Fitness und Sport gegen Depressionen

Fitness und Sport gegen Depressionen

Depressionen – was heißt das überhaupt?

Zu den häufigsten Erkrankungen im psychischen Bereich zählen die Depressionen. So leiden etwa 16 – 20 Personen von 100 im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer solchen. Sie wird den affektiven Störungen zugeordnet. Affektive Störungen bewirken Schwankungen im Bereich der Stimmung und des Antriebs. Daher äußert sich eine Depression durch Freudlosigkeit, depressive Stimmung, Antriebslosigkeit, Verlust von Interessen, schnelle Ermüdung und das Gefühl „innerer Leere“. Diese Merkmale präsentieren sich in vielen Fällen allerdings ganz unterschiedlich. Hinzu kommen mitunter noch Symptome wie Störung der Konzentration, Verlust des Appetits, Schlafprobleme, Ängste oder Schuldgefühle. Bei einer vorgeschrittenen Depression treten Suizidgedanken auf. Man unterscheidet drei Formen: die leichte, die mittelgradige und die schwere Depression. Darüber hinaus gibt es weitere Einteilungen, wie zum Beispiel in die jahreszeitabhängige Depression, die Wochenbettdepression aber auch die Abgrenzung von depressiven Episoden und chronischen Depressionen. Bei einer depressiven Episode folgt in vielen Fällen eine rezidivierende Depression, also eine erneute Phase der Niedergeschlagenheit. Hält eine Depression länger als 2 Jahre an, so spricht man von der chronischen Depression.

Als Therapie von Depressionen kommen meist zwei Behandlungsansätze zum Einsatz: die Psychotherapie und die Verabreichung von Medikamenten, wie Antidepressiva. Mittlerweile forscht man allerdings intensiv an Alternativen bzw. ergänzenden Maßnahmen. Zu diesen zählt der Einsatz von sportlichen Aktivitäten und Bewegungsmodellen.

Depressionen und Sport

Seit einigen Jahren befassen sich unterschiedliche Forschungseinrichtungen mit der heilenden Wirkung von Sport und körperlichen Aktivitäten auf depressive Menschen. Die Ergebnisse und Studien zeigen in den meisten Fällen einen positiven Effekt auf die betroffenen Personen auf. So kommt eine Cochrane-Studie (internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Ärzten) aus dem Jahr 2009 zu dem Resultat, dass körperliche Aktivitäten im Zusammenhang mit depressiven Störungen einen positiven Therapieeffekt auslösen können. Eine weitere Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2013 führte zu demselben Fazit. Dabei setzte man sich mit 39 anderen Studien auseinander und wertete diese auf die Fragestellung hinaus, inwieweit körperliche Betätigung sich auf Menschen mit Depression auswirkt (vgl. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013). In den meisten Studien bediente man sich dazu der Ausdauersportarten, wie Joggen. So bestätigen zwei Studien, dass Ausdauertraining nach nur 10 Tagen einen positiven Effekt auf Patienten mit Depressionen hat.

Die Forscher gehen davon aus, dass Sport und körperliche Aktivitäten bei Depressionen deshalb positive Auswirkungen zeigen, weil dabei Botenstoffe freigesetzt werden, die die Stimmung merklich verbessern. Die Produktion von Kortisol − als Stresshormon − und die Ausschüttung der Botenstoffe Serotonin und Dopamin − bekannt als Glückshormone − harmonisieren sich.

Zudem fand man heraus, dass Ausdauersportarten zeitgleich beruhigen. Der Stress wird reduziert, gleichzeitig werden wichtige Körperfunktionen angeregt. Es entsteht eine gesundheitsfördernde Balance. Darüber hinaus wirkt Ausdauersport bei Depressionen nachhaltig. Durch den positiven Effekt sind die depressiven Personen wieder belastbarer, trauen sich insgesamt mehr zu, da das Selbstvertrauen steigt und von negativen Gedankenmustern ablenkt.

Studie belegt die Nachhaltigkeit bei Sport und Depressionen

Der US-amerikanische Psychiater James Blumenthal erforschte diese Wirkungen bei Fitness gegen Depressionen innerhalb einer Studie. Dabei teilte er 3 Versuchsgruppen ein. In jeder befanden sich Patienten mit mäßiger aber auch schwerer Depression. Die erste Gruppe erhielt ausschließlich ein Antidepressivum. In der zweiten Gruppe setzte man ein Ausdauertrainingsprogramm mit einer Dauer von 16 Wochen ein. In der dritten Gruppe kombinierte der Wissenschaftler die Behandlung mit dem Antidepressivum und das 16-wöchigen Ausdauerprogramm miteinander. Das Ergebnis: Insgesamt besserte sich die Depression in allen Gruppen. Bei der Gruppe, die ausschließlich das Antidepressivum bekam, erfolgte die Verbesserung sogar rascher. Allerdings zeigt sich der Effekt bei Fitness gegen Depression bei der Nachhaltigkeit. In den nachfolgenden 10 Monaten kam es bei den Patienten, die am Ausdauerprogramm teilnahmen, signifikant weniger häufig zu einem Rückfall in die Depression.

Die Studie belegt die positive Wirkung und die Nachhaltigkeit von Sport gegen Depressionen. Nun stellt sich als nächstes die Frage, welches Sportpensum den größten positiven Effekt hat. Dies testeten Forscher in einer weiteren Untersuchung in den USA. 80 Patienten wurden über 12 Wochen in 2 Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe absolvierte in der Zeit ein intensives Aerobic-Programm. Die andere Gruppe trainierte hingegen auf einem leichteren Level. Anhand einer Skala bewerten die Patienten am Ende ihre Symptome in Bezug auf die Depression. Dadurch fanden die Forscher heraus, dass der beste Effekt dann auftritt, wenn durch den Sport ein zusätzlicher Energieverbrauch von 17,5 kcal pro Kilogramm in der Woche erfolgt. Bei einem Gewicht von 60 kg entspricht das also 1050 kcal pro Woche. Dies wäre der ideale Wert für das Sportpensum bei Menschen mit Depressionen. Beispielsweise wird dies durch 2-mal einstündige Laufeinheiten über 8,5 Kilometer abgedeckt. Oder man teilt kleinere Strecken auf mehrere Tage auf. Daher ist Ausdauersport wie Joggen, Tanzen oder Fitnesstraining in erster Linie gut für Patienten mit Depressionen. Weiterhin sollte der Fokus auf insgesamt regelmäßige Bewegung im Alltag ausgerichtet sein. Dazu gehören Spaziergänge, Fahrradfahren, Treppensteigen oder der Fußmarsch z. B. zum Einkaufen.

Effekt von Sport gegen Depressionen: Sportprogramm bei Depressionen der Freien Universität Berlin

In Deutschland sind die Forscher ebenso am Zusammenhang von Fitness gegen Depressionen interessiert. Daher fand an der Freien Universität Berlin eine Studie statt. Deren Grundlage war ein selbst erarbeitetes und entwickeltes Sportprogramm, mit dem Ziel, dessen therapeutische Wirkung zu untersuchen. Es beruhte auf drei Säulen:

  • Ausdauer- und Intervalltraining
  • Gymnastik
  • Spielelemente

Die Sport- und Spieleinheiten fanden vorwiegend in der Natur statt. Darunter fielen Aufgaben wie bewusstes Atmen, Sinneswahrnehmungen testen, balancieren, musizieren mit Naturmaterialen, Seilspringen, diverse Ballspiele wie Federball oder Hockey und Tauziehen. Zudem kamen Partner- und Entspannungsübungen hinzu. Das Ergebnis der Erhebung fiel durchweg positiv aus. So konnten die Wissenschaftler bei allen Patienten, auf den gesamten Zeitraum bezogen, eine deutliche Verbesserung der Depression feststellen. Weiterhin verringerte sich die Ängstlichkeit der Teilnehmer. Eine wesentliche Überraschung gab es bei den Patienten, die begleitend mit einer Therapie und Medikamenten behandelt wurden. Entgegen der Annahme zeigten sich bei diesen keine besseren Ergebnisse, als bei jenen die ausschließlich das Sportprogramm absolvierten.

Abschließend lässt sich anhand der Studie feststellen, dass die Verbesserung bei Sport und Depressionen im Rahmen des Sportprogramms der Freien Universität Berlin im Vergleich zu zwei Formen der Psychotherapie die gleichen guten Ergebnisse erzielte. Da die Wirksamkeit auch über einen längeren Zeitraum anhielt, ist das Sportprogramm sogar nachhaltiger und sorgt für eine höhere Stabilität der Therapiemaßnahmen. Der richtige Sport hilft also tatsächlich gegen Depressionen.

Trainingsprogramm für Menschen mit Depressionen

Ein weiteres, wesentliches Resultat der Studie besteht darin, dass ein auf depressive Menschen abgestimmtes Bewegungsprogramm sowohl Ausdauer- als auch Krafttrainingselemente beinhalten sollte.

Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelten Brooks und Meyer ein Konzept für Menschen mit Depressionen, welches sie über 2 Jahre hinweg auf die positiven Effekte hin erprobten. Angelegt ist das stimmungsaufhellende Sport- und Fitnessprogramm auf 12 Wochen. Eine praktikable Antwort auf die Frage: „Wieviel Sport bei Depression?“ liefert das hier beschriebene Übungsprogramm, das jeder Ausprobieren sollte, der seine Depressionen mit Sport besiegen möchte.

1. – 2. Woche (2- bis 3-mal die Woche)

  • 4 Aufwärmübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein mit je 10 – 12 Sekunden Dehnzeit)
  • 10 Minuten walken
  • 4 Gymnastikübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein)
  • 2 – 5 Minuten joggen
  • 10 Minuten Entspannen

3. – 4. Woche (2- bis 3-mal die Woche)

  • 4 Aufwärmübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein mit je 10 – 12 Sekunden Dehnzeit)
  • 10 Minuten walken
  • 4 Gymnastikübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein)
  • 5 – 10 Minuten joggen (Laufzeit weiter erhöhen)
  • 10 Minuten Entspannen

5. –  6. Woche (2- bis 3-mal die Woche)

  • 4 Aufwärmübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein mit je 10 – 12 Sekunden Dehnzeit)
  • 10 Minuten walken
  • 4 Gymnastikübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein)
  • 20 Minuten joggen
  • 10 Minuten Entspannen

7. – 12. Woche (2- bis 3-mal die Woche)

  • 4 Aufwärmübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein mit je 10 – 12 Sekunden Dehnzeit)
  • 10 Minuten walken
  • 4 Gymnastikübungen (Waden, Knie, Hüfte und Bein)
  • Joggen, Laufzeit weiter erhöhen (Ziel z. B. 4-mal 30 Minuten oder 2-mal eine Stunde in der Woche nach der Berechnung des Sportpensums bei Depressionen)
  • 10 Minuten Entspannen

Tipps rund um Sport gegen Depressionen

Wie und wann die geeigneten Tageszeiten sind, muss jeder für sich selbst herausfinden. Ebenso, ob sich das Laufen an sich als Sportart eignet. Nicht für jeden stellt es die beste Wahl dar. Dann empfiehlt sich, verschiedene Disziplinen auszutesten, wie beispielsweise Schwimmen, Walken, Inlineskaten oder Ballsportarten. Hauptsache die Ausdauer wird trainiert und es macht Spaß.

Entscheidend für den Erfolg bleibt zudem die Regelmäßigkeit, auch wenn es manchmal herausfordernd ist, sich aufzuraffen. Lieber aber in kleinen Schritten die Leistung erhöhen, als sich zu viel zuzumuten. Ein Ruhetag zwischen den Trainingstagen sollte in jedem Fall eingelegt werden.

Wichtig außerdem: ausreichend Wasser trinken. Für genügend Energie empfiehlt es sich, einen leichten Snack etwa 30 Minuten vor dem Sport zu sich zu nehmen, wie eine Banane. Damit kann die Sporteinheit in einem vitalen und fitten Zustand absolviert werden.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, ein Training im Fitnessstudio zu absolvieren. Diese sind ausgestattet mit Laufbändern, Crosstrainern und Fahrrädern. Der Vorteil: Wetterunabhängigkeit. Allerdings sollten Stoßzeiten im Fitnessstudio vermieden werden, da es hier unter Umständen zur vermehrten Ausschüttung von Stresshormonen kommt.

Ein weiterer Vorzug des Trainings im Fitnessstudio: es findet unter professioneller Anleitung der Trainer statt. So können diese zum Beispiel die Herzfrequenz bestimmen, in der das Training am effektivsten ist. Ebenso lässt sich der Besuch mit einem Gerätetraining kombinieren, um den Kraftsport abzudecken.

Das überwachte Training ermöglicht außerdem, es optimal auf die Bedürfnisse der trainierenden Person abzustimmen. Natürlich klappt eine Kombination ebenso gut, wenn zum Beispiel das Laufen gerne in der Natur absolviert wird. So kann die Laufeinheit im Freien stattfinden und die Kraftsporteinheit im Fitnessstudio.

 

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