Weidenrinde

Weidenrinde

Weidenrinde Beschreibung

Die Weide (Salix) ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Weidengewächse (Salicaceae), die insgesamt etwa 450 Arten umfasst. Darunter sind Sträucher und Zwergsträucher mit maximal 3 Metern Höhe sowie bis zu 35 Meter hohe Laubbäume. Die Blätter der Weide sind je nach Art rund, schmal oder lanzettlich, oberseitig meist hellgrün und unterseitig behaart. Weiden sind zweihäusig getrenntgeschlechtig und bilden im Frühjahr weibliche und männliche Blüten aus, die sogenannten Kätzchen. Diese flaumigen Blüten können je nach Art eiförmig, walzenförmig oder dicklich sein. Sowohl männliche als auch weibliche Blüten enthalten Nektardrüsen und werden von Insekten bestäubt. Im Anschluss an die Bestäubung entwickeln sich Kapselfrüchte. Das Holz der Weide ist weiß bis rötlich und von zäher, biegsamer Konsistenz. Aus den Zweigen wurden früher häufig Körbe geflochten. Ihrem Holz verdankt diese Pflanzengattung ihren Namen: Das althochdeutsche Wort „wîda“ bedeutet „die Biegsame“. Weiden sind in Europa weit verbreitet und wachsen meist in der Nähe von Gewässern wie Gräben und Bächen oder auf Feuchtwiesen.

Weidenrinde Inhaltsstoffe

Die Rinde verschiedener Weide-Arten enthält Salicylalkoholderivate wie Salicin, Salicortin, Fragilin, Poulin, Acetylsalicortin und Tremulacin. Als Salicylate bezeichnet man die Salze der Salicylsäure. Sie sind als Pflanzenhormone für die pflanzliche Immunantwort verantwortlich. Darüber hinaus stecken Phenolcarbonsäuren, Flavonoide, Gerbstoffe und Kaffeesäurederivate in der Heilpflanze.

Weidenrinde Wirkung

Weidenrinde wirkt entzündungshemmend, schweißtreibend, harntreibend und schmerzstillend. Außerdem werden der Heilpflanze antipyretische (fiebersenkende) und antirheumatische Effekte zugeschrieben. Der Hauptwirkstoff Salicin wird erst in der Leber zur therapeutisch wirksamen Salicylsäure umgewandelt, welche die Produktion von schmerz- und entzündungsfördernden Eiweißen (Prostaglandinen) unterdrückt. Die Wirkung ist mit Arzneistoffen wie etwa COX-2-Hemmern vergleichbar, die ebenfalls Entzündungen lindern können. Der Vorteil gegenüber der künstlich hergestellten Acetylsalicylsäure, wie sie beispielsweise in Aspirin-Tabletten enthalten ist, besteht darin, dass bei Präparaten aus Weidenrinde keine Nebenwirkungen wie Blutungen des Magen-Darm-Trakts zu befürchten sind. Außerdem ist die Wirkung des pflanzlichen Salicins länger anhaltend. Für die schmerzstillende Wirkung der Weidenrinde werden unter anderem die enthaltenen Flavonoide verantwortlich gemacht.

Weidenrinde Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Nebenwirkungen in Zusammenhang mit der Einnahme oder äußeren Anwendung von Weidenrinde gelten als selten. Bei empfindlichen Menschen können die enthaltenen Gerbstoffe beispielsweise Übelkeit und Magenschmerzen hervorrufen. Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautrötungen und Urtikaria (Nesselsucht) sind ebenfalls möglich. Bei gleichzeitiger Einnahme von Antikoagulanzien (Gerinnungshemmern) kann deren Wirkung verstärkt werden. Auch die Wirkung von blutzuckerspiegelsenkenden Medikamenten (oralen Antidiabetika) kann verstärkend beeinflusst werden. Dagegen können die Inhaltsstoffe der Weidenrinde die Wirkung von Gichtmedikamenten behindern. Patienten mit asthmatischen Erkrankungen, Magen-Darmgeschwüren oder Nieren- und Leberfunktionseinschränkungen sollten vor der Anwendung einen Arzt konsultieren.

Weidenrinde Anwendungsgebiete

Weidenrinde Anwendungsgebiete in der Phytotherapie

In der Pflanzenheilkunde werden Präparate mit Weidenrinde in erster Linie gegen rheumatische Beschwerden, Arthrosen und chronische Schmerzen eingesetzt. Dank ihrer entzündungshemmenden, fiebersenkenden und analgetischen (schmerzstillenden) Eigenschaften kann die Weidenrinde leichte grippale Effekte, Erkältungs- und Infektionskrankheiten, Kopfschmerzen und Migräne lindern. Da das Salicin erst nach der Magenpassage in die therapeutisch wirksame Salicylsäure umgewandelt wird, ist es besonders langanhaltend wirksam. Die Therapie akuter, heftiger Schmerzzustände ist durch Weidenrinde allerdings nicht möglich.

Weidenrinde Anwendungsgebiete in der Volksmedizin

Traditionell wird die Weidenrinde nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich eingesetzt. In Form von Tinkturen, Bädern und Waschungen versucht man, durch ihre erweichende Eigenschaft Hornhaut, Hühneraugen und Warzen zu bekämpfen. Darüber hinaus setzt die Volksmedizin auch die Blätter verschiedener Weide-Arten ein. Aufgüsse aus den getrockneten Blättern können zum Beispiel bei Rückenschmerzen helfen.

Anwendungsgebiete von Weidenrinde Medikamenten

In Ihrer Apotheke erhalten Sie verschiedene Fertigpräparate mit Extrakten aus der Weidenrinde. Zu den gängigen Darreichungsformen zählen Tabletten, Dragees, Weich- und Hartkapseln. Eingesetzt werden diese pflanzlichen Medikamente in erster Linie gegen rheumatische Beschwerden, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber. Darüber hinaus sind zahlreiche Erkältungs- und Rheumatees mit Weidenrinden-Zusatz erhältlich.

Weidenrinde Anwendung

Als Droge werden die getrocknete Rinde und die Stücke junger Zweige (Salicis Cortex) verschiedener Weide-Arten eingesetzt, sofern ihr Gesamt-Salicingehalt mindestens 1,5% aufweist. Infrage kommen hierfür beispielsweise die Reif-Weide (Salix daphnoides), die Purpur-Weide (Salix purpurea), die Silber-Weide (Salix alba) und die Bruch-Weide (Salix fragilis). Die Rinden- und Zweigstücke werden vorzugsweise im Frühjahr gesammelt, getrocknet und zu Trockenextrakten verarbeitet, aus denen dann Fertigpräparate wie Tabletten, Kapseln und Dragees hergestellt werden.

Weidenrinde Dosierung

Die European Scientic Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) empfiehlt eine Dosierung von maximal 240 Milligramm der Droge pro Tag. Von Weiderindenpulver können bei Fieber 1 bis 2 Gramm pro Tag, bei rheumatischen Beschwerden 8 bis 10 Gramm pro Tag eingenommen werden. Darüber hinaus ist die Zubereitung von Tees und Kaltwasserauszügen möglich. Hiervon werden 1 bis 3 Tassen täglich getrunken.

Weidenrinde Zubereitung

Weidenrinden-Tee

Übergießen Sie zwei Teelöffel frische oder getrocknete Weidenrinde mit einer Tasse kochendem Wasser und lassen Sie die Mischung 10 Minuten lang ziehen. Anschließend abseihen und in kleinen Schlucken trinken. 1 bis 3 Tassen täglich helfen gegen Erkältungsbeschwerden, Fieber und Rheuma.

Weiderinden-Umschlag

Gegen Gelenkschmerzen und schlecht heilende Wunden kann ein Umschlag mit Weidenrinde helfen. Kochen Sie dazu wie oben beschrieben eine Tasse Weidenrinden-Tee auf, tränken Sie ein sauberes Baumwolltuch damit und wickeln Sie es um die schmerzende Körperpartie.

Weidenrinden-Tinktur

Geben Sie klein geschnittene Stücke frischer oder getrockneter Weidenrinde in ein Glas und füllen Sie dieses mit Doppelkorn oder Weingeist auf, bis alle Pflanzenteile bedeckt sind. Verschließen Sie das Glas mit einem Schraubverschluss und lassen Sie die Mischung 2 bis 6 Wochen lang ziehen. Danach abseihen und in eine dunkle Flasche umfüllen. Die Tinktur kann pur oder verdünnt mit Wasser eingenommen werden. 10 bis 50 Tropfen täglich lindern Schmerzen, Fieber und rheumatische Beschwerden.

Weidenrinde Geschichte

Weidenrinde gilt als wohl ältestes und bekanntestes pflanzliches Analgetikum (Schmerzmittel) und Antirheumatikum. Bereits in der Antike linderten Gelehrte wie Hippokrates, Plinius und Dioskurides Schmerzen und rheumatische Beschwerden mit Auszügen aus der Weidenrinde. Später bereiteten die Kräuterfrauen des Mittelalters aus der Rinde ein bitter schmeckendes Gebräu zu, um Entzündungen zu kurieren. Der Tübinger Arzt Leonhart Fuchs führte die Weidenrinde und ihre therapeutischen Eigenschaften 1543 in seinem berühmten Kräuterbuch auf. Doch dann wurde das Sammeln der Weidenrinde unter Strafe gestellt, da man vor allem die biegsamen Äste für die Korbherstellung benötigte. Erst im Jahr 1763 wurde die Heilpflanze vom Geistlichen Edmund Stone wiederentdeckt, der ihre fiebersenkenden Eigenschaften beschrieb. Knapp 100 Jahre später gelang es dann erstmals, den Wirkstoff Salicylsäure zu isolieren. 1897 wurde sie zu Acetylsalicylsäure (ASS) abgewandelt und trat unter dem Handelsnamen „Aspirin“ ihren weltweiten Siegeszug an.

Weidenrinde Kombination mit anderen Heilpflanzen

In Teemischungen gegen entzündliche Erkrankungen ist neben Weidenrinde häufig Brennnesselkraut enthalten: Die entzündungshemmenden, schmerzlindernden Eigenschaften der Weidenrinde und die entwässernden Effekte der Brennnessel ergänzen sich gut. Zur Geschmacksverbesserung kann beispielsweise Malve oder Pfefferminze zugegeben werden. In Kombination mit Teufelskralle sorgt die Weidenrinde in speziellen Tees dafür, dass der Körper bei mechanischen Belastungen widerstandsfähig bleibt.

Weidenrinde in der Homöopathie

In der Homöopathie wird Weidenrinde gegen unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Gelenkschmerzen, Kreislaufstörungen, Konzentrationsschwäche und Fieber genutzt. Homöopathische Zubereitungen aus der Weidenrinde werden gegen eine Vielzahl von Krankheitsbildern eingesetzt, beispielsweise Rheuma, Ohrklingen, Neuralgien (Nervenschmerzen), Neuritis (Nervenentzündung), Dyspepsie (Verdauungsstörungen), Hämaturie (Blut im Urin) und Morbus Meniere (Schwindel mit Hörverlust).

Weidenrinde Studien zur Wirksamkeit

Bereits im Jahr 1984 empfahl die Kommission E des damaligen Bundesgesundheitsamtes Präparate mit Weidenrinde bei fieberhaften Erkrankungen, rheumatischen Beschwerden und Kopfschmerzen. Für die Wirksamkeit gegen Rückenschmerzen sprechen inzwischen insgesamt sechs kontrollierte klinische Studien. Es fanden sich Hinweise, dass eine Tagesdosis von 120 bzw. 240 Milligramm der Droge deutlich mehr Patienten von Rückenschmerzen befreit als die Gabe eines Placebos: In einer vierwöchigen Doppelblindstudie gelang es, mit einer Tagesdosis von 240 Milligramm die Rückenschmerzen von 39% der Probanden zu lindern. Mit einer Dosis von 120 Milligramm waren es noch 21%. Für die Wirksamkeit der Weidenrinde bei der Schmerzbehandlung von Hüft- und Kniegelenksarthrose sowie rheumatoider Arthritis gibt es bisher keine eindeutigen Belege.

Weidenrinde Anbau

In Europa sind zahlreiche Weide-Arten heimisch. Für den Anbau im Kübel, in Steingärten und auf Terrassen eignen sich vor allem niedrige Arten wie die Spieß-Weide (Salix hastata), die Kraut-Weide (Salix herbacea) und die Kriech-Weide (Salix repens). Höher wachsende Arten wie die Korb-Weide (Salix viminalis), die Reif-Weide (Salix daphnoides) und die Silber-Weide (Salix alba) werden ins Freiland gepflanzt. Aufgrund ihrer guten Bewurzelungseigenschaften werden einige Arten wie etwa die Purpur-Weide (Salix purpurea) dazu genutzt, um den Boden zu befestigen – etwa an Hängen mit Rutschgefahr. Die meisten Weide-Arten bevorzugen sonnige Standorte auf nährstoffreichen Böden in der Nähe von Wasserläufen. Während der Blütezeit im Frühjahr locken sie zahlreiche Bienen, Hummeln und Schmetterlinge an. Die flaumigen Weidenkätzchen haben vielerorts die Palmwedel ersetzt, die in der katholischen Liturgie an Palmsonntag gesegnet werden. Die Blüten der Weide tragen daher auch den Beinamen Palmkätzchen.

Weitere Informationen zur Pflanzengattung Weide

Weiden wachsen sehr schnell und bieten hohe Holzerträge. Früher wurden aus dem Weidenholz beispielsweise Prothesen, Holzschuhe, Zahnstocher und Zündholzer gefertigt. Heute wird es noch gelegentlich für die Herstellung von Sperrholz- und Spanplatten genutzt. Derzeit wird versucht, das schnell nachwachsende Weideholz als Bioenergie-Lieferanten zu nutzen. Die jungen, biegsamen Zweige der Weide waren früher im Bauhandwerk von Bedeutung und kamen in Fachwerkhäusern und bei Weichdächern zum Einsatz. Bereits in der Steinzeit fertigten die Menschen aus Weidenbast Fischernetze und Seile. Die Blätter einiger Arten dienten als Viehfutter. Traditionelles Flechtwerk wird teilweise noch heute in einigen Landstrichen aus den Zweigen der Korb-Weide hergestellt. Auch die Kosmetik-Industrie nutzt Weidenrinden-Extrakte, etwa für Shampoos gegen Juckreiz, Schuppen und gerötete Kopfhaut.

Quellen

  • Berling-Aumann, Nadine: Die besten Heilpflanzen bei Kopfschmerzen und Migräne (Kindle Edition, o.J.)
  • Bohne, Burkhard: Taschenatlas Heilpflanzen – 130 Pflanzenporträts (Ulmer, 2005)
  • Bühring, Ursel: Alles über Heilpflanzen – Erkennen, anwenden und gesund bleiben (Ulmer, 2011)
  • Kremp, Dieter: Von der Heil- und Zauberkraft der Bäume im Frühling – Birke und Weide – Birkensaft als Frühjahrskur und Aspirin in der Weidenrinde (Engelsdorfer Verlag, 2012)
  • Laue, Birgit: Heilpflanzen für Frauen – Sanfte Naturmedizin und die besten Hausmittel (Rowohlt Verlag, 2005)
  • Marbach, Eva: Heilkräuter Hausapotheke – Die wichtigsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause (EvaMarbach Verlag, 2012)
  • Mayer, Johannes Gottfried: Handbuch der Klosterheilkunde – Neues Wissen über die Wirkung von Heilpflanzen (Zabert Sandmann, 2003)
  • Schenk, Alexander: Klosterfrau Gesundheitsbuch – Heilpflanzen, Homöopathie, Vitalstoffe (Droemer-Knaur, 2003)
  • Schilcher, Heinz: Leitfaden Phytotherapie (Urban & Fischer, 2010)
  • Schönfelder, Ingrid und Peter: Der Kosmos-Heilpflanzenführer – Über 600 Heil- und Giftpflanzen Europas (Kosmos, 2015)
  • Throll, Angelika: Das Kräuterwissen der Apotheker – Heilpflanzen-Rezepte für meine Hausapotheke (Kosmos, 2014)
  • Dr. med. Wormer, Eberhard J.: Medizin und Gesundheit – Neues großes Lexikon (Lingen, 2004)

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