Entspannung im Alltag – 10 einfache Regeln zum Stressabbau

Entspannung im Alltag – 10 einfache Regeln zum Stressabbau

Wir kennen ihn alle zur Genüge. Er zählt zu den natürlichen Körperreaktionen und sorgte in grauer Vorzeit für unser Überleben. Ich rede von unserem unangenehmen, jedoch notwendigen Gefährten Stress. Immer häufiger leiden wir unter beruflichem Druck, stehen zusammengepfercht in überfüllten Bussen und Straßenbahnen, laufen dicht gedrängt durch Straßen und mühen uns ab, Familienleben und Job in Einklang zu bringen. Alle diese Stresssituationen belasten unseren Körper und Geist immens, so dass auf lange Sicht Krankheiten vorprogrammiert sind. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Sie sich selbst Entspannungsinseln im Alltag schaffen, damit sich der Stress nicht aufstaut und gesundheitliche Probleme verursacht. Wie Sie selbst für Entspannung sorgen können und was genau Sie dafür tun müssen, verrate ich Ihnen jetzt.

Inwiefern ist Stress ein natürliches Phänomen?

Zunächst einmal zu den Grundlagen. Warum ist Stress eine natürliche Körperreaktion? Und wozu brauchen wir so eine Reaktion überhaupt? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir in die ferne Vergangenheit zurückkehren: Nämlich in die Steinzeit. Denn damals war eine schnelle Körperreaktion überlebenswichtig. Sobald der prähistorische Mensch in eine gefährliche oder heikle Situation geriet, schüttete sein Körper die Stresshormone Adrenalin, Dopamin und Cortisol aus. Dadurch wurden Energiereserven freigesetzt, die ihn auf eine körperliche Höchstleistung wie Flucht oder Kampf vorbereiteten – allerdings auf Kosten des Immunsystems, das regelrecht unterdrückt wurde, um dieses Höchstmaß an Leistung zu vollbringen. Das verhält sich bei uns modernen Menschen nicht anders. Heutzutage befinden wir uns zwar längst nicht mehr in rauer Wildnis. Doch sind wir dafür mit anderen schwierigen Lebenssituationen konfrontiert, die dem Unterbewusstsein und Körper ebenso bedrohlich erscheinen wie die unmittelbare Gefahr durch einen Fressfeind. So geben uns Stresshormone den notwendigen Energieschub, um einen schier unermesslichen Berg von Aktenstößen zu bewältigen, körperliche Schwerstarbeit zu leisten oder lange Prüfungsphasen zu überstehen.

Wieso kann Stress die Gesundheit schädigen?

Eine völlig berechtigte Frage. Warum ist ein körperliches Phänomen, das ursprünglich zur Lebenserhaltung beitrug und uns auch heute noch gute Dienste leisten kann, schädlich? Der große Unterschied zwischen unseren prähistorischen Vorfahren und uns heutigen Menschen besteht in der körperlichen Bewegung. In der Vergangenheit sorgte der körperliche Bewegungsdrang für einen raschen Abbau der Stresshormone. Doch heute mangelt es uns schlichtweg an sportlicher Betätigung, was natürlich mit den modernen Lebensbedingungen zusammenhängt. Erschwerend kommt noch der Umstand hinzu, dass Stress gleichzeitig unser Immunsystem außer Kraft setzt. Was das für unsere Gesundheit bedeutet, ist nicht schwer zu erraten: Steht unser Körper ständig unter Anspannung, dann kollabiert das Immunsystem, und der Weg für Infektionen und Entzündungen ist gebahnt. Gesundheitliche Belastungen und Schäden sind also die unausweichlichen Folgen. Unbewältigter Stress kann auch noch für vielerlei Symptome sorgen: Herzrasen, hoher Blutdruck, Verdauungs- und Stoffwechselprobleme, Kopfschmerzen, Depressionen, Verspannungen und Schlafstörungen, um nur die gängigsten Beschwerden zu nennen.

Richtig entspannen will gelernt sein

Doch auch eine Pause, die abrupt nach der Stresssituation eingelegt wird, kann gefährlich sein. Das gab zumindest eine Studie der holländischen Tilburg Universität bekannt. In der Wissenschaft kursiert dieses Phänomen unter dem Namen „Entlastungsdepression“, die amerikanischen Experten prägten dafür den Begriff „Holiday Blues“. Bestimmt haben auch Sie dieses Phänomen einmal hautnah erlebt: Da halten Sie eine stressige Phase Wochen oder Monate lang durch und sobald Sie dann endlich aufatmen können, erlahmen Ihre Kräfte plötzlich. Sogar Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Erschöpfungsattacken und Übelkeit können auftreten. Der Grund liegt im überforderten Immunsystem. Die Ausschüttung von Stresshormonen sorgt zwar dafür, dass wir schwierige Phasen tapfer bis zum Schluss durchstehen (warum der Organismus das lange Zeit aushält, lässt sich medizinisch noch nicht erklären), doch laugt jede längere Anspannung unseren Körper vollkommen aus. Wann der Organismus kollabiert ist allerdings vom Einzelnen abhängig. Die einen erwischt es pünktlich zum Wochenende, die anderen erst Tage oder Wochen später.

Beherzigen Sie diese 10 einfachen Regeln zum Stressabbau

Die Lösung gestaltet sich erdenklich einfach: Legen Sie kleine Entspannungsübungen zwischen die Stressphasen ein, ändern Sie Ihren Rhythmus nicht gleich radikal am ersten freien Tag und schlafen Sie nicht bis spät in die Nacht durch. Besser ist es, wenn Sie allmählich herunterfahren, sich gesund ernähren und leichten Sport ausüben. So kracht die Anspannung nicht von 100 auf Null herunter und Sie bewahren sich vor einem Kollaps. Hier einige nützliche Ratschläge, wie Sie kurzzeitig entspannen und Stress abbauen können – egal ob in der Freizeit oder im Büro.

1. Bleiben Sie aktiv

Bewegung ist nun einmal die beste und natürlichste Medizin gegen Stress. Indem Sie sich körperlich betätigen, bauen Sie sofort Stresshormone ab. Außerdem bewirkt Sport eine Ausschüttung von bestimmten Glückshormonen, deren positiver Effekt auf die Psyche nicht gerade unerheblich ist.

2. Lassen Sie Ihrem Ärger freien Lauf

Reagieren Sie sich ab! Gezielte emotionale Ausbrüche wirken nämlich genauso wie Sport. Brüllen Sie ruhig Ihren Bildschirm an, stampfen Sie auf den Boden oder hauen Sie mit der Faust auf den Tisch – das ist alles noch völlig in Ordnung, solange Sie nicht über die Strenge schlagen und Ihre Mitmenschen beleidigen oder stören. Übrigens: Gezielte Wutausbrüche stärken Ihr Selbstbewusstsein.

3. Führen Sie Selbstgespräche

Das hört sich zwar sehr ungewöhnlich an, wirkt aber tatsächlich. So wurde wissenschaftlich bestätigt, dass Selbstgespräche die eigene Leistungsfähigkeit enorm steigern können. Außerdem sollen sie dabei helfen, Ablenkungen und Störfaktoren auszublenden sowie Probleme schneller und effektiver zu lösen. Der positive Effekt von Selbstgesprächen ist damit aber noch nicht ausgeschöpft: Stress wird abgebaut, Aggressionen reduziert und ein objektiverer Blickwinkel erzeugt. Das alles wurde zum Beispiel in einer US-psychologischen Studie von Thomas Brinthaupt nachgewiesen.

4. Vermeiden Sie Unterbrechungen

Neue E-Mails flattern zwischendrin herein, ständig klingelt das Telefon oder Sie werden durch Kollegen unterbrochen – das alles strapaziert die Nerven. An der Universität Kalifornien erforschten Wissenschaftler den Alltag von Büroangestellten. Das Resultat: Gerade mal elf Minuten können die sich einer einzigen Aufgabe widmen, bevor sie darin gestört werden. Noch viel schlimmer wiegt aber die Tatsache, dass es nach diesen unfreiwilligen Unterbrechungen fast bis zu einer halben Stunde dauern kann, bis man mit der begonnen Arbeit wieder fortfahren kann. Unterbinden Sie also häufige Störungen, sonst kommen Sie nie zur Ruhe.

5. Machen Sie Atemübungen

Gönnen Sie sich eine kleine Pause und zählen Sie Ihren Atem. Lockern Sie sich etwas und setzen Sie sich dann aufrecht hin. Anschließend atmen Sie langsam tief ein und aus und zählen die Atemstöße: Ein – Aus – 1, Ein – Aus – 2, usw.

6. Lachen Sie so viel Sie können

Das mag zwar abgedroschen klingen, ist aber nach wie vor hochaktuell. Gelotologen (griechisch gelos = lachen) haben herausgefunden, dass Lachen sehr viele positive Effekte auf Körper und Geist hat. So baut Lachen Stress ab, stärkt die Abwehrkräfte, sorgt für die Ausschüttung von Glücksgefühlen, senkt den Blutdruck und lindert nachweislich Schmerzen. Beispielsweise führte Willibald Ruch im Jahr 2004 eine Studie für die Universität Düsseldorf durch und kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass noch eine halbe Stunde nach dem Lacherlebnis eine höhere Schmerztoleranz bei den Probanden festzustellen war. Laut den Forschern soll Lachen sogar der Karriere zuträglich sein: Heiteres Personal ist gesünder und deswegen produktiver wie auch kreativer. Das besondere am Lachen ist jedoch, dass es soziale Beziehungen aufbaut und stärkt.

7. Strecken Sie sich ausgiebig

Natürlich verkrampfen die meisten von uns, wenn Sie länger Zeit vor dem Computer sitzen. Vielleicht sacken Sie auch zusammen. Wie auch immer, beides ist nicht gut für Sie. Ausgedehntes Strecken schafft hingegen Abhilfe. Stehen Sie auf, schütteln Sie die Beine aus, strecken Sie die Arme in die Luft und dann heißt es nur noch recken, strecken und dehnen so weit es gut tut. Auch hierzu gibt es Studien, die besagen, dass fünf Minuten ausgiebiges Strecken eine Stunde Schlaf ersetzen können.

8. Tanken Sie Glück durch Gaumenfreuden

Nüsse, Bananen und Schokolade besitzen ganz bestimmte Inhaltsstoffe, die Ihre Stimmung heben. Doch Vorsicht: Das ist kein Freifahrtschein für ungebremstes Schlemmen. Ein Zuviel von diesen Lebensmitteln macht nämlich auch dick und das wiederum wirkt sich schlecht auf Ihre Stimmung aus.

9. Hören Sie Musik

Nicht umsonst ruft Musik in uns starke Emotionen hervor oder nimmt Einfluss auf die bestehende Gemütslage. Diese Erkenntnis besteht bereits seit dem 16. Jahrhundert, wobei damals klassische Stücke im Fokus lagen. Heute sind diese Erkenntnisse auch wissenschaftlich untermauert. Mit klassischen oder sphärischen Klängen, ruhiger Lounge-Musik, melodischen Oldies oder beschwingtem Jazz – jede Musik, mit der Sie glückliche Momente assoziieren, sind Gift für schlechte Laune, Stress oder Trauer. Das Prinzip lässt sich ebenso auf Geräusche übertragen: In der Natur begegnen wir zahlreichen Rhythmen und Tönen, die unsere Sorgen vertreiben, uns beruhigen und zum Tagträumen anregen. Als Beispiel können Sie sich das sanfte und gleichmäßige Plätschern eines Gebirgsbachs vorstellen. Die neurobiologische Basis für dieses Phänomen ist Folgende: Unsere Gehirnströme im Wachzustand sind durch Betawellen gekennzeichnet. Also immer, wenn Sie gerade geistig aktiv sind, befinden Sie sich im Betazustand. Der gegenteilige Zustand, mentale Entspannung nämlich, zeichnet sich wiederum durch Alphawellen aus. Das bedeutet aber nicht, dass Sie schlafen, sondern dass Sie lediglich entspannt sind. Genau zu dieser lockeren Verfassung verhilft Musik hören.

10. Grübeln Sie nicht lange über Stresssituationen

Ich weiß, das ist einfacher gesagt als getan, doch machbar. Ein Experiment der Columbia Universität unter der Leitung von William Gerin ergab nämlich, dass ständiges Nachdenken und Grübeln über eine Stresssituation zu den größten Stressfaktoren zählt. Das Ergebnis erwies, das ständiges Grübeln den Stress auf einem gleichbleibenden Level hält – völlig egal, ob es sich um eine Bagatelle oder ein schwerwiegendes Problem handelt. Zu unserem Glück gaben die Wissenschaftler auch die Lösung des Dilemmas vor: Teilnehmer, die sich jeden Morgen für kurze Zeit auf sympathische Gesichter konzentrierten, lernten auf diese Weise, negative Vorkommnisse auszublenden. Es kommt aber noch dicker: Ein paar Tage später waren sie deutlich entspannter als die zweite Testgruppe und produzierten auch weniger Cortisol.

 

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