Johanniskrautöl: Wirkung & Anwendung

Johanniskrautöl: Wirkung & Anwendung

Johanniskraut wächst an Wegrändern, in lichten Gebüschen, an Böschungen und sogar auf Schuttplätzen. Um die Sommersonnenwende blüht es leuchtend gelb. Seinen Namen verdankt das Kraut dem Johannistag am 24. Juni, der in die Blütezeit fällt. Das Johanniskrautöl (Hyperici oleum) erhält seine Wirkstoffe – in erster Linie sind das ätherische Öle sowie Bitter- und Gerbstoffe – aus den frischen Blüten, Blättern und Knospen des Johanniskrauts. Diese Bestandteile werden in Öl eingelegt und geben während der Lagerungszeit ihre Inhaltsstoffe daran ab. Außerdem färben sie das Öl rot.

Unterschied Johanniskrautöl – Rotöl

Bei uns in der Apotheke taucht immer wieder die Frage nach dem Unterschied zwischen Johanniskrautöl und Rotöl auf. Rotöl ist einfach eine andere Bezeichnung, die aufgrund der charakteristischen Rotfärbung des Öles aufgekommen ist. Einer der wesentlichen Inhaltsstoffe, die für die rote Farbe sorgen, ist Hypericin – die Substanz, die dem Johanniskraut seine antidepressive Wirkung verleiht. Eine weitere, wenn auch heutzutage nicht mehr so geläufige Bezeichnung neben Johanniskrautöl und Rotöl ist übrigens Johannesblut.

Heilpflanze mit Wurzeln im Mittelalter

Von Juni bis August steht das Johanniskraut (Hypericum perforatum) in voller Blüte. Dem Volksglauben nach speichert die Pflanze in den Sommertagen die Sonne in ihren Blättern, um deren Kraft im Winter an die Menschen abzugeben. Bereits im Mittelalter wussten Heilkundige wie Paracelsus um die Wirkung des Krauts gegen melancholische Verstimmungen. Später fand das Johanniskraut Erwähnung im Kräuterbuch „Botanica in originali“ des Erfurter Medizin- und Botanikprofessors Johann Hieronymus Kniphof. Aus Heilpflanzengärten war die Pflanze seitdem nicht mehr wegzudenken. Mit dem Aufkommen der Pharmazie im 19. Jahrhundert geriet das Johanniskraut zunächst in Vergessenheit und wurde erst in den 1930er-Jahren wiederentdeckt. Seit 1979 ist es fester Bestandteil des Deutschen Arzneimittelkodex‘. Heute wird es als Heilpflanze sowohl äußerlich als auch innerlich gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Beschwerden eingesetzt.

Umfangreiche Anwendung bei Beschwerden

Johanniskraut hilft gegen zahlreiche Beschwerden: Es wirkt entzündungshemmend, antibakteriell sowie wundheilungs- und durchblutungsfördernd. Bei äußeren Verletzungen sorgt es für Schmerzlinderung.

Johanniskrautöl wird vorwiegend äußerlich bei Sportverletzungen, Entzündungen sowie kleineren Wunden verwendet; Muskelzerrungen, Prellungen, Quetschungen, Blutergüsse, Hautblasen, Verbrennungen und Schürfwunden lassen sich damit behandeln. Es lindert schmerzende Narben und Neurodermitis und wird bei Ischias-Beschwerden, Rheuma, Gicht und Neuralgien angewendet. Außerdem lässt sich Johanniskrautöl bei schmerzlindernden Massagen einsetzen – beispielsweise bei der Bandscheibenmassage nach der Breuss-Methode.

Innerlich wird Johanniskrautöl bei Magen-Darm-Beschwerden angewendet. Es wirkt gegen Entzündungen der Schleimhaut und gegen Geschwüre im Magen-Darm-Bereich. Es lässt sich aber auch zur Stärkung der Nerven einsetzen.

Komplexes Zusammenspiel der Inhaltsstoffe

Die medizinische Wirkung von Johanniskrautöl wurde Ende des 20. Jahrhunderts nachgewiesen. Seine Heilwirkung beruht auf dem Zusammenspiel verschiedener Inhaltsstoffe und Wirkmechanismen:

  • Hypericin, das für die Photosensibilisierung der Haut mitverantwortlich ist, entfaltet seine antidepressive Wirkung in Zusammenspiel mit den zahlreichen Flavonoiden im Johanniskrautöl.
  • Hyperforin sammelt sich vorwiegend in den Stempeln der Pflanze. Es wirkt antidepressiv, aber auch hautpflegend und entzündungshemmend.
  • Flavonoide: die sekundären Pflanzenstoffe wirken entzündungshemmend und kommen in Johanniskrautöl in hoher Konzentration vor.

Darüber hinaus enthält Johanniskrautöl wohltuende ätherische Öle, Bitter- und Gerbstoffe. Die schnellere Wundheilung wird vor allem auf die Gerbstoffe zurückgeführt. Diese verdichten die Oberfläche des Gewebes, wodurch Erreger schwerer eindringen und Wunden schneller heilen. Bitterstoffe dagegen fördern die Verdauung und deren natürliche Regulation.

Dosierung und Anwendung von Johanniskrautöl

Johanniskrautöl ist ein natürliches Arzneimittel, trotzdem sollte bei der Dosierung mit Bedacht vorgegangen werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Deshalb sollte bei jeder äußerlichen und innerlichen Anwendung die Packungsbeilage genau gelesen werden.

Johanniskräutöl zur äußerlichen Anwendung auf der Haut

Bei der äußerlichen Anwendung kann das Johanniskrautöl direkt vorsichtig auf die zu behandelnde Stelle aufgetragen oder einmassiert werden. Viele sehen darin erfahrungsgemäß eine wirkungsvolle Alternative zu Cremes und Salben, die oft mit allerlei überflüssigen, synthetischen oder gar allergieauslösenden Inhaltsstoffen daherkommen. Äußerlich angwendet als Hautfunktions- oder Hautpflegeöl ist es mit seinen hautpflegenden Eigenschaften sehr angenehm bei empfindlicher, gereizter und geröteter Haut und Haut die zu Entzündungen und Allergien neigt. Auch bei Schrunden (med.: Rhagaden), d. h. Rissen in der Haut, die z. B. durch Überdehnung der Haut an Stellen wie den Fußsohlen oder Ellenbogen oder auch durch Kälte entsthen können, kann Johanniskrautöl auf den betroffenen Hautstellen aufgetragen werden. Naturbewusste Sportler massieren gerne ihre Muskeln nach dem Sport mit Johanniskrautöl. Auch zum Einreiben der Haut, z. B. nach langen Aufenthalten an der frischen Luft oder nach Saunabesuchen ist Johnaniskrautöl beliebt.

Neben der Einreibung kann man auch einen Ölverband mit Johannsikrautöl anlegen. Diese Art der Anwendung eignet sich vor allem bei Muskelschmerzen, (stumpfen) Verletzungen wie Verstauchungen oder leichten Verbrennungen. Das Johnniskrautöl hat einen wohltuenden Effekt auf den Bewegungsapparat und kommt in der Naturheilkunde bei zahlreichen sogenannten Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (Rheuma) zum Einsatz. Auf eine Kompresse werden 40 bis 50 Tropfen aufgetragen, diese wird auf der entsprechenden Körperstelle fixiert. Zwischen 8 und 10 Stunden verbleibt der Verband an der betroffenen Stellen. Die Behandlung kann bis zu 3-mal täglich durchgeführt werden.

Johanniskräutöl bei wunden Brustwarzen

Johanniskrautöl ist ein beliebtes Hausmittel bei wunden Brustwarzen während der Stillzeit. Seit Generationen empfehlen Frauenärzte und Hebammen häufig Johanniskrautöl zur Stillpflege. Es ist eine hervorragende Alternative zu Brustwarzensalben mit Lanolin. Zur Linderung bei wunden, entzündeten Brustwarzen können stillende Mütter diese einfach mit Johanniskrautöl einreiben. Das Rotöl wird dazu – nach dem Stillen – behutsam einmassiert. Manche werdenden Mütter setzen bereits zur Vorbereitung der Brüste auf die Stillzeit aus sanfte Brustmassagen mit Johanniskrautöl.

Johanniskräutöl zum Einnehmen

Eine innerliche Anwendung von Johanniskrautöl erfolgt heutzutage meist zur Beruhigung und zur Stimmungsaufhellung. In der Alternativmedizin wird es auch bei anderen Themen mit seelischer Ursache, wie etwa dem Bettnässen, angewendet. In der Volksmedizin gilt es zum dem als Mittel bei Entzüungen der Schleimhäute oder im Magen-Darm-Bereich. Für die innerliche Anwendung wird das Öl normalerweise in Tropfenform verabreicht. Täglich können bis zu 3-mal 20 Tropfen eingenommen werden. Manche Hersteller die Johanniskraut-Rotöl Kapseln anbieten.

Wer Johanniskrautöl in der Apotheke kaufen möchte, wird feststellen, dass viele Johanniskrautöle lediglich als Körperöle oder Pflegeöle angeboten werden, auch wenn die Auszüge als Inhaltsstoffe oft nur Olivenöl (Olea Europaea Fruit Oil), Johanniskraut (Hypericum Perforatum Extract) und teilweise noch Vitamin E (Tocopherol) als Antioxidationsmittel enthalten. Dass ein Johannisöl als Kosmetikum angeboten wird, sagt per se nichts über die Reinheit und Qualität, und Produkte aus der Apotheke von Markenherstellern wie Bergland oder Bombastus sind für ihre Hochwertigkeit bekannt. Johanniskrautöl enthält arzneilich wirksame Bestandteile und die Zulassung von Arzneimitteln (auch pflanzlichen und traditionellen Arzneimmitteln) ist (zur Sicherheit der Verbraucher) mit besonderem Aufwand verbunden.

Wenn Sie ein Johnniskrautöl suchen, das zur innerlichen Anwendung geeignet ist, können Sie in der Apotheke sogenannte Hypericum-Urtinkturen (Johanniskraut-Urtinkturen) kaufen, z. B. die Ceres Hypericum Urtinktur. Eine Urtinktur ist ein homöopathisches Arzneimittel, das zu gleichen Teilen aus Presssaft aus frischen Pflanzenteilen und Aethanol 86% (Alkohol) hergestellt wird. Eine Urtinktur ist also noch nicht weiter verdünnt oder potenziert, wie man es von „normalen“ homöopathischen Mitteln her kennt.

Darüber hinaus gibt es auch Flüssigkeiten zum Einnehmen, die als pflanzliche Arzneimittel zur Beruhigung angeboten werden, die allerdings nicht nur Johanniskrautöl enthalten, sondern weitere beruhigende Heilpflanzenstoffe. Ein bekanntes Produkt sind die Sedariston Tropfen mit Auszügen aus Johanniskraut, Baldrianwurzeln und Melissenblättern. Dieses Präparat ist für Erwachsene und Jugendliche geeignet, unter ärtzlicher Kontrolle auch für Kinder von 6-12 Jahren.

Wenn Sie sich für die Einahme aufgrund der ausgeleichenden, nervenstärkenden oder auch angstlösenden Wirkung von Johanniskrautöl bei emotionaler Belastung oder gedrückter Stimmung interessieren, ist unter Umständen die Einnahme eines Präparates mit Johnniskraut-Trockenextrakt zu bevorzugen. Diese enthalten die Wirkstoffe in besonders konzentrierter Form. Johanniskraut-Tabletten gibt es in verschiedenen Wirkstärken, je nach Bedarf: 300 mg (z. B. Kira), 425 mg (Johanniskraut-ratiopharm 425), 650 mg (z. B. Johanniskraut 650 1A Pharma) und 900 mg (z. B. Laif 900 Balance).

Nebenwirkungen von Johanniskrautöl

Johanniskrautöl wird von den meisten Menschen gut vertragen, Nebenwirkungen treten selten auf. Insbesondere bei hellhäutigen Patienten kann jedoch eine erhöhte Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht auftreten. Der direkte Hautkontakt mit Sonnenlicht kann dann zu sonnenbrandähnlichen Reaktionen von leichtem Kribbeln bis hin zu blasigen Hautveränderungen führen. Diese mögliche Nebenwirkung sollte nicht unterschätzt werden: Da Johanniskraut die Haut lichtempfindlich macht (Photosensibilisierung), sollten Anwender intensive UV-Strahlung durch Sonnenbäder oder Solarium vermeiden und die Haut im Sommer möglichst gut schützen.

Selten treten Magen-Darm-Beschwerden wie Völlegefühl oder Verstopfung auf. In Ausnahmefällen kommt es auch zu allergischen Reaktionen, etwa Juckreiz, Müdigkeit oder innere Unruhe.

Johanniskrautöl sollte nicht bei bekannter Lichtempfindlichkeit und schweren Depressionen angewendet werden. Wenn zusätzlich zum Öl andere Medikamente eingenommen werden, sollte das vorher mit Arzt oder Apotheker abgesprochen werden. Die kombinierte Einnahme kann zu Wechselwirkungen führen. So soll Johanniskrautöl nicht in Verbindung mit Blutgerinnungs-Hemmern, sogenannten Antikogulatien, eingenommen werden, da deren Wirkung sonst gemindert wird.

Die Anwendung des Heilmittels wird erst bei Menschen ab 12 Jahren empfohlen, da die Unbedenklichkeit bei Kindern noch nicht ausreichend sichergestellt ist. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Johanniskrautöl aus diesem Grund auch nicht eingesetzt werden. Mediziner raten generell von der Selbsttherapie ab. Da es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen kann, sollte immer ein erfahrener Arzt zurate gezogen werden. Außerdem kann das Naturheilmittel gerade bei zu hoher Dosierung Nebenwirkungen hervorrufen.

 

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