Zu dünn und hager? Untergewicht, Ursachen und Folgen

Untergewicht am Beispiel einer Frau

Zu dünn und hager? Untergewicht, Ursachen und Folgen

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass wir ständig vom Abnehmen reden? Dabei gibt es auch Menschen, die an chronischem Untergewicht leiden und liebend gerne ein paar Kilo mehr auf die Waage brächten. Ich weiß, dass mag für Normalgewichtige wie ein Luxusproblem klingen – ich meine, Frauen mit etwas mehr Gewicht würden gerne tauschen. Doch wer so denkt, hat die Gefahr von Untergewicht nicht richtig erkannt. Schließlich wettern Mediziner und Ernährungswissenschaftler nicht umsonst gegen den ausgeprägten Magerwahn in der Modewelt. Und mal ehrlich, spätestens jenseits des Scheinwerferlichts und Laufstegs haftet den dünnen Gestalten, die sich Models nennen, nichts Ästhetisches mehr an. Aber von Magerwahn will ich gar nicht sprechen: Mir geht es um diejenigen Frauen, Männer und Kinder, die wirklich kaum zunehmen können, egal wie viel und was sie essen. Doch ab wann ist jemand eigentlich zu dünn? Und welche Gesundheitsgefahren sind mit Untergewicht verbunden?

Untergewicht ist keine Bagatelle!

Es ist für Nicht-Betroffene schwer zu begreifen, aber Zunehmen kann genauso schwer sein wie Abnehmen. Wie bereits gesagt, begegnet den Betroffenen oft Unverständnis und es hagelt Sprüche wie „Deine Probleme hätte ich gerne“ oder „Du bist doch magersüchtig!“ Kein sehr kluger Schachzug, dünnen Menschen gleich eine Essstörung zu unterstellen oder sie als Schwächlinge abzutun. Wegen solch einer gesellschaftlichen In-Akzeptanz leiden Betroffene oft unter psychischen Problemen – als würde der ständige Kampf gegen das Untergewicht nicht ausreichen. Schlimm genug, dass blöde Sprüche aus Unkenntnis geklopft werden. Zudem fühlen sich Untergewichtige aber auch ausgeschlossen und häufig angegriffen.

Untergewicht belastet das Selbstbewusstsein

Ich kann hier aus eigener Erfahrung sprechen: Auch ich habe eine Freundin, die noch vor einigen Jahren an Untergewicht litt. Jedenfalls bekam sie von Familie und Bekannten ständig nur zu hören, dass sie etwas essen sollte und dass sie ja schon magersüchtig aussehe. Egal mit wem sie sprach, immer wieder wurde sie mit Aussagen über ihren vermeintlichen Magerwahn konfrontiert – und immer wieder fühlte sie sich genötigt, sich zu rechtfertigen. In der Folge litt sie häufiger an depressiven Verstimmungen, denn sie fühlte sich nicht nur unverstanden, sondern auch noch unzulänglich. Erst viele Jahre später gelang es ihr, die angestauten Minderwertigkeitskomplexe loswerden, etwas an Gewicht zuzulegen und ihr Selbstbewusstsein aufzubauen.

Ab wann bin ich untergewichtig?

Wann jemand als schlank oder untergewichtig eingeschätzt wird, gleicht einer Gratwanderung. Ziehen wir den Duden zurate, dann bedeutet schlank „wohlproportioniert groß und zugleich schmal“, dünn wird hingegen als „hager, mager“ bestimmt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hingegen arbeitet mit dem Body-Mass-Index (BMI), an dem man sich orientieren kann: Liegt der BMI-Wert unter 18,5, ist von Untergewicht die Rede. Allerdings kann ein leichtes Untergewicht einfach nur auf Erbanlagen zurückzuführen sein – das ist auch nicht weiter schlimm, so lange sich die Betroffenen gesund und wohl fühlen. Häufig ist das jedoch nicht der Fall, vor allem das Selbstbewusstsein leidet darunter.

Die Ursachen von Untergewicht

Es mir wichtig, den Unterschied zwischen Untergewicht und Unterernährung noch einmal zu betonen: Denn eine quantitative Mangelernährung kann zwar Untergewicht auslösen, sobald sich aber das Essverhalten normalisiert, pendelt sich auch ein Normalgewicht ein. Anders verhält es sich beim Untergewicht: Obwohl sich die Betroffenen ausgewogen und normal ernähren, bringen sie zu wenig auf die Waage. Als mögliche Ursachen für Untergewicht kommen diverse Erkrankungen in Frage:

1. Verminderte Nährstoffaufnahme bzw. Nährstoffverwertung aufgrund

  • Dysfunktionen in Magen oder Darm, chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Parasiten
  • Gallenstauung
  • HIV und Strahlentherapie
  • Medikamentöser Behandlungen
  • Enzymstörungen wie Laktoseintoleranz oder Zöliakie
  • Stoffwechselerkrankungen, beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion
  • Enteralem Eiweißverlustsyndrom (= Verlust von viel Plasma-Proteinen im Darm) durch verminderte Proteinproduktion im Körper, Funktionsstörungen des Dünndarms, Magen-Darm-Erkrankungen oder Nieren- und Leberinfektionen.

2. Erhöhter Katabolismus

Bei einem erhöhten Katabolismus werden verstärkt Stoffwechselprodukte abgebaut. Er kann entstehen, wenn mehr Nährstoffe benötigt werden als vorhanden sind. Die Auslöser für einen erhöhten Katabolismus sind beispielsweise Stoffwechselstörungen, Infektionen oder die Einnahme bestimmter Medikamente.

3. Idiopathische Magersucht

Diese Form der Magersucht liegt ohne erkennbaren Grund vor. Es handelt sich also nicht um eine Essstörung, sondern um eine genetische Anomalie. Meist können Betroffene nicht an Gewicht zunehmen, obwohl sie die Zufuhr an Energie und Nährstoffen erhöhen.

Welche gesundheitlichen Risiken birgt Untergewicht?

Aus den angegebenen Ursachen ergibt sich natürlich auch eine gesundheitliche Gefahr für die Betroffenen. So vielfältig die Ursachen sein können, so unterschiedlich sind auch die Beschwerden, welche Untergewicht begleiten:

  • Die Unterversorgung mit Nährstoffen zieht den Wasser- und Elektrolyt-Haushalt des Körpers in Mitleidenschaft. So entsteht nicht nur ein Kaliummangel, sondern auch ein Calcium-, Magnesium-, Eisen-, Phosphat- und Chlorid-Mangel.
  • Liegt eine Form von Magersucht vor, ist der Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt gestört, der Blutdruck gefährlich niedrig und das Herz in seiner Funktion erheblich eingeschränkt. All diese Faktoren bergen eine nicht zu unterschätzende Gefahr in sich!
  • Die mangelhafte Nährstoffversorgung kann auch den Stoffwechsel in den Knochen beeinträchtigen und Osteoporose auslösen.
  • Herz- und Kreislaufstörungen sowie Schädigung der Organe sind nicht selten.
  • Starke hormonelle Schwankungen führen zum Aussetzen der Menstruationsblutung und verringern so die Fruchtbarkeit der Betroffenen.
  • Leiden schwangere Frauen an Untergewicht, so besteht das Risiko ein untergewichtiges und unterversorgtes Neugeborenes auf die Welt zu bringen.
  • Untergewichtige besitzen meist ein schwaches Immunsystem, was anfälliger für Krankheiten macht und Komplikationen in einem Krankheitsverlauf auslösen kann.
  • Geringere Leistungsfähigkeit und geringere Lebenserwartung sind typische Begleiterscheinungen.

Wer an Untergewicht leidet, sollte zunächst einmal einen Arzt aufsuchen, um die Ursachen für das geringe Gewicht abklären zu lassen. Erst wenn das getan ist, können Betroffene unter ärztlicher Aufsicht die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um gegen ihr Fliegengewicht vorzugehen. Auf jeden Fall muss etwas getan werden, sonst ist nicht nur eine verminderte Lebensqualität vorprogrammiert, sondern auch ein kurzes Leben.

 

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