Weißdorn

Weißdorn

Weißdorn Beschreibung

Weißdorne (Crataegus) sind eine artenreiche Gattung von Kernobstgewächsen (Pyrinae) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). In Europa sind 22, in Deutschland drei Arten heimisch, die leicht miteinander bastardieren, was eine exakte Bestimmung häufig erschwert. Weißdorne sind sommergrüne Sträucher oder kleine, rundkronige Bäume, die eine Höhe von bis zu 6, seltener bis zu 10 Metern erreichen. Ihre Krone ist unregelmäßig, die Äste sind dicht verzweigt und dornig. Die wechselständigen Blätter des Weißdorns sind eiförmig bis rhombisch und häufig tief gesägt oder gekerbt. Von Mai bis Juni zeigt der Weißdorn auffällige, weiße bis rötliche Blüten, die in Doldenrispen stehen. Die rötlich-orangen Apfelfrüchte, die bei manchen Arten auch ins Blaue oder Gelbe tendieren können, werden umgangssprachlich Beeren genannt und schmecken meist süß-säuerlich, trocken und mehlig. Anzutreffen sind Weißdorne an sonnigen bis halbschattigen Standorten in lichten Laub- und Nadelwäldern oder kultiviert in Hecken, Gärten oder Parks. Sie können bis zu 500 Jahre alt werden.

Weißdorn Inhaltsstoffe

In der Phytotherapie kommen die ganzen oder geschnittenen Blüten tragenden Zweige (Crataegi folium cum flore) und die Früchte (Crataegi fructus) zum Einsatz. Zu den Hauptinhaltsstoffen zählen oligomere Procyanidine (OPC), glykosidische Flavone (v.a. Vitexin, Vitexin-rhamnosid), glykosidische Flavonole (v.a. Rutin, Hyperosid), Crataeguslacton (Crataegussäure), Trimethylamin sowie 0,5 bis 1 % Gerbstoffe. Die medizinische Wirkung beruht hauptsächlich auf den oligomeren Procyanidinen, einer Gruppe der Flavanole. Die OPC verfügen über antioxidative und entzündungshemmende Effekte und dienen wahrscheinlich als Katalysatoren, die die Wirkungen der Vitamine A, C und E verstärken.

Weißdorn Wirkung

Das Hauptanwendungsgebiet des Weißdorns ist Herzschwäche, seine Inhaltsstoffe wirken beruhigend, durchblutungsfördernd und gefäßerweiternd. Vor allem die enthaltenen Proanthocyanidine und Flavonoide sorgen dafür, dass die Kontraktionskraft des Herzens gestärkt wird, die Durchblutung von Herzmuskel und Herzkranzgefäßen verbessert wird und der Sauerstoff- und Energieverbrauch optimiert wird. Um ein schwaches Altersherz zu stäken, sind Präparate mit Weißdorn häufig das Mittel der Wahl, da ihre Wirkung eindeutig nachgewiesen wurde und als praktisch nebenwirkungsfrei gilt. Im Jahr 1990 wurde der Weißdorn zur Heilpflanze des Jahres gekürt.

Weißdorn Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Bei sachgemäßer Anwendung sind derzeit keinerlei Nebenwirkungen bekannt. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind nicht zu befürchten. Deshalb ist dem Weißdorn der Vorzug vor dem ähnlich wirkenden Fingerhut (Digitalis) zu geben: Auch er wirkt herzstärkend, hat aber zahlreiche Nebenwirkungen und ist potenziell tödlich giftig. Die Wirkung des Weißdorns setzt allerdings langsamer ein und hat auch nicht die Durchschlagkraft des Fingerhuts. Eine längerfristige Anwendung, um eine dauerhafte Wirkung zu erzielen, ist jedoch möglich.

Weißdorn Anwendungsgebiete in der Phytotherapie und Volksmedizin

In der Phytotherapie wird Weißdorn in erster Linie bei nachlassender Leistungsfähigkeit des Herzens im Alter angewendet sowie bei leichten Herzrhythmusstörungen, Druck- und Beklemmungsgefühlen in der Brust und nach Infektionskrankheiten. Dabei wird weniger auf die Behandlung akuter Symptome gesetzt als vielmehr auf eine längerfristige Vorbeugung und Nachsorge. In der Volksmedizin wird Weißdorn auch zur Bekämpfung weiterer Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems genutzt, etwa gegen Angina pectoris, Arteriosklerose, Bluthochdruck und niedrigen Blutdruck. Auch gegen Schlaflosigkeit, Schwindel und Wechseljahresbeschwerden wird Weißdorn traditionell eingesetzt.

Anwendungsgebiete von Weißdorn-Medikamenten

In Ihrer Apotheke erhalten Sie zahlreiche Medikamente mit den Auszügen aus Weißdorn-Früchten, -Blättern und Blüten. Weißdorn-Präparate gibt es als Tropfen, Filmtabletten, Dragees und stärkendes Tonikum. Die Arzneimittel sind meist sehr gut verträglich und werden in erster Linie zur Verbesserung der Pumpkraft des Herzens und der Sauerstoffversorgung des Körpers eingenommen. Symptome wie Herzklopfen, Atemnot, Müdigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit können auf diese Weise gemildert werden. Dank der besseren Energieversorgung des Körpers soll Weißdorn außerdem widerstandsfähiger gegen Stress und Angst machen.

Weißdorn Anwendung

Als Arzneidroge werden die tragenden Zweige mit Blättern und Blüten sowie die reifen Früchte verschiedener Weißdorn-Arten verwendet. Blätter und Blüten werden gemeinsam während der Blütezeit von Mai bis Juni geerntet, dann ist ihr Wirkstoffgehalt am höchsten. Die Früchte werden im Herbst bis in den November hinein geerntet. Anschließend werden die Weißdorn-Blätter, -Blüten und -Früchte gereinigt, getrocknet und zerkleinert und zu Tee oder alkoholischen Auszügen verarbeitet. Trockenextrakte finden sich in Tabletten und Dragees.

Weißdorn Dosierung

Soweit nicht anders verordnet, beträgt die mittlere Tagesdosis 160 bis 900 Milligramm eines nativen, wässrig-alkoholischen Auszuges. Diese Menge entspricht etwa 30 bis 160 Milligramm oligomerer Procyanidine bzw. 3,5 bis 20 Milligramm Flavonoide, verteilt auf 2 bis 3 Einzeldosen. Erste Effekte werden meist nach etwa 3 Wochen bemerkt, für die volle Wirkentfaltung sollten Weißdorn-Präparate allerdings mindestens 6 Wochen lang regelmäßig eingenommen werden. Auch eine längere Einnahmedauer gilt als unbedenklich.

Weißdorn Zubereitung

Weißdorn-Tee

Für einen stärkenden Herztee übergießen Sie ein bis zwei Teelöffel getrocknete Weißdorn-Blätter und/oder –Blüten mit etwa 150 Millilitern kochendem Wasser. Lassen Sie den Tee zehn Minuten lang ziehen und seihen Sie ihn anschließend ab. Nach Geschmack mit Honig süßen und in kleinen Schlucken ein bis drei Tassen pro Tag trinken.

Weißdorn-Tinktur

Füllen Sie zerstoßene Weißdorn-Früchte und/oder -Blüten in eine ausgespülte Flasche mit Schraubverschluss, beispielsweise eine leere Milchflasche. Übergießen Sie die Heilkräuter mit Doppelkorn oder Weingeist, bis alle Pflanzenteile mit Flüssigkeit bedeckt sind. Lassen Sie die Mischung verschlossen 2 bis 6 Wochen lang ziehen, anschließend abseihen und in eine dunkle Flasche umfüllen. Nehmen Sie ein bis dreimal täglich 10 bis 50 Tropfen ein. Bei Bedarf können Sie die Tinktur hierfür auch mit Wasser verdünnen.

Weißdorn-Marmelade

Geben Sie die gewaschenen roten Früchte in einen Topf und bedecken Sie sie vollständig mit Apfel-, Orangen- oder Traubensaft. Lassen Sie die Mischung leicht köcheln, bis die Beeren weich sind – etwa 10 bis 20 Minuten lang. Um die Kerne zu entfernen, passieren Sie den heißen Fruchtbrei durch ein Sieb und lassen die Masse mit Gelierzucker noch einmal aufkochen. Verwenden Sie dafür ebenso viel Zucker wie Früchte. Füllen Sie die Marmelade in ausgespülte Gläser und verschließen Sie diese.

Weißdorn Geschichte

Seit etlichen Jahrhunderten ranken sich zahlreiche Mythen und Sagen um den Weißdorn. In vielen Kulturen sollte er vor bösen Geistern schützen, Flüche abwehren oder für Fruchtbarkeit sorgen, beispielsweise bei den Römern und den Wikingern. Kinder wurden vor Dämonen geschützt, indem ein Weißdorn-Zweig ins Fenster gestellt wurde oder die Wiege aus Weißdorn-Holz gefertigt wurde. Lange galt die Pflanze als Zeichen der Hoffnung – auch Jesu Dornenkrone soll aus Weißdorn bestanden haben. Über die medizinische Wirkung des Weißdorns schrieb erstmals der griechische Militärarzt Pedanios Dioskurides im 1. Jahrhundert nach Christus.

Weißdorn Kombinationen mit anderen Heilpflanzen

In Tees zur Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems werden die Weißdorn-Blüten und –Blätter häufig mit anderen kräftigenden oder beruhigenden Pflanzen kombiniert, beispielsweise Johanniskraut, Mistel, Herzgespannkraut, Melisse, Rosenblüten, Fenchel, Rosmarinblättern, Pfefferminzblättern und Angelikawurzel. Stärkende Energie-Tonika enthalten neben Weißdorn meist Granatapfel, rote Traubenschalen und Baldrian. Vorsicht: Bei Schmerzen in der Herzgegend, die in die Arme, den Oberbauch oder die Halsgegend ausstrahlen können, sowie bei Atemnot ist eine ärztliche Abklärung zwingend erforderlich.

Weißdorn in der Homöopathie

Weißdorn (Crataegus) ist auch in der Homöopathie von Bedeutung und wird dort ebenfalls zur Stärkung des Herzens sowie zur Bekämpfung von Herz- und Kreislaufbeschwerden wie Herzklopfen, Herzstiche, Angina pectoris und Arterienverkalkung angewendet. Auch bei subjektiven Beschwerden wie Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel kommt Weißdorn in Form von homöopathischen Globuli oder Tropfen zum Einsatz.

Weißdorn Studien zur Wirksamkeit

Zahlreiche renommierte Gremien haben die positiven Effekte des Weißdorns bei Herzschwäche im Stadium I und II bereits bestätigt, darunter die New York Heart Association, die Kommission E und die WHO. Im Rahmen der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten internationalen SPICE-Studie (Survival and Prognosis Investigation of Crataegus Extract WS 1442 in CHF) wurden 2.681 Patienten mit Herzinsuffizienz der Stadien II und III nach NYHA zwei Jahre lang mit Weißdorn-Spezialextrakt oder Placebo zusätzlich zu ihrer Standardmedikation behandelt. Das Risiko, an einem tödlichen Herzinfarkt zu sterben, reduzierte sich für die Patienten aus der Weißdorn-Gruppe nach sechs Monaten um 41 % und nach 18 Monaten um 20 % im Vergleich zur Placebogruppe.

Weißdorn-Anbau

Weißdorne sind beliebte Garten- und Heckenpflanzen. Gerne werden die dornigen Äste auch von Vögeln als Brutplatz genutzt. Die Pflanze ist pflegeleicht, sie verträgt sonnige bis halbschattige Standorte und stellt keine großen Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit. Bevorzugt werden mittelschwere bis leichte Böden mit einem pH-Wert von 6,0 bis 8,0. Die beste Pflanzzeit ist im Herbst – beste Ergebnisse erzielt man mit vorgezogenen, jüngeren Pflanzen. Bei Heckenpflanzung auf ausreichend Platz achten, der Pflanzabstand liegt bei drei Pflanzen pro Meter. Gut angießen, anschließend versorgen sich Weißdorne weitestgehend selbst. Dünger ist im Normalfall nicht nötig. Als Heckenpflanze ist der Weißdorn sehr schnittverträglich, am besten wird er vor dem Austrieb eingekürzt.

Weißdorn-Arten

In Deutschland sind der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna), der Zweigriffelige Weißdorn (Crataegus laevigata) und der Großkelchige Weißdorn (Crataegus rhipidophylla) sowie ihre Hybriden und Varietäten, etwa der Großfrüchtige Weißdorn (Crataegus macrocarpa), der Bastard-Weißdorn (Crataegus x media) und der Verschiedenzähnige Weißdorn (Crataegus subsphaericea) heimisch. In einigen Bundesländern gilt der Weißdorn inzwischen als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.

Quellen

  • Red: Weißdorn bremst die Gefäßalterung. In „MMW – Fortschritte der Medizin“, 158, 2016, ISSN 1438-3276
  • Weißdorn-Spezialextrakt bei Herzschwäche. In „Ärzte-Zeitung“, 2013, 44, ISSN 0175-5811
  • Weißdorn-Präparat nun eingeführt. In „Ärzte-Zeitung“, 2006, 164, ISSN 0175-5811
  • Weißdorn statt Rotdorn. In „wrp – Wettbewerb in Recht und Praxis“, 1990, 5, ISSN 0172-049X
  • Werner Hempel: Die Pflanzenwelt Sachsens von der Späteiszeit bis zur Gegenwart. Weißdorn-Verl., 2009, ISBN 9783936055573
  • Weißdorn hilft bei Herzinsuffizienz. In „Ärzte-Zeitung“, 1998, 144, ISSN 0175-5811
  • Reinhard Saller: Beiträge zur Phytotherapie. marseille, 1993, ISBN 3886160521
  • Hypertonie: Schützt Weißdorn das Herz? In „Ärzte-Zeitung“, 2015, 79, ISSN 0175-5811
  • Mit Weißdorn wieder belastbarer im Alltag. In „Ärzte-Zeitung“, 2012, 101, ISSN 0175-5811
  • Rudolf Hänsel: Phytopharmaka : Grundlagen und Praxis. Springer, 1991, ISBN 3540509534
  • Weißdorn-Extrakt wirkt positiv inotrop. In „Ärzte-Zeitung“, 1999, 140, ISSN 0175-5811
  • Weißdorn lindert Beschwerden bei Herzinsuffizienz. In „Ärzte-Zeitung“, 2008, 90, ISSN 0175-5811
  • Frank P. Meyer: Arzneimittel – Hände der Götter? : Ethik der Verordnung und Anwendung von Arzneimitteln. Ziethen, 2001, ISBN 3935358288
  • Dieter Platt: Pharmakotherapie im Alter : ein Lehrbuch für Praxis und Klinik; mit 197 Tabellen. Wiss. Verl.-Ges., 1999, ISBN 3804716334

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