Kamille

Kamille

Kamille Beschreibung

Die Echte Kamille (Matricaria chamomilla) ist eine einjährige krautige Heilpflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Ihre ursprüngliche Heimat war vermutlich der südosteuropäische Mittelmeerraum sowie Vorderasien, inzwischen wurde die Wildform in viele Länder eingeschleppt. Am besten gedeiht diese aromatische Pflanze auf sonnigen, nährstoffarmen bis nährstoffreichen Äckern, Wildwiesen und Brachflächen. Man trifft sie in Höhen von bis zu 1300 Metern. Die Laubblätter der Echten Kamille sind wechselständig angeordnet, gelbgrün gefärbt und spitz zulaufend. Sie wachsen an aufrechten, unbehaarten Stängeln. Von Mitte Mai bis Anfang Oktober zeigt die Echte Kamille ihre gelben Blütenköpfchen, die von weißen Hüllblättern umgeben sind. Nach dem Verblühen bilden sich braune Nussfrüchte, die sogenannten Achäne. 1987 wurde die Echte Kamille vom Verband Deutscher Drogisten (VDD) zur ersten Arzneipflanze des Jahres gewählt, 2002 war sie Heilpflanze des Jahres.

Kamille Inhaltsstoffe

Das ätherische Öl der Echten Kamille ist je nach Herkunftsort unterschiedlich zusammengesetzt. Es ist reich an Alpha-Bisabolol oder an Bisabololoxiden und Farnesen. Das medizinisch bedeutsame, blau gefärbte Chamazulen bildet sich erst bei der Gewinnung des Öls durch Wasserdampfdestillation oder bei der Bereitung von Aufgüssen aus seinen Vorstufen wie dem Proazulen Matricin, einem Sesquiterpenlacton vom Guajanolid -Typ. Außerdem enthalten die Blüten En-In-Dicycloether, Flavonoide, Gerbstoffe, Bitterstoffe und Hydroxycumarine.

Kamille Wirkung

Kamillenblüten wirken sehr umfangreich. Ihnen wurden unter anderem entzündungshemmende, antiseptische, krampflösende und blähungslindernde Effekte nachgewiesen. Auch antibakterielle, beruhigende, blutreinigende und tonisierende Wirkung wird dieser Heilpflanze zugeschrieben. Grund für die medizinische Bedeutsamkeit sind wohl die enthaltenen Sesquiterpene und Flavonoide. Beispielsweise hemmt Alpha-Bisabolol die Freisetzung eines Verdauungsenyzms (Pepsin), was zu einer Linderung von Magen-Darm-Problemen führt. Darüber hinaus wird die Echte Kamille auch äußerlich angewendet, etwa um den Hautstoffwechsel anzuregen.

Kamille Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Der Einsatz von Echter Kamille kann in seltenen Fällen allergische Hautirritationen wie Ausschläge oder Juckreiz auslösen. Auch Schwellungen, Atemnot oder Kreislaufkollaps (Anaphylaxie) sind möglich. Dies vor allem dann der Fall, wenn die Echte Kamille mit anderen Kamillenarten wie der Stinkenden Hundskamille (Anthemis cotula) verunreinigt ist, deren Bestandteil Anthecotulid als Kontaktallergen wirkt. Von einer längerfristigen Behandlung mit Echter Kamille wird abgeraten: Äußerlich angewendet können die Inhaltsstoffe die Haut austrocknen. Durch die geringe Konzentration an Pyrrolizidinalkaloiden sollte Kamillentee nicht über einen längeren Zeitraum hinweg und nicht im Übermaß konsumiert werden, da diese Alkaloide hochdosiert erbgutschädigend wirken können. Wechselwirkungen der Echten Kamille mit anderen Medikamenten sind nicht bekannt.

Kamille Anwendungsgebiete in der Phytotherapie

In der Phytotherapie wird die Echte Kamille in erster Linie eingesetzt, um Verdauungsprobleme wie Blähungen, Durchfall, Magenkrämpfe, Magengeschwüre, Darmkoliken, Reizdarm und Verstopfung zu bekämpfen. Auch bei Haut- und Schleimhauterkrankungen wie Zahnfleischentzündung, Hautunreinheiten, Juckreiz, Allergien, Afterjucken und entzündeten Wunden kommt die Echte Kamille zum Einsatz.

Kamille bei Menstruationsbeschwerden

Bei Menstruationsbeschwerden sowie Reizzuständen der oberen Atemwege können mit der Echten Kamille ebenfalls Erfolge erzielt werden.

Kamille Anwendungsgebiete in der Volksmedizin

Traditionell wird die Echte Kamille vor allem in Südeuropa als Beruhigungs- und Schlafmittel eingesetzt. Bei Nervosität und Neuralgien setzt die Volksmedizin besonders in dieser Region auf die entkrampfende und beruhigende Wirkung des Korbblütlers. Auch gegen Fieber, Gicht, Kopfschmerzen und Lymphknoten-Schwellungen nutzt man in der Volksmedizin die heilsame Kraft der Echten Kamille.

Anwendungsgebiete von Kamille Medikamenten

In Ihrer Apotheke erhalten Sie zahlreiche Medikamente mit hochwertigen Auszügen aus der Echten Kamille. Zu den bekanntesten gehören Angi Truw, Cefaspasmon N, Dentinox-Gel N, HanoLegan, Gastritol Dr. Klein, Kamillin, Kamillosan und Kamistad. Erhältlich sind Tabletten, Tropfen, Gele, Lösungen und Konzentrate. Auch Heilbäder, Mundspülungen und Tees mit Echter Kamille sind beliebt. Eingesetzt werden Medikamente auf Basis der Echten Kamille gegen Erkältungskrankheiten wie Halsschmerzen und Heiserkeit, als Zahnungshilfe für Babys, gegen Zahnfleischentzündungen sowie bei Verdauungsbeschwerden wie Bauchschmerzen und Völlegefühl.

Kamille Anwendung

Die wichtigsten Anbauländer der Echten Kamille sind Argentinien, Ägypten, Bulgarien und Ungarn. Dort werden die Blütenköpfe so gezüchtet, dass sie einen möglichst hohen Anteil an ätherischem Öl und damit an medizinisch wirksamem Bisabolol und Chamazulen enthalten. Geerntet wird von Mai bis Oktober, wenn zwei Drittel der Blüten am Köpfchen aufgeblüht sind. Sofort nach der Ernte werden die Kamillenblüten bei milden Temperaturen getrocknet, da sich ansonsten die Inhaltsstoffe zu stark verändern. Pro Kilogramm getrockneter Droge müssen mindestens 4 Milliliter ätherisches Öl enthalten sein. Das Kamillenöl (Matricariae aetheroleum) wird mittels Wasserdampfdestillation aus den frischen oder getrockneten Blütenköpfchen gewonnen. Kamillentee besteht aus Blüten, Kraut und Samen der Pflanze.

Kamille Dosierung

Die Echte Kamille kann äußerlich und innerlich eingesetzt werden. Bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts kann drei- bis fünfmal täglich eine Tasse Kamillentee zu den Mahlzeiten getrunken werden. Gegen Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhäute kann mehrmals täglich mit Kamillentee gegurgelt werden. Für Umschläge und Spülungen werden drei- bis zehnprozentige Aufgüsse verwendet. Bei der Anwendung sollte beachtet werden, dass das ätherische Öl der Kamille in konzentrierter Form nur in alkoholischen Auszügen enthalten ist, nicht jedoch im Tee. Dieser verfügt lediglich über die ebenfalls pharmazeutisch wirksamen Flavonoide.

Kamille Zubereitung

Kamillentee

Übergießen Sie zwei bis drei Teelöffel getrocknete Kamillenblüten mit einer Tasse siedendem Wasser. Lassen Sie den Tee 10 Minuten lang ziehen und gießen Sie ihn anschließend durch ein Teesieb. Kamillentee lindert Verdauungsbeschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung und Blähungen. Auch Nierenschwäche und Blasenprobleme können durch das tägliche Trinken von Kamillentee gebessert werden. Bei nervösen Beschwerden wie Schlaflosigkeit und innerer Unruhe wirkt Kamillentee entkrampfend und beruhigend.

Kamillen-Dampfbad

Gegen Stirnhöhlenentzündungen und Schnupfen, aber auch gegen Pickel und unreine Haut hilft die Inhalation heißer Kamillendämpfe. Brühen Sie dazu eine Kanne starken Kamillentee auf und geben Sie diesen in eine Schüssel. Setzen Sie sich vor die Schüssel und beugen Sie Ihren Kopf darüber. Um die Wirkung zu verstärken, legen Sie ein großes Handtuch über Ihren Kopf. Atmen Sie den Dampf 10 bis 15 Minuten lang tief ein.

Kamillenbäder

Für ein Sitzbad geben Sie 50 Gramm Kamillenblüten in 10 Liter Badewasser, für ein Vollbad entsprechend mehr. Bäder mit Kamillenblüten können rheumatische Erkrankungen, Gicht, Erkrankungen des Anal- und Genitalbereichs sowie entzündete Wunden lindern.

Kamille Geschichte

Bereits seit der Antike wird die Echte Kamille als universelle Heilpflanze genutzt. Die Griechen linderten bereits im 3. Jahrhundert vor Christus Hauterkrankungen, Krämpfe, Blähungen und Geschwüre mithilfe von Kamillenblüten. Im alten Ägypten wurde die Kamille wegen ihrer sonnenförmigen Blüte als die Blume des Sonnengottes Ra verehrt. Kamillenextrakt wurde für die Einbalsamierung der Toten verwendet und kam auch gegen Erkältung, Zahnfleischprobleme und Frauenleiden zum Einsatz. Zukünftige Könige im alten England trugen während der Krönungszeremonie Kamille bei sich, die dort zu den neun heiligen Kräutern zählte. Im Leipziger Kräuterbuch aus dem 15. Jahrhundert steht über die Kamille: „Ihre Kraft sei, dass sie auflöst und weich macht und verfeinert, und was sie auflöst, das wird auch fließend gemacht und sie legt die Schmerzen, und erweicht die harten Glieder, und macht kleine Verdickungen der Haut wieder sanft und vertreibt die Fieber, die durch cholerische Feuchtigkeiten entstehen.“ Aufgrund der mannigfaltigen Heilwirkung der Kamille ranken sich auch einige Mythen um diese Heilpflanze: Beispielsweise glaubte man, dass der Rauch der verbrannten Pflanze Unglück fernhalten könne.

Kamille Kombination mit anderen Heilpflanzen

Teemischungen gegen Blähungen enthalten neben Echter Kamille häufig weitere krampflösende und blähungswidrige Heilpflanzen wie Fenchel und Anis. Diese wohlschmeckende Mischung ist auch bei Kindern beliebt. Gegen schlecht heilende Hauterkrankungen sowie Schleimhautprobleme kann die Echte Kamille gemeinsam mit Schafgarbe eingesetzt werden. Bei nervösen Magenbeschwerden kann die Echte Kamille zu gleichen Teilen mit Melisse kombiniert werden und als Beruhigungstee getrunken werden.

Kamille in der Homöopathie

Homöopathische Anwendungsbereiche der Echten Kamille sind in erster Linie Entzündungen, Schmerzen, reizbare Verstimmungszustände und Zahnungsbeschwerden bei Kindern. Die Heilpflanze gilt als besonders geeignet für jähzornige, nervöse und schmerzempfindliche Patienten.

Kamille Studien zur Wirksamkeit

Die Echte Kamille gilt als erfahrungs- und volksmedizinisch bewährte Arzneipflanze. Ihre Wirksamkeit bei Magen-Darm-Problemen, Entzündungen, bakteriellen Hauterkrankungen und Schleimhautreizungen ist wissenschaftlich belegt. Eine aktuelle Studie untersuchte die Wirkung von Kamille in Kombination mit Kaffeekohle und Myrrhe bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa (Entzündung des Dickdarms). Ergebnis: Die drei Wirkstoffe greifen an verschiedenen Punkten ins Krankheitsgeschehen ein und verstärken dadurch gegenseitig ihre Wirkung. Die Kombination gilt daher als phytotherapeutische Alternative zum Erhalt der Beschwerdefreiheit bei chronischen Darmproblemen.

Kamille Anbau

Da die Echte Kamille ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum stammt, bevorzugt sie vollsonnige, mäßig feuchte Standorte. Sie ist überaus anpassungsfähig und wächst auf magerem Boden ebenso wie auf humusreichem. Der pH-Wert sollte neutral bis alkalisch sein. Die Samen werden ab April im Freiland ausgesät oder können auf der Fensterbank vorgezogen werden. Da die Echte Kamille ein Lichtkeimer ist, sollten die Samen nicht komplett mit Erde bedeckt werden. Der Boden sollte gleichmäßig feucht gehalten werden, wobei es gilt, Staunässe zu vermeiden. Um das Wachstum nicht zu beeinträchtigen, entfernen Sie etwaiges Unkraut und trennen zu eng stehende Pflanzen. Im Frühjahr und Sommer können Sie die Echte Kamille mit Kompost düngen.

Kamille Arten

Neben der Echten Kamille (Matricaria chamomilla) gibt es eine weitere, medizinisch bedeutsame Kamillen-Art: die Römische Kamille (Chamaemelum nobile, Anthemis nobilis).

Römische Kamille

Von dieser Heilpflanze werden die getrockneten Blütenköpfchen der gefülltblütigen Varietät (Anthemidis flos) als Droge genutzt. Die Blüten der Römischen Kamille enthalten ätherisches Öl mit Estern der Angelica- und Tiglinsäure sowie Hydroperoxide, Chamazulen sowie bittere Sesquiterpenlactone vom Germacranolid-Typ. In der Volksmedizin wird die Römische Kamille wie die Echte Kamille eingesetzt. Dabei ist die entzündungshemmende und krampflösende Wirkung allerdings geringer. Indikationen sind beispielsweise leichte Verdauungsprobleme, Appetitlosigkeit, Menstruationsbeschwerden und Schleimhautentzündungen in Mund und Rachen. Bekannte Fertigpräparate mit Auszügen aus der Römischen Kamille sind Alchemilla-Complex N und Nephrobal forte Komplex.

Quellen

  • Bohne, Burkhard: Taschenatlas Heilpflanzen – 130 Pflanzenporträts (Ulmer, 2005)
  • Grünwald, Jörg: Grüne Apotheke – Das Standardwerk zur Pflanzenheilkunde – Mit wissenschaftlich abgesicherten Empfehlungen (Gräfe und Unzer, 2015)
  • Laux, Hans E.: Heilpflanzen – Wie sie wachsen, blühen, wirken (Thomae, 1990)
  • Marbach, Eva: Heilkräuter Hausapotheke – Die wichtigsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause (EvaMarbach Verlag, 2012)
  • Mayer, Johannes Gottfried: Handbuch der Klosterheilkunde – Neues Wissen über die Wirkung von Heilpflanzen (Zabert Sandmann, 2003)
  • Pechatschek, Johannes: Kamille – Ein großes Geschenk der Natur (Ennsthaler, 2009)
  • Scherf, Gertrud: Der Heilgarten – Heilkräfte der Blütenpflanzen und Kräuter im eigenen Garten nutzen (W. Ludwig, 2002)
  • Schenk, Alexander: Klosterfrau Gesundheitsbuch – Heilpflanzen, Homöopathie, Vitalstoffe (Droemer-Knaur, 2003)
  • Schönfelder, Ingrid und Peter: Der Kosmos-Heilpflanzenführer – Über 600 Heil- und Giftpflanzen Europas (Kosmos, 2015)
  • Siewert, Aruna M.: Pflanzliche Antibiotika – Geheimwaffen aus der Natur (Gräfe und Unzer, 2013)
  • Wacker, Andreas: Heilpflanzen der Homöopathie – 159 Arten kennen und anwenden (Kosmos, 2008)
  • Wurzer, Walter: Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen – Ihre Anwendung und ihre natürliche Heilkraft (Neuer Kaiser Verlag, 1994)

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