Barfußgehen – gesund oder ungesund?

Barfußgehen – gesund oder ungesund?

Das Laufen ohne Schuhe wird häufig als wahres Wundermittel angepriesen. Es soll gut für die Muskulatur sein, die Durchblutung fördern und Haltungsschäden vorbeugen. Fast klingt es zu schön, um wahr zu sein, dass eine so einfache Maßnahme so große Wirkung zeigen kann. Doch Ärzte bestätigen, dass Barfußlaufen tatsächlich die Füße kräftigt und dadurch Verletzungen und Fehlstellungen entgegenwirkt. Allerdings gilt diese Empfehlung nicht ganz ohne Einschränkungen, denn das Laufen auf harten Böden oder unhygienischen Untergründen kann durchaus zur Überbelastung oder Erkrankung der Füße führen.

Barfußgehen – die natürliche Art des Laufens

Archäologische Funde belegen, dass es Schuhe bereits viele Tausende Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung gab. Sie bestanden oft aus Fellen oder anderen flexiblen Materialien und sollten die Füße in erster Linie vor Kälte schützen. In der Antike entwickelten sich dann auch Schuhmodelle, die weniger zweckmäßig waren, sondern durch ihre besondere Form und Farbe in erster Linie als Statussymbol dienten. Doch das Barfußgehen ist seit jeher die natürliche Fortbewegungsart des Menschen. Dank der ausgeprägten Muskulatur und der zahlreichen Nervenzellen an der Fußsohle können wir uns auf jedem Untergrund sicher fortbewegen. Die dicke Haut, die sich bei regelmäßigem Barfußlaufen durch Hornhaut noch verstärkt, schützt vor Verletzungen. Gleichzeitig wirkt sie als Polster, sodass nicht nur die Füße selbst, sondern auch Gelenke und Wirbelsäule beim Laufen auf harten Untergründen gut geschützt sind. Es ist deshalb besonders für Kinder wichtig, barfuß zu laufen, um eine natürliche Bewegung zu erlernen und Fehlstellungen der Füße und Zehen frühzeitig zu vermeiden.

Gesundheitliche Aspekte des Barfußgehens

Das Tragen von Schuhen hat im westlichen Kulturkreis das natürliche Laufen auf bloßen Fußsohlen weitgehend verdrängt. Das Resultat sind Fehlbildungen wie Senk-, Knick-, Spreiz- oder Plattfüße, die inzwischen durchaus als Volkskrankheit bezeichnet werden können. Sie entstehen, weil sich die Füße der starren, vom Schuhwerk vorgegebenen Form anpassen, die den natürlichen Bewegungsablauf verändert. Wenn Sie barfuß gehen, reagieren Ihre Füße ständig auf Unebenheiten im Boden und gleichen diese für den Haltungsapparat aus, um Verletzungen durch Umknicken oder Haltungsschäden zu vermeiden. Werden die Füße nicht mehr in dem Maße gefordert, bildet sich die Muskulatur zurück, die für die Wölbung an der Fußunterseite und den Halt des Fußes zuständig ist.

Doch nicht nur aus der Sicht von Orthopäden und Physiotherapeuten ist Barfußgehen empfehlenswert. Es gilt auch als wirksame Methode, um das Immunsystem und den Kreislauf zu stärken. Wenn Sie barfuß durch kaltes Wasser, Schnee oder einfach über einen kühlen Untergrund laufen, wird die Durchblutung der Füße angeregt – und dadurch auch der Kreislauf. Damit geht ein gewisser Abhärtungseffekt einher, der das Immunsystem stärkt, sodass diese Methode auch erfolgreich gegen häufige Erkältungen eingesetzt wird. Auch die bekannten Wasserkuren von Sebastian Kneipp machen sich diese Wirkung zunutze.

Selbst bei Rückenbeschwerden kann Barfußgehen eine lindernde Wirkung haben, was vielen Betroffenen nicht unbedingt klar ist. Eine gut trainierte Fußmuskulatur federt Stöße beim Gehen oder Rennen viel besser ab und entlastet auf diese Weise Bandscheiben und Gelenke. Bei gezielten Übungen und intensiver Bewegung lösen sich schmerzhafte Wirbelblockaden und Verspannungen. Wie bei einer professionellen Massage der Fußreflexzonen verbessern sich das allgemeine Wohlbefinden und Körpergefühl.

Barfußgehen, aber wie?

Die Frage, ob es richtiges oder falsches Barfußgehen gibt, erscheint im ersten Moment vielleicht überflüssig – es reicht doch, einfach die Schuhe und Socken auszuziehen und loszulaufen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Die durch jahrelanges Schuhetragen verwöhnten Fußsohlen sind empfindlich und haben oftmals noch nicht die nötige Hornhaut ausgebildet, um vor Verletzungen und Überbelastungen geschützt zu sein.

Bei den ersten Barfuß-Expeditionen sollten Sie deshalb unbedingt auf den Untergrund achten, um Schnittwunden durch spitze und scharfe Gegenstände zu vermeiden. Informieren Sie sich auch vorher, ob Ihr Tetanus-Impfschutz noch besteht, und lassen Sie ihn gegebenenfalls auffrischen. Sonst kann sich eine unscheinbare Verletzung infizieren und zu einem Wundstarrkrampf entwickeln. Ein weiteres Risiko stellen Insektenstiche dar, zu denen es schnell kommen kann, wenn Sie unaufmerksam auf eine Biene oder Wespe treten.

Wenn Sie unter Rückenproblemen oder anderen Schädigungen des Bewegungsapparates leiden, sollten Sie vorher einen Arzt oder Physiotherapeuten zurate ziehen. In einigen Fällen kann Barfußgehen bereits bestehende Symptome nämlich weiter verschlimmern. Auch bei Diabetikern und Menschen mit Gefäßerkrankungen ist höchste Vorsicht geboten. Mit diesen Krankheitsbildern geht oftmals eine gestörte Schmerzwahrnehmung einher, sodass Verletzungen und Überbelastungen erst sehr spät oder überhaupt nicht bemerkt werden.

Barfußlaufen im Sport

Für Profis und ambitionierte Freizeitsportler stellt Barfußlaufen eine wirksame Ergänzung zum Lauftraining dar. Beim natürlichen Bewegungsablauf, der sich barfuß automatisch einstellt, liegt die Belastung nämlich auf Vorder- und Mittelfuß – eine Technik, die optimal für Sprint- und Dauerläufe ist. In der Anfangszeit sollten Sie jedoch nicht länger als 15 Minuten barfuß trainieren, da beim Laufen enorme Kräfte auf Füße und Gelenke einwirken. Steigern Sie die Dauer und Intensität Ihres Barfußtrainings langsam und kontinuierlich, laufen Sie nicht nur gesünder, sondern auf Dauer auch schneller.

Ist Ihnen das Barfußlaufen im Gelände zu unangenehm oder birgt eine zu große Verletzungsgefahr, können Sie sich mit Barfuß-Schuhen behelfen. Diese liegen wie eine zweite Haut am Fuß an und sorgen mit einer minimal verstärkten, aber dennoch hochflexiblen Fußsohle für Schutz, ohne die positiven Effekte des Barfußlaufens zu dämpfen.

 

Bild: © koszivu – stock.adobe.com