoffversorgung verbessert sich, sodass die Risiken für Krampfadern und Thrombosen vermindert werden.
  • Haltungsschäden und Rückenschmerzen können reduziert werden.
  • Im Vergleich zu inaktiven Frauen erhöht sich die Leistungsfähigkeit von aktiven Frauen, sodass sogar die Geburt oftmals leichter und schmerzloser erfolgt und diese sich auch nach der Entbindung schneller erholen.

Sport und die positiven Auswirkungen auf die Mutter

Während einer Schwangerschaft sollten gesunde Frauen sportlich aktiv sein, denn die körperliche Anstrengung schadet dem ungeborenen Kind nicht. Das bestätigt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) unter Hinweis auf eine US-amerikanische Studie der John Hopkins University. Forscher untersuchten hier mittels Doppler-Ultraschall den Blutfluss in der Nabelschnur von 45 Föten, nachdem die Mütter 30 Minuten lang auf dem Laufband trainierten. Auch bei Müttern, die vorher kein Sport getrieben hatten, ändert sich das Blutflussverhalten in der Nabelschnur nicht.

Lena Erhard aus der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Ludwig-Maximilians-Universität München erklärte bereits 2007 in ihrer Dissertation, unter Heranziehung verschiedener Studien, dass Sport und Bewegung während der Schwangerschaft mit vielen Vorteilen einhergehen. Die Fitness bleibt erhalten und der kardiovaskuläre Stress sinkt, wodurch ein positiver Effekt auf das Blutvolumen entsteht. Gleichzeitig wird die Thrombosegefahr vermindert. Die Bewegungssicherheit bleibt erhalten und die Körperwahrnehmung verbessert sich, trotz des wachsenden Bauches.

Weiter führt Erhard aus, dass sporttreibende Mütter seltener über Rückenschmerzen klagen und bei der Geburt weniger Schmerzen haben. Dies ist erklärbar durch die Muskulatur-Stärkungen und die höhere Ausschüttung von Endorphinen (Glückshormone).

Nach der Geburt ist es, laut Erhard, außerdem für viele Frauen leichter, ihr ursprüngliches Gewicht wiederzuerlangen, wenn sie während der Schwangerschaft sportlich aktiv waren. Das Risiko einer späteren Fettleibigkeit kann so vermindert werden.

All dies wird auch durch aktuelle Studien bestätigt, so zum Beispiel in dem Buch für Ärzte „Sport in der Schwangerschaft – Leitfaden für geburtshilfliche und gynäkologische Beratung“ von Sulprizio, Marion, Kleinert und Jens.

Die Dipl.-Sportwissenschaftlerin Anne Reimers von der Deutschen Sporthochschule Köln stellte im Rahmen einer umfangreichen Studie fest, dass Bewegung und Sport in der Schwangerschaft mit komplikationsloseren Geburtsverläufen einhergehen. Zudem haben die Probandinnen, die sportlich aktiv waren, die Geburtsschmerzen besser toleriert.

Schwangerschaftsdiabetes vorbeugen

Der Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) ähnelt dem Diabetes mellitus Typ II und ist eine Stoffwechselentgleisung, die durch die Hormonumstellung auftreten kann. Das Hormon Insulin, das Glukose (Zucker) aus dem Blut in die Zellen weiterleitet, wirkt hier schlechter. Infolgedessen steigt der Blutzuckerspiegel.

Ein spanisches Forscherteam untersuchte im Jahr 2015 mehrere veröffentlichte Studien, die gesunde werdende Mütter umfassten, die entweder nur wenig oder keinen Sport trieben. Bei aktiven Schwangeren konnte festgestellt werden, dass das Risiko für solch eine Diabetes-Erkrankung um rund 30 Prozent sank.

Positive Auswirkungen auf das ungeborene Kind

Linda May von der Kansas City University of Medicine rät Schwangeren zu sportlichen Aktivitäten, da sie so dem ungeborenen Kind einen Vorsprung in punkto Herzgesundheit verschaffen können. Die Bewegungsphysiologin hat über viele Jahre ein Studienprogramm geleitet, in dem es um die Auswirkungen von Sport auf die Gesundheit des kindlichen Herzens ging. 61 Schwangere wurden von May regelmäßig untersucht, um die Kraft der Babyherzen zu messen. Ungefähr die Hälfte der Probandinnen waren mindestens dreimal in Woche sportlich aktiv, während die andere Hälfte einen gemächlichen Lebensstil pflegte.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Herzrate der Babys variabler und langsamer wurde, wenn Mütter Sport trieben. Dies gilt als Zeichen für ein gesundes Herz. Auch bei erwachsenen Menschen verändert sich die Herzrate, wenn sie sich regelmäßig sportlich betätigen. Und obwohl es nur die Schwangeren sind, die sich beim Sport bewegen, zeigen offenbar auch die Föten einen „Trainingseffekt“.

Nach der Geburt wurde die Herzrate der Babys ebenfalls gemessen und May stellte fest, dass der Trainingseffekt umso größer war, je mehr Sport die Schwangeren getrieben hatten. May geht davon aus, dass die beim Sport ausgeschütteten Hormone durch die Plazenta in das Blut der Föten gelangen und dort das Herz des Babys stimulieren.

Hirnforscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin sind auf Grund umfangreicher Studien der Meinung, dass Joggen in der Schwangerschaft für die Gehirnentwicklung des Fötus von Vorteil ist. Mäusebabys, deren Mütter im Laufrad während der Schwangerschaft trainierten, bildeten rund 40 Prozent mehr Nervenzellen. Dabei trat dieser Zuwachs an Nervenzellen im Hippocampus auf. Eine Hirnregion, die gerade für Lern- und Gedächtnisvorgänge wichtig ist.

Welche Sportarten sind für Schwangere geeignet?

Yoga in der Schwangerschaft

Grundsätzlich tut Bewegung jeder werdenden Mutter gut. Dabei kommt es natürlich auf die Sportart und das Ausmaß an. Besonders empfehlenswert sind die folgenden sportlichen Betätigungen:

  • Schwangerschaftsgymnastik
  • Yoga/Pilates/Qi Gong
  • Schwimmen/Aquafitness
  • Nordic Walking/Wandern
  • Radfahren

Werdende Mütter, die vor der Schwangerschaft eher unsportlich waren, sollten sich nicht übernehmen und vor allem gelenkschonende Sportarten, wie zum Beispiel Radfahren oder Walken, auswählen. Hierzu zählt auch der Wassersport wie Aqua-Fitness oder Aqua Spinning.

Die Dipl.-Psychologin Marion Sulprizio, Leiterin des Portals „Sport und Schwangerschaft“ der Deutschen Sporthochschule Köln, empfiehlt, dass das Training an den Schwangerschaftsverlauf angepasst werden sollte. In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft vergeht den meisten werdenden Müttern die Lust auf Sport, da sie oftmals mit der typischen Übelkeit kämpfen. Zwischen dem vierten und sechsten Monat sportelt es sich am besten, da das Schwangerschaftshormon Gestagen für lockere Gelenke und Bänder sorgt. Um Verletzungen zu vermeiden, ist aber ein moderates Training angesagt.

Im siebten bis neunten Monat müssen Schwangere schon allein aufgrund des Gewichts das Training reduzieren, da der Bauchumfang enorm zunimmt. In dieser Zeit ist vor allem schwimmen und Aqua-Fitness empfehlenswert.

Dürfen Schwangere joggen oder Krafttraining im Fitnessstudio machen?

Wenn Schwangere geübte Läuferinnen mit Trainingserfahrung sind, spricht laut Sulprizio nichts gegen moderate Jogging-Einheiten. Sie empfiehlt aber dennoch, vorab Rücksprache mit dem Gynäkologen zu halten.

Auch das Training mit Gewichten im Rahmen eines Krafttrainings ist in Maßen erlaubt. Wichtig ist, dass Schwangere im Fitnessstudio mit leichten Gewichten arbeiten, so Sulprizio. Für den Kraftsport in der Schwangerschaft gilt: wenig Belastung – mehrere Wiederholungen.

Was muss beim Bauchmuskeltraining beachtet werden?

Ein sanftes Bauchmuskeltraining ist erlaubt, da hierdurch der Rücken gestärkt wird. Vor dem Training ist es wichtig, sich aufzuwärmen und zu dehnen. Nach der ersten Schwangerschaftshilfe sollten werdende Mütter vor allem die schrägen Bauchmuskeln (z. B. schräge Sit-ups) sowie die Muskeln des kleinen Beckens trainieren. Hingegen sollten die geraden Bauchmuskeln nur wenig oder gar nicht trainiert werden. Grund hierfür ist, dass es bei den meisten Schwangeren auch ohne Bauchmuskeltraining zum Ende der Schwangerschaft zu einer sogenannten Rektusdiastase kommt. Das heißt, dass die Bauchmuskeln in der Mittellinie leicht auseinanderklaffen, damit die vergrößerte Gebärmutter mehr Platz bekommt. Nach der Geburt bildet sich dies aber zurück.

Hilfreich ist es, während der Übungen die flache Hand auf den Bauch zu legen. Spannen sich die Bauchmuskeln rechts und links an, ist das ein Zeichen dafür, dass sich die geraden Muskeln anspannen. Am besten eignen sich Übungen, bei denen die Beine abwechselnd angezogen und wieder ausgetreckt werden.

Wichtig ist zudem, dass im letzten Schwangerschaftsdrittel nicht mehr in Rückenlage trainiert wird, da die Gebärmutter den Blutrückfluss zum Herzen behindern kann. Infolgedessen können Kreislaufproblemen auftreten. Übungen im Stehen, Sitzen oder in Seitenlage eignen sich in dieser Zeit besser.

Wie hoch darf mein Puls beim Trainieren sein?

Das „Coaching für Schwangere“ von der Deutschen Sporthochschule Köln rät Schwangeren zu einer altersangepassten Herzfrequenz:

  • unter 20-Jährige: bis zu 155 Schlägen pro Minute
  • 20- bis 29-Jährige: 135 bis 150 Schläge pro Minute
  • 20- bis 39-Jährige: 130 bis 145 Schläge pro Minute
  • ab 40: maximal 140 Schläge pro Minute

Die Belastungsgrenze sollten Schwangere niemals überschreiten. Durch den erhöhten Puls und einer Überbelastung kann dies schlimmstenfalls zu einer Mangelversorgung des Babys führen. Hingegen ist der Fötus bei moderatem Training nicht gefährdet.

Wieviel Sport in der Schwangerschaft?

Das Training sollte grundsätzlich dem Zustand der Schwangerschaft entsprechend angepasst werden. Aktiven Schwangeren wird empfohlen, nicht mehr als fünfmal in der Woche zu trainieren. Die jeweiligen Trainingseinheiten sollten 60 Minuten nicht überschreiten. Nicht-Sportlerinnen können drei- bis viermal in der Woche für jeweils 15 Minuten Sport treiben.

Wichtig ist, dass Schwangere auf ihren Körper hören und nur so lange Sport treiben sollten, wie sie sich dabei auch wohlfühlen.

Wann ist mit Sport in der Schwangerschaft Vorsicht geboten?

Generell spricht nichts gegen sportliche Aktivitäten in der Schwangerschaft. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch ratsam, zunächst seinen behandelnden Gynäkologen zu befragen, ob Sport erlaubt ist, beispielsweise bei:

  • Herz- und Gefäßerkrankungen
  • Bluthochdruck
  • Schilddrüsenerkrankungen
  • Diabetes
  • Unter- oder Übergewicht
  • Infektionen
  • vorangegangenen Fehlgeburten
  • Mehrlingsschwangerschaften

Kommt es bei den sportlichen Aktivitäten zu Unwohlsein, Schwindel, Atemnot, Unterleibsschmerzen, Blutungen, Kopfschmerzen oder Augenflimmern, sollte der Sport sofort abgebrochen und ein Arzt konsultiert werden.

Welche Sportarten sind nicht erlaubt?

Der Körper einer Schwangeren funktioniert nicht mehr so selbstverständlich wie sonst, was zum einen an der Hormonumstellung und zum anderen an den veränderten Körperproportionen liegt. Hierdurch besteht bei Schwangeren ein höheres Verletzungsrisiko. Ungeeignet sind deshalb alle Extremsportarten (z. B. Tauchen, Paragliding, Eisschwimmen, Kitesurfen etc.) sowie alle Wettkampfsportarten, die hohe Leistungen erfordern. Auch von Kontaktsportarten, wie zum Beispiel Handball, Fußball, Hockey oder Kampfsport, ist dringend abzuraten. Prinzipiell sollten also alle Sportarten gemieden werden, bei denen es zu Stößen, Schlägen, Stürzen oder anderen heftigen Auswirkungen kommen kann.

Wann darf ich nach der Schwangerschaft wieder Sport machen?

Nach der Geburt sollten Mütter mit einem speziellen Rückbildungstraining beginnen, das durch eine Hebamme oder Physiotherapeuten begleitet wird. Der Beckenboden ist in der Regel erst nach sechs bis neun Monaten wieder belastbar, weshalb in dieser Zeit nur beckenbodenschonender Sport getrieben werden sollte.

Quellen:

 

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