Leinsamen

Leinsamen

Leinsamen Beschreibung

Der Gemeine Lein (Linum usitatissimum) ist eine einjährige Pflanze mit zierlichen, aufrecht stehenden, weit verzweigten Stängeln, die 20 bis 70 Zentimeter, seltener 100 Zentimeter hoch werden können. Seine Pfahlwurzel ist spindelförmig und verfügt über feine Seitenwurzeln. Die Blätter des Gemeinen Leins sind wechselständig angeordnet, lanzettlich zugespitzt, kahl und von graugrüner Farbe. Im Juli und August trägt der Gemeine Lein hellblaue bis rosa-weiße Blüten mit fünf Kronblättern. Im Anschluss bildet er kugelig-eiförmige, fünffächerige Kapseln, die mit zwei Samen pro Fach gefüllt sind. Die 4 bis 5 Millimeter langen Leinsamen sind abgeflacht eiförmig und je nach Sorte gelb bis dunkelbraun gefärbt. An seinen Standort stellt der Gemeine Lein nur geringe Ansprüche, lediglich zu feuchte Böden und Staunässe werden schlecht vertragen. Der Gemeine Lein ist die einzige Art aus der Gattung Lein (Linum), die kommerziell in verschiedenen Sorten kultiviert wird. Seine Fasern werden von der Textilindustrie genutzt, während die ölhaltigen Leinsamen zu Speiseöl verarbeitet werden und von medizinischer Bedeutung sind.

Leinsamen Inhaltsstoffe

Die gelben bis braunen Samen des Gemeinen Leins haben einen leicht nussigen Geschmack und enthalten etwa 40% Fett. Den größten Anteil daran macht mit etwa 50% die mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure aus. Damit verfügt Leinöl unter allen Pflanzenölen über die höchste Konzentration an Omega-3-Fettsäuren. Des Weiteren sind Linolsäure, Ölsäure, Schleimstoffe, Eiweißstoffe, cyanogene Glykoside (v.a. Linamarin), Lignanglykoside, Phosphatide und Triterpene enthalten. Außerdem finden sich die Vitamine B1, B2, B6 und E sowie Nicotinsäure, Folsäure und Pantothensäure.

Leinsamen Wirkung

Leinsamen verfügen über abführende, erweichende, entzündungshemmende, krampflösende und schmerzstillende Wirkung. Sie werden als Füll- und Quellstoffdroge eingesetzt, die die Darmbewegung fördert. Im Dickdarm lagert sich durch die hohe Wasserbindungskapazität der Schleimzellen Wasser in den Leinsamen ein, wodurch diese ihr Volumen etwa vervierfachen bis verachtfachen: 100 Gramm Leinsamen können etwa 1600 bis 3000 Gramm Wasser binden. Dadurch steigt der Druck im Darm an, welcher mittels Dehnungsreizen und Reflexen an der Darmwand die Darmtätigkeit anregt. Gleichzeitig wirkt das fette Leinöl als Gleitmittel. So wird eine raschere Darmpassage und ein schnelleres Ausscheiden des Stuhls ermöglicht.

Leinsamen Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Giftige Wirkungen durch die freigesetzte Blausäure sind auch bei längerer Anwendungsdauer nicht zu befürchten, da das für die Abspaltung verantwortliche Enzym Linamarase im sauren Magensaft unwirksam gemacht wird. Höchste Vorsicht allerdings ist bei Verdacht auf Darmverschluss oder Darmlähmung geboten: Patienten mit Symptomen, die auf eine solche Diagnose hinweisen, sollten sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben. Bei Verengungen der Speiseröhre oder anderer Darmabschnitte, akut-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Erkrankungen des Mageneingangs, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sollte auf die Einnahme von Leinsaat verzichtet werden. Vereinzelt können als Nebenwirkungen Blähungen oder Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten. Von der gleichzeitigen Einnahme weiterer Quellmittel und darmtätigkeitshemmender Medikamente gegen Durchfall wird gewarnt, da es unter Umständen zu Darmverschluss kommen kann. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Einnahme von Leinsamen bei Schwangeren das Risiko einer Frühgeburt erhöhen kann.

Leinsamen Anwendungsgebiete

Leinsamen Anwendungsgebiete in der Phytotherapie

In der Phytotherapie werden Leinsamen vor allem für ihre abführende Wirkung geschätzt. Dafür werden die leicht aufgequollenen Leinsamen am besten pur und unzerkaut geschluckt oder in Müsli oder Joghurt eingerührt. Bei der Einnahme sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden sowie auf genügend Abstand zur Einnahme weiterer Arzneimittel. Kaltauszüge werden als Schleimzubereitung zur Reizminderung bei Entzündungen des Verdauungsapparates verwendet. Darüber hinaus kann Leinöl bei Hauterkrankungen wie Geschwüren, Furunkeln und Ausschlägen auch äußerlich eingesetzt werden. Leinsamenpulver oder bei der Ölherstellung anfallende Pressrückstände (Placenta seminis Lini) können für heiße Breiumschläge bei Drüsenschwellungen genutzt werden. Außerdem sind Leinsamen dafür bekannt, den Cholesterinspiegel zu senken und den Blutzuckeranstieg nach Mahlzeiten bei nicht insulinpflichtigen Diabetikern zu senken. Neuerdings sind auch die in den Leinsamen enthaltenen Lignanglykoside von Bedeutung, die in Tierversuchen Schutz vor Tumoren bieten konnten.

Leinsamen Anwendungsgebiete in der Volksmedizin

In der Volksmedizin werden Umschläge aus zerquetschten oder gemahlenen Leinsamen auch gegen Bronchitis und Husten eingesetzt. Aus Leinsamen aufgebrühter Tee wird eine positive Wirkung auf die Harnsysteme nachgesagt.

Anwendungsgebiete von Leinsamen-Medikamenten

In Ihrer Apotheke erhalten Sie hochwertige Leinsamen aus speziellen Kultursorten, die besonders viele wertvolle Omega-3-Fettsäuren enthalten. Sie werden in erster Linie zur Anregung der Darmtätigkeit verabreicht. Des Weiteren sind Leinsamen in verarbeiteter Form erhältlich, beispielsweise Leinsamen-Tropfen (Semen Lini tinctura), kaltgepresstes natives Leinöl (Lini oleum virginale), Leinsamen-Extrakt und Leinsamen-Salbe (Semen Lini unguentum). Darüber hinaus bekommen Sie Fertigpräparate wie Leinöl-Kapseln, beispielsweise Alpinamed Leinöl Kapseln mit Vitamin E und Dr. Dünner Linomega Omega 3 Leinöl als Nahrungsergänzungsmittel.

Leinsamen Anwendung

Lein hat eine lange Geschichte als Faser- und Ölpflanze und wird in Europa seit Jahrhunderten kultiviert. Nachdem in der Textilindustrie der Flachs größtenteils von der Baumwolle verdrängt worden war, wurde der Gemeine Lein in unseren Breiten immer seltener angebaut. In den letzten Jahren wird jedoch wieder verstärkt auf Lein gesetzt, da die Samen an Bedeutung gewannen. 2005 war Lein in Deutschland sogar die Heilpflanze des Jahres. Ende März bzw. Anfang April wird ausgesät, die Ernte erfolgt beim Öl-Lein nach 110 bis 120 Tagen Vegetationszeit durch Mähdrescher. Die Leinsamen werden anschließend gereinigt und getrocknet. Als unbehandelte oder geschrotete Leinsamen gelangen sie in den Handel oder werden Backwaren oder Müslis zugesetzt. Leinöl wird lichtgeschützt und sauerstoffarm kaltgepresst und mehrere Tage gelagert, bis sich die Leinpartikel absetzen. Es sollte nach Anbruch innerhalb von 4 bis 6 Wochen verbraucht werden. Des Weiteren werden Leinsamen zu Medizinprodukten wie Salben, Tropfen, Globuli und Kapseln weiterverarbeitet.

Leinsamen Dosierung

Bei der innerlichen Anwendung gelten 45 Gramm Leinsamen als tägliche Höchstdosis. Wer Leinsamen als Abführmittel oder gegen Schleimhautentzündungen benutzen möchte, nimmt zwei- bis dreimal täglich einen Esslöffel (etwa 10 Gramm) ganze oder angestoßene Leinsamen mit einem großen Glas Wasser zu den Mahlzeiten ein. Nach der Einnahme empfiehlt es sich, ein weiteres Glas Wasser zu trinken. Bei Darmentzündungen sollten die Leinsamen in reichlich Flüssigkeit vorgequollen werden. Nach etwa 12 bis 24 Stunden beginnen die Leinsamen im Darm zu wirken, nach 2 bis 3 Tagen ist die Maximalwirkung erreicht. Die Einnahme von Leinsamen ist für Jugendliche und Erwachsene empfehlenswert, jedoch nicht für Kinder unter 6 Jahren. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren können die Hälfte der Erwachsenen-Dosis einnehmen.

Leinsamen Zubereitung

Leinsamen-Schleim

Zum Schutz der Schleimhaut bei Entzündungen im Magen-Darm-Bereich können Sie aus 2 bis 3 Esslöffeln ganzen oder aufgeschlossenen Leinsamen und einem Viertelliter Wasser heilsamen Leinsamen-Schleim herstellen. Weichen Sie dazu die Samen im Wasser etwa 6 bis 8 Stunden lang ein und streichen Sie die Mischung anschließend durch ein Tuch, wobei Sie den Schleim in einem Gefäß auffangen. Trinken Sie den Leinsamen-Schleim über den Tag verteilt in kleinen Schlucken aus und achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von ca. 2 Litern. Vor der Einnahme von Arzneimitteln sollten Sie eine halbe Stunde lang keinen Leinsamen-Schleim trinken.

Frühstücks-Shake

Geben Sie 200 Milliliter Milch, 50 Gramm Haferflocken, eine geschälte Banane, einen Esslöffel Walnüsse, einen Teelöffel Honig, einen Teelöffel Leinsamen und eine Prise Zimt in einen Mixer und vermischen Sie alle Zutaten. Der Shake versorgt Sie mit Proteinen, Ballaststoffen sowie den wertvollen Omega-3-Fettsäuren aus den Leinsamen und sorgt für einen angenehmen Start in den Tag.

Leinsamen-Wickel

Neben der innerlichen ist auch eine äußerliche Anwendung möglich. In Form von Leinsamen-Wickeln dienen die kleinen braunen Samen als Wärmespeicher und werden beispielsweise gegen Schnupfen, Nebenhöhlenentzündungen und Lebererkrankungen eingesetzt. Die Kompressen beschleunigen den Abfluss von Eiter und Schleim und sorgen für wohltuende Schmerzlinderung. Um Leinsamen-Wickel herzustellen, bringen Sie 300 Gramm ganze oder geschrotete Leinsamen mit etwas Wasser zum Kochen. Streichen Sie den heißen Brei auf ein Tuch, falten Sie es zu einer Kompresse und legen Sie es möglichst heiß auf Nase, Kieferhöhle oder Stirn. Zur Verstärkung der Wirkung wickeln Sie einen Wollschal um die Leinsamen-Kompresse.

Leinsamen Geschichte

Lein gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen, bereits vor über 9.000 Jahren wurde er im heutigen Iran und in der Osttürkei angebaut. Verwendet wurde damals Wild-Lein (Linum bienne). Im heutigen Syrien wurden Samen gefunden, die auf 6200 bis 6100 v. Chr. datiert und dem Gemeinen Lein zugeordnet wurden, einer domestizierten Form des Wild-Leins. Um etwa 4000 v. Chr. wurden in Ägypten Leinenstoffe aus Flachs hergestellt, die u.a. als Leichentücher Verwendung fanden. Ferner wurden Leinkapseln und –samen als Grabbeigaben gefunden. Nach Mitteleuropa kam der Lein in der Jungsteinzeit. Die Bezeichnung Lein stammt wohl vom keltischen Wort „lin“ für Faden. Doch die Pflanze wurde nicht nur zur Herstellung von Bekleidung genutzt, sie hatte auch damals schon medizinische Bedeutung. So schrieb beispielsweise der Botaniker Hieronymus Bock in seinem 1539 veröffentlichten „New Kreutterbuch“: „Leinsamen zerstossen und gepulvert, mit ein wenig Pfeffer und Honig vermischet zu einer Latwergen, daruon zum tag zweier Muskatnuß groß gessen, miltert den husten und bringet lust zu den natürlichen wercken.“

Leinsamen in Kombination mit anderen Heilpflanzen

Ganze oder aufgeschlossene Leinsamen werden meist pur eingenommen, Kombinationen mit anderen Heilpflanzen sind selten. Gegen Sodbrennen als Reaktion des Magens auf eine Reizung der Magenschleimhaut durch Gallensaft und Obstsäuren gibt es beispielsweise eine Salbe aus Leinöl und Bienenwachs. Des Weiteren wird Leinöl manchmal mit anderen Pflanzenölen wie etwa Granatapfelkernöl gemischt.

Leinsamen in der Homöopathie

Auch in der Homöopathie ist der Gemeine Lein von Bedeutung. Zum Einsatz kommen hier jedoch nicht nur die Samen, sondern die ganze Pflanze inklusive der Blüten und Blätter. Die Globuli und Tropfen werden bei Asthma, Harnblasenreizung, Heufieber, Heuschnupfen, chronischem Durchfall und Zungenlähmung eingesetzt.

Weitere Lein-Arten

Neben dem Gemeinen Lein (Linum usitatissimum) ist vor allem der Purgier-Lein oder Wiesen-Lein (Linum catharticum) von medizinischer Bedeutung. Hier wird allerdings nicht der Samen, sondern die ganze, frische Pflanze verwendet (Lini carthatici herba). Insbesondere die in der Wurzel enthaltenen Gerbstoffe und giftigen Lignane (v.a. Podophyllotoxin) wirken harntreibend, abführend und in höheren Dosen brechreizerregend. Früher wurde der Wiesen-Lein in der Volksmedizin genutzt, heute ist er in der Homöopathie von Bedeutung und wird gegen Durchfallerkrankungen, Menstruationsstörungen und Bronchitis eingesetzt.

Quellen

  • Bauer, Eduard u. Oertel, Adolf: Lexikon der Naturheilkunde – Heilpflanzen, Beschreibung und Anwendungsbereich, die Kneipp-Kur, naturgerechte Ernährung, Diät und Heilfasten (Lingen Verlag, 1984)
  • Laux, Hans E.: Heilpflanzen – Wie sie wachsen, blühen, wirken (Thomae, 1990)
  • Marbach, Eva: Heilkräuter Hausapotheke – Die wichtigsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause (EvaMarbach Verlag, 2012)
  • Schenk, Alexander: Klosterfrau Gesundheitsbuch – Heilpflanzen, Homöopathie, Vitalstoffe (Droemer-Knaur, 2003)
  • Schönfelder, Ingrid und Peter: Der Kosmos-Heilpflanzenführer – Über 600 Heil- und Giftpflanzen Europas (Kosmos, 2015)
  • Voglgsang, Julia: Kneipp Kurbuch – Heilen mit Wasser und Kräutern (Pabel-Moewig, 2005)
  • Wurzer, Walter: Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen – Ihre Anwendung und ihre natürliche Heilkraft (Neuer Kaiser Verlag, 1994)

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