Lavendel

Lavendel

Lavendel Beschreibung

Der Echte Lavendel (Lavandula angustifolia), als Heilpflanze auch bekannt unter der Bezeichnung Arzneilavendel, ist ein niedriger, stark duftender Strauch aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Seine aufrechten, stark verästelten Zweige erreichen Wuchshöhen von bis zu 100 Zentimetern, seltener auch von bis zu 200 Zentimetern. Die Blätter des Echten Lavendels sind gegenständig angeordnet, lanzettlich, stumpf und ganzrandig. Bei der jungen Pflanze sind die Laubblätter weißfilzig, später vergrünen sie. Die Scheinquirle des Echten Lavendels bildet einen bis zu 8 Zentimeter langen, ährigen Blütenstand, die Krone ist blauviolett, der Kelch grauviolett. Nach dem Verblühen entstehen glänzend braune Klausenfrüchte. Die ursprüngliche Heimat des Lavendels ist der Mittelmeerraum. Heute wird er als Duft- und Zierpflanze weltweit kultiviert, berühmt sind vor allem die Lavendelfelder der französischen Hoch-Provence. 2008 war der Echte Lavendel die Heilpflanze des Jahres.

Lavendel Inhaltsstoffe

Lavendelblüten enthalten mindestens 1,5 % ätherisches Öl. Darin steckt hauptsächlich Linalylacetat und Linalool. Diese beiden Stoffe sind für den charakteristischen, blumig-süßlichen Duft der Heilpflanze verantwortlich. Darüber hinaus sind geringe Mengen Cineol, Terpineol, Limonen, Glykoside, Saponine sowie Lamiaceengerbstoffe mit Rosmarinsäure und Chlorogensäure enthalten. Lavendelöl ist farblos bis gelblich und schmeckt leicht bitter.

Lavendel Wirkung

Lavendel hat in erster Linie beruhigende, entspannende, schlaffördernde, angstlösende und krampflösende Eigenschaften. Daneben wirkt sein ätherisches Öl auch antimikrobiell, entzündungshemmend, gallentreibend, durchblutungsfördernd, blähungswidrig und harntreibend. Die beruhigenden Eigenschaften des Echten Lavendels rühren von den enthaltenen Monoterpenen her, die die Aktivität der Rezeptoren und Kanäle in Biomembranen verändern können: Linalool und Linalylacetat wirken als Calciumantagonisten an speziellen Calciumkanälen der Nervenzellen. Sie drosseln den Einstrom von Calciumionen in die Nervenendigungen, was die Ausschüttung erregender Neurotransmitter wie Noradrenalin und Serotonin bremst. So wird die natürliche Reizfilterfunktion zwischen den Nervenzellen bei der Informationsweitergabe verbessert. Darüber hinaus reizt das ätherische Öl die Magenschleimhaut, was die Darmtätigkeit erhöht und dadurch die Verdauung fördert.

Lavendel Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Ätherische Öle wie Lavendelöl reizen die Haut und sollten deshalb verdünnt angewendet werden. Bei Problemen wie Krampfadern oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte vor einem Vollbad mit Lavendelzusatz Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden. Babys, Kleinkinder und Asthmatiker können mit Atemnot reagieren, wenn ätherische Öle wie Lavendelöl in die Nähe von Mund oder Nase gelangen. Bei Überdosierung kann es außerdem zu Bauchschmerzen und Blähungen kommen. Lavendelöl steht zudem im Verdacht, bei längerfristiger Anwendung östrogene Effekte zu entfalten.

Lavendel Anwendungsgebiete

Lavendel Anwendung in der Phytotherapie

Lavendel wird in der Pflanzenheilkunde als leichtes Beruhigungsmittel bei nervöser Unruhe, Erschöpfung, Angstzuständen und Einschlafstörungen eingesetzt. Auch bei Spannungskopfschmerzen, Migräne und nervösen Magen-Darm-Beschwerden wie Reizmagen, Blähungen und dem Roemheld-Syndrom wirken seine sedierenden bzw. verdauungsfördernden Eigenschaften positiv. Dabei kann das Lavendelöl sowohl innerlich als auch äußerlich eingesetzt werden. In Einreibungen und Badezusätzen wirkt Lavendelöl auch gegen rheumatische Erkrankungen und funktionelle Kreislaufstörungen. Aufgrund seiner keimtötenden Eigenschaften wird Lavendelöl auch in Gurgellösungen eingesetzt.

Lavendel Anwendungsgebiete in der Volksmedizin

Die Volksmedizin kennt weitere Anwendungsgebiete für den Echten Lavendel und nutzt die entzündungshemmenden Eigenschaften seines ätherischen Öls und seiner Blüten auch bei Hautproblemen wie entzündeten Wunden, Erysipel (Wundrose) und Gürtelrose. Bei Wasseransammlungen, Bluthochdruck, Herzbeschwerden und Husten wird traditionell ebenfalls auf den Echten Lavendel zurückgegriffen.

Anwendungsgebiete von Lavendel Medikamenten

In Ihrer Apotheke erhalten Sie verschiedene Arzneimittel mit Trocken- und Fluidextrakten aus dem Echten Lavendel, beispielsweise Aconit-Schmerzöl, Amol Heilkräutergeist N und Lasea. Zu den gängigen Darreichungsformen zählen Kapseln, Dragees, Tabletten, Salben und Tropfen. Auch Entspannungsteemischen mit Lavendel sind beliebt. Diese pflanzlichen Medikamente werden in erster Linie gegen innere Unruhe, Angstgefühle, Burnout und zur Unterstützung der Verdauungsfunktion eingenommen. Auf diese Weise kann der Echte Lavendel dabei helfen, das generelle Wohlbefinden zu steigern. Vor allem als Geruchskorrigens kommt das ätherische Lavendelöl auch bei Badezusätzen, Seifen und Lotionen zum Einsatz.

Lavendel Anwendung

Während der Blütezeit von Juni bis August, kurz bevor sie sich voll geöffnet haben, werden die violetten Blüten des Echten Lavendels geerntet. Dabei sieht das Europäische Arzneibuch einen Mindestgehalt von 13 Millilitern des ätherischen Öls pro Kilogramm Blüten vor. Anschließend werden die Blüten getrocknet (Lavandulae flos) oder durch Wasserdampfdestillation zu ätherischem Öl (Lavandulae aetheroleum) weiterverarbeitet. Aus diesen Ausgangsprodukten werden Tees sowie Trocken- oder Flüssigauszüge für pflanzliche Arzneimittel hergestellt.

Lavendel Dosierung

Pro Tag können ein bis zwei Teelöffel getrocknete Lavendelblüten zu einer Tasse Tee verarbeitet werden. Die mittlere Tagesdosis des Lavendelöls liegt bei ein bis vier Tropfen pro Tag. Diese Menge entspricht 20 bis 80 Milligramm. Es sollte allerdings verdünnt eingenommen werden oder auf ein Stück Würfelzucker geträufelt werden. Für einen Badezusatz werden 20 bis 100 Gramm der frischen oder getrockneten Lavendelblüten auf 20 Liter Wasser gegeben.

Lavendel Zubereitung

Lavendel-Tinktur

Sammeln Sie ein Glas frische Lavendelblüten und gießen Sie hochprozentigen klaren Schnaps wie Wodka oder Doppelkorn darüber, bis alle Pflanzenteile bedeckt sind. Verschließen Sie das Glas mit einem Schraubverschluss und lassen Sie die Mischung an einem warmen, sonnigen Ort 4 bis 6 Wochen lang ziehen. Filtern Sie die Lavendel-Tinktur durch einen Kaffeefilter, füllen Sie sie in eine dunkle Flasche und beschriften Sie diese mit Inhalt und Datum. Bei Einschlafproblemen, nervöser Unruhe oder leichten Angstzuständen nehmen Sie täglich 20 bis 50 Tropfen der Tinktur ein.

Lavendel-Essig

Bei rheumatischen Beschwerden und Gicht können Sie die betroffenen Gliedmaßen mit einem selbst hergestellten Lavendel-Essig einreiben. Setzen Sie dafür 10 Gramm Lavendelblüten mit 10 Gramm Weingeist in 80 Millilitern Weinessig an. Lassen Sie die Mischung 5 Tage lang ziehen und seihen Sie die Blüten anschließend ab.

Beruhigungstee

Diese schmerzlindernde, entspannende Teemischung wirkt beruhigend auf die Nerven, entzündungshemmend und muskelentkrampfend. Bei Neuralgien (Nervenschmerzen) wie Ischias oder Gesichtsschmerz (Trigeminusneuralgie), aber auch bei nervöser Unruhe kann dieser Tee Linderung verschaffen. Mischen Sie hierfür 20 Gramm Sternanis, 20 Gramm Weidenrinde, 15 Gramm Teufelskralle, 15 Gramm Königskerzenblüten, 10 Gramm Lavendelblüten, 10 Gramm Gänsefingerkraut und 10 Gramm Efeublätter. Aus einem Esslöffel dieser Mischung brühen Sie eine Tasse Tee, die Sie 10 Minuten lang ziehen lassen. Trinken Sie täglich drei Tassen des Beruhigungstees.

Lavendel Geschichte

Der wissenschaftliche Name „Lavandula“ und der deutsche Name „Lavendel“ stammen wahrscheinlich vom lateinischen Wort „lavare“ ab, welches „waschen“ bedeutet. Die Römer nutzten die Pflanze nämlich in erster Linie dazu, um ihr Badewasser zu parfümieren, wie der Naturkundler Plinius der Ältere in seiner Enzyklopädie „Naturalis Historia“ berichtet. Dioskurides lobt die schleimlösenden und blähungswidrigen Eigenschaften der Pflanze und setzt sie unter anderem gegen Epilepsie ein. Auch in der Bibel wird der Lavendel erwähnt und als duftendes Salbenöl benutzt. Hildegard von Bingen schreibt über den Lavendel: „Und wenn ein Mensch, der viele Läuse hat, oft am Lavendel riecht, sterben die Läuse an ihm. Und sein Duft macht die Augen klar, weil er die Kraft sehr starker und auch die Nützlichkeit sehr bitterer Spezereien in sich hat.“   Daneben wird der Lavendel in der Klosterheilkunde gegen Magenschmerzen und Blähungen genutzt. Auch als Schutz vor einer Pestansteckung wurde der Lavendel in Form von Einreibungen und als Mundspülung verwendet. Im Volksglauben wurden mit Lavendel böse Geister ferngehalten. Hierfür wurden die Schlüssellöcher mit Lavendelkraut verstopft oder Lavendel rund um das Haus angepflanzt. Noch heute werden bei Hochzeitsfeiern alternativ zu Reis oder Rosenblüten Lavendelblüten gestreut. Einem alten Aberglauben nach sorgen sie dafür, dass sich das Paar niemals streitet.

Lavendel in Kombination mit anderen Heilpflanzen

In Anti-Stress-, Beruhigungs- und Entspannungsteemischungen kommen neben dem Echten Lavendel weitere besänftigende Heilkräuter zum Einsatz, beispielsweise Melisse, Baldrian, Johanniskraut und Hopfen. Diese Tees sollen Konzentrationsschwächen, Nervosität, Schlafstörungen und Wetterfühligkeit entgegenwirken.

Lavendel in der Homöopathie

In der Homöopathie wird der Echte Lavendel nur selten eingesetzt. Gelegentlich wird er gegen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems verwendet. Homöopathische Lavendel-Präparate sollen vornehmlich auf die Psyche einwirken und beispielsweise Menschen mit geringem Selbstvertrauen dabei helfen, sich gegenüber anderen abzugrenzen.

Lavendel Studien zur Wirksamkeit

Drei randomisierte Doppelblindstudien von Professor Dr. Hans-Peter Volz belegen die angstlösende Wirkung des Lavendelöls im Vergleich zu anderen pflanzlichen Mitteln wie etwa dem Baldrian, dem Arzneistoff Lorazepam in der Anfangsdosierung sowie im Vergleich zu einem Placebo. Dabei tritt die beruhigende Wirkung bereits ein bis zwei Wochen nach Therapiebeginn ein. Gewöhnungseffekte oder Abhängigkeiten sind laut diesen Studien nicht zu befürchten. Auch für die Wirksamkeit in weiteren Anwendungsbereichen des Lavendels gibt es wissenschaftliche Belege. Seine positiven Effekte bei funktionellen Kreislaufstörungen, funktionellen Oberbauchbeschwerden, nervösen Magen-Darmstörungen und Blähungen gelten als gesichert.

Lavendel Anbau

Der Echte Lavendel bevorzugt einen sonnigen, trockenen und windgeschützten Standort. Er liebt kalkhaltige, nicht zu nährstoffreiche Böden und kann sowohl ins Beet, also auch in einen Topf gepflanzt werden. Beim Gießen sollten Sie Staunässe vermeiden. Im Frühjahr und im Spätsommer wird der Lavendel mit frischem Kompost gedüngt. Nach der Blüte wird die Pflanze zurückgeschnitten, die abgeschnittenen Triebe können Sie als Stecklinge verwenden. Geben Sie die Triebe in eine Schale mit Aufzuchterde und warten Sie sechs bis acht Wochen ab, bis sich Wurzeln gebildet haben. Dann können Sie die Jungpflanzen einsetzen. Lavendel in Kübeln sollte zur Überwinterung an einen hellen, kühlen Ort gestellt werden.

Lavendel Arten

Neben dem Echten Lavendel (Lavandula angustifolia) gibt es weitere Lavendel-Arten, die von medizinischer Bedeutung sind: Der Speik-Lavendel oder Breitblättrige Lavendel (Lavandula latifolia) enthält reichlich Cineol und Linalool, jedoch weniger Linalylacetat als der Echte Lavendel. Das ätherische Öl des Speik-Lavendels wird als auswurfförderndes Mittel bei Katarrhen der Atemwege eingesetzt und gegen Gallenbeschwerden, Verdauungsprobleme sowie rheumatische Erkrankungen genutzt. Bekannte Fertigpräparate mit Extrakten aus dem Speik-Lavendel sind Carmol Tropfen und Lenicet Salbe. Ähnlich wie der Speik-Lavendel, jedoch deutlich geringer, wirkt der Provence-Lavendel (Lavandula intermedia). Der Schopf-Lavendel oder Arabische Lavendel (Lavandula stoechas) wirkt antibakteriell und wird gegen Erkrankungen der oberen Atemwegsorgane und Ohrenschmerzen eingesetzt.

Quellen

  • Bohne, Burkhard: Taschenatlas Heilpflanzen – 130 Pflanzenporträts (Ulmer, 2005)
  • Bühring, Ursel: Heilpflanzen für Kinder – Gesundheit aus der Natur (Ulmer, 2015)
  • Dalichow, Irene: Die Blütenapotheke – Über die Heilkraft von Lavendel, Veilchen, Rose und anderen essbaren Blüten (Goldmann, 2011)
  • Marbach, Eva: Heilkräuter Hausapotheke – Die wichtigsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause (EvaMarbach Verlag, 2012)
  • Mayer, Johannes Gottfried: Handbuch der Klosterheilkunde – Neues Wissen über die Wirkung von Heilpflanzen (Zabert Sandmann, 2003)
  • Müller, Ekkehart: 100 Heilpflanzen, selbst gezogen – Anbau, Ernte, Anwendung (Leopold Stocker, 2004)
  • Neumayer, Petra: Natürliche Antibiotika – Sanfte Heilung aus dem Pflanzenreich (Ullstein, 2006)
  • Schenk, Alexander: Klosterfrau Gesundheitsbuch – Heilpflanzen, Homöopathie, Vitalstoffe (Droemer-Knaur, 2003)
  • Scherf, Gertrud: Der Heilgarten – Heilkräfte der Blütenpflanzen und Kräuter im eigenen Garten nutzen (W. Ludwig, 2002)
  • Schneider, Jürgen: Natürliche Antibiotika aus Wildpflanzen und Heilkräutern – Entzündungen stoppen und das Immunsystem stärken (Kneipp Verlag, 2015)
  • Schönfelder, Ingrid und Peter: Der Kosmos-Heilpflanzenführer – Über 600 Heil- und Giftpflanzen Europas (Kosmos, 2015)
  • Wurzer, Walter: Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen – Ihre Anwendung und ihre natürliche Heilkraft (Neuer Kaiser Verlag, 1994)

 

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