Lactulose – Der Zucker mit vielseitiger Wirkung

Lactulose – Der Zucker mit vielseitiger Wirkung

1 + 1 = 0, aber nur für die Energiebilanz

Lactulose ist ein synthetischer Zweifachzucker (Disaccharid). Sie ist aus den beiden Einfachzuckern (Monosacchariden) Galaktose (Schleimzucker) und Fruktose (Fruchtzucker) zusammengesetzt. In trockenem Zustand zeigt sich die gut wasserlösliche Lactulose als weißes, kristallines Pulver.

In geringen Mengen entsteht Lactulose beim Erhitzen von Milch. Industriell wird sie über thermische, basenkatalytische oder enzymatische Verfahren aus Laktose (Milchzucker) hergestellt.

Während die Komponenten Galaktose und Fruktose in getrennter Form dem Körper als Nährstoff dienen, sind sie in der Lactulose unverdaulich. In Form von Sirup oder Pulver eingenommene Lactulose passiert den Dünndarm, ohne gespalten und resorbiert zu werden. Lactulose trägt also nicht zum Energieeintrag des Körpers bei und Kalorienzähler können sie ignorieren. Nützlich, und das gleich mehrfach, wird sie für uns auf andere Weise.

Lactulose als osmotisches Abführmittel

Lactulose bindet im Dickdarm Wasser. Damit erhöht sie das Volumen des Darminhalts, was zur Entleerung anregt, und macht den Stuhl gleichzeitig weich. Gasförmige und saure Stoffwechselprodukte lactuloseverzehrender Darmbakterien stimulieren zusätzlich die Darmbewegung (Peristaltik). All dies addiert sich zu einer den Stuhlgang erleichternden, Verstopfungen lösenden, darmregulierenden Wirkung. Der abführende Effekt kann nach zwei bis 10 Stunden eintreten, bei ungenügender Dosis dauert es länger.

Lactulose als Kraftfutter für eine gesunde Darmflora

Für wichtige Teile unserer Darmflora hat Lactulose einen hohen Nährwert. Sie ist gewissermaßen ein Kraftfutter für darmständige Mikroorganismen wie Laktobazillen und Bifidobakterien. Sie fördert nachweislich deren Vermehrung. Laktobazillen und Bifidobakterien „leben“ von Zuckern wie Lactulose, die sie zu Milchsäure und kurzkettigen Fettsäuren vergären. Die sauren Stoffwechselprodukte erschweren potenziell krankmachenden Keimen und Pilzen die Ansiedlung im Darm. Denn deren Nischen sind ja schon besetzt und sie mögen es zudem eher basisch als sauer.

Weil Lactulose also das Wachstum einer gesunden Darmflora fördert, wird sie auch als „Präbiotikum“ bezeichnet. Eine präbiotische Lactulosekur ist besonders dann zu erwägen, wenn mit einer gestörten Darmflora zu rechnen ist. Dies ist am häufigsten während und kurz nach einer Antibiotikatherapie der Fall. Denn Antibiotika richten sich nicht nur gegen die anvisierten Krankheitskeime. Kollateralschäden betreffen immer auch die bakterielle Darmflora.

Lactulose gegen Ammoniakvergiftung bei kranker Leber

Bei schweren Lebererkrankungen, insbesondere einer fortgeschrittenen Leberzirrhose, kann die Leber ihrer Entgiftungsfunktion nicht mehr ausreichend nachkommen. Die Konzentration verschiedener Giftstoffe im Körper nimmt zu. Zu den besonders problematischen Stoffen zählt dann der bei der Eiweißverdauung anfallende Ammoniak. Unzureichend abgebaut, lässt dieses Zellgift Hirnzellen anschwellen und den Hirndruck ansteigen. Betroffene fallen zunächst durch Schläfrigkeit, Konzentrationsstörungen und Stimmungsschwankungen auf. Im weiteren Verlauf treten Verwirrtheitszustände und zunehmende Intelligenzeinbußen hinzu. Unbehandelt kann diese so genannte „hepatische Enzephalopathie“ bis zum tödlichen Bewusstseinsverlust voran schreiten.

Neben einer strikt eiweißreduzierten Diät wird Betroffenen vom Arzt oft Lactulose verordnet. Damit werden im Darm eiweißspaltende Bakterien zugunsten kohlenhydratspaltender Bakterien vermindert. So wird weniger Ammoniak produziert. Zugleich säuert die bakterielle Verstoffwechselung von Lactulose das Darmmilieu an (s.o.). Dies erschwert den Übertritt des verbleibenden Ammoniaks aus dem Darm ins Blut.

Lactulose

  • ist ein gewichtsneutraler synthetischer Zucker, der vom Menschen nicht verdaut und nicht in Energie umgesetzt werden kann
  • hat sich als mildes, gut dosierbares osmotisches Abführmittel bewährt
  • fördert als Präbiotikum den Aufbau und die Wiederherstellung einer gesunden Darmflora
  • wirkt bei schweren Lebererkrankungen einer Ammoniakvergiftung entgegen

Lactulose als Arznei – und Nahrungsergänzungsmittel

Lactulose ist als Sirup, Pulver, Granulat und Gel zum Einnehmen im Handel. Oft wird sie Joghurt beigemengt.

Für die Anwendung als Abführmittel und gegen eine Ammoniakvergiftung bei Lebererkrankungen ist Lactulose als rezeptfreies Arzneimittel zugelassen. Exklusiv zur Förderung einer gesunden Darmflora hat sie den Status eines Nahrungsergänzungsmittels.

Obwohl Lactulose meist sehr gut vertragen wird, sollte sie in abführenden Dosierungen längerfristig nur in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.

 

Bild: © Artem Furman – stock.adobe.com