Ist Lippenherpes ansteckend?

Ist Lippenherpes ansteckend?

Was ist Lippenherpes?

Herpes wird durch die sogenannten Herpes-simplex-Viren übertragen. Die Viren messen zwar nur eine Größe zwischen 90 und 180 Nanometer, haben es aber weit gebracht: Rund 85 Prozent der deutschen Erwachsenen sind mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (Lippenherpes oder labial Herpes) infiziert, etwa 15 Prozent tragen den Herpes-simplex-Virus Typ 2 (Genitalherpes) in sich. Mittlerweile haben Virologen aber auch einen HSV-2 am Lippenherpes festgestellt und andersherum. Wer sich mit einem Typ infiziert hat, ist vor dem anderen nicht bewahrt – ganz im Gegenteil: Häufig liegen sogar beide Virustypen vor.

Trotz der hohen Infektionsrate bricht der Herpesvirus aber nur bei 20 bis 40 Prozent der Träger regelmäßig aus. Eine Erstinfektion verläuft dabei oft ganz ohne Symptome. Allerdings kann es auch vorkommen, dass Fieber, Schüttelfrost und Lymphknotenschwellungen damit einhergehen.

Einmal infiziert kündigt Brennen, Jucken, Spannungsgefühl oder gerötete Haut oftmals einen erneuten Ausbruch an. Typische Symptome für eine ausgebrochene Herpes-Infektion sind dann Geschwüre und Bläschen mit wässriger Flüssigkeit, die Millionen von Viren enthält. Diese bersten nach einigen Tagen aus, der befallene Bereich verschorft – und der Herpes-Virus heilt ab.

Typischer Verlauf von Lippenherpes in sieben Phasen

Der Verlauf von Herpes ist durch sieben Phasen gekennzeichnet, die sich in Dauer und Schweregrad individuell unterscheiden können:

  1. Prodomalphase: Kribbeln, Brennen, Spannungsgefühl, Schmerzen
  2. Erythemphase: gerötete Haut
  3. Papelphase: Entstehung von schmerzhaften Blasen (Papeln)
  4. Vesikelphase: Papeln füllen sich mit Sekret (Vesikeln), das Millionen von Viren enthält und hochinfektiös ist
  5. Ulzerationsphase: Vesikel bricht auf, Wunden nässen
  6. Verkrustungsphase: Krusten und Schorf bilden sich, Juckreiz folgt
  7. Abheilungsphase: Rötungen und Schwellungen heilen narbenlos ab

Herpesbläschen und -geschwüre treten zum Beispiel an folgenden Stellen auf:

  • am und im Mund
  • im Rachen
  • an den Schamlippen
  • am Gebärmutterhals
  • an Vorhaut und Eichel
  • am Penisschaft
  • am Anus
  • im Enddarm

Entwickeln sich die ersten Bläschen, ist ein verantwortungsvolles Handeln seitens der Betroffenen erforderlich, um den Virus nicht auf Mitmenschen zu übertragen – denn dann ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch.

Lippenherpes Ansteckungsgefahr

Wie kann man sich mit Lippenherpes anstecken? Der Herpesvirus überträgt sich durch die ansteckende Flüssigkeit aus den Bläschen und Geschwüren. Vorsicht ist selbst dann noch geboten, wenn die Infektion mit Lippenherpes scheinbar ausgeheilt ist. Meistens ist das nach etwa sechs bis zehn Tagen der Fall. Aber auch dann halten sich manchmal noch Viren in den infizierten Bereichen der Haut oder auf der Schleimhaut auf. Je nach betroffener Stelle, können sich die Betroffenen erneut oder andere über Speichel-, Vaginal- oder Prostatasekret anstecken.

Die fünf häufigsten Ansteckungsmöglichkeiten für Lippenherpes

1. Lippenherpes durch direkten Speichelkontakt übertragen

Küssen verboten? Leider ja – denn wer mit dem Herpes-Virus infiziert ist, kann andere durch direkten Körperkontakt mit der Flüssigkeit anstecken. Das geschieht zum Beispiel relativ schnell, wenn die Bläschen beim intensiven Küssen aufplatzen.

2. Mit Lippenherpes durch gemeinsames Nutzen von Gläsern infizieren

Auch eine sogenannte Tröpfchen- oder Schmierinfektion kann zur Ansteckung führen. Das kann beispielsweise passieren, wenn sich Betroffene mit jemandem ein Glas teilen oder aus einer gemeinsamen Flasche trinken. Auch ein Lippenpflegestift sollte nicht gemeinschaftlich genutzt werden, denn auch er kann die Infektion verbreiten.

3. Lippenherpes kann Entzündungen am Auge herbeiführen

Hat man die Flüssigkeit aus den Lippenbläschen erst an den Fingern, können sich die Herpesviren überall dort verbreiten, wo Schleimhäute offen liegen. Aber auch am Auge haben sie leichtes Spiel. Fassen sich Betroffene erst an die Bläschen und dann ans oder ins Auge, kann das zu einer Horn- und Bindehautentzündung führen. Es ist bei Lippenherpes also grundsätzlich ratsam, sich – so gut wie möglich – nicht ins Gesicht zu fassen.

4. Lippenherpes über die Wäsche übertragen

Lippenherpes kann nicht nur durch das gemeinsame Nutzen von Gläsern übertragen werden. Menschen können sich auch durch das Tragen von infizierten Kleidungsstücken untereinander mit Herpes anstecken. Selbst eine 40-Grad-Wäsche überleben die hartnäckigen Herpesviren auf Textilien, das hat eine Studie des Instituts für Hygiene und Biotechnologie (Hohenstein) gezeigt. Demnach ist die Membran zwar geschädigt, auch sind die Viren nicht mehr so ansteckend, aber ein geringes Risiko bleibt bestehen. Daher sollten Erkrankte z.B. keine Handtücher mit anderen teilen und Textilien immer bei 60 Grad waschen.

5. Mit Lippenherpes durch Oralverkehr anstecken

Lippenherpes ist ansteckend über die Genitalien: Durch Oralsex kann Lippenherpes auch auf die Genitalien beim Mann oder bei der Frau übertragen werden und zudem den After befallen. Gleiches gilt umgekehrt: Auch Genitalherpes kann durch Oralverkehr auf den Mund- und Rachenraum übergehen.

Wer ist besonders anfällig für Herpes?

Schwangere, Kleinkinder und Personen mit einem generell geschwächten Immunsystem sind besonders anfällig für eine Ansteckung mit dem Herpesvirus. Die meisten Menschen infizieren sich daher schon als Kinder mit Herpes – ein kleiner Kuss von einem Lippenherpes-Erkrankten reicht dafür meist schon aus. Die Erreger suchen sich ihren Weg durch Haut- und Schleimhautläsionen und siedeln sich zunächst in der Umgebung des Mundes an. Von dort aus gelangen sie dann über die Nervenbahnen hin zu den Nervenknoten, wo sie oft jahrelang verbleiben, ohne weitere Beschwerden auszulösen. Bei Lippenherpes vom Typen HSV-1 sitzt der Nervenknoten (Ganglion) nahe der Schläfe – dem Trigeminusganglion, Aufenthaltsort und Depot der viralen DNA. Der meist für den Genitalherpes verantwortliche HSV-2 ist am Ganglion entlang des Rückenmarks vorzufinden. Er zieht sich häufig in die Lenden- und Kreuzbahnregion zurück. Sind die Erreger einmal in der DNA angelangt, kann der Herpesvirus jederzeit wieder ausbrechen. Die Viren vermehren sich nach der ersten Infektion rasant.

Ist Lippenherpes während der Schwangerschaft für das ungeborene Baby ansteckend?

Schwangere Frauen können Ihr ungeborenes Baby im Mutterleib nicht mit Lippenherpes anstecken. Sie sollten aber darauf achten, dass sich der Virus nicht auf den Genitalbereich ausbreitet, denn sonst könnte sich das Baby während der Geburt mit dem Herpes-Virus infizieren. Ärzte empfehlen in einem solchen Fall oft einen Kaiserschnitt, denn eine Infektion mit Herpes kann für das Neugeborene tödlich enden. Zudem wird Schwangeren, die bereits einen Genitalherpes hatten, empfohlen – auch wenn dieser bereits ausgeheilt ist -, ihren Arzt oder ihre Ärztin darüber in Kenntnis zu setzen.

Kann Herpes andere Virusinfektionen begünstigen?

Die Herpesbläschen und -geschwüre können das Risiko einer Infektion mit dem HI-Virus erhöhen. Das liegt zum einen daran, dass die Schleimhäute sozusagen offen liegen und für den HIV frei zugängig sind. Zum anderen greift der HI-Virus Immunzellen an, die durch den Herpes in die betroffenen Bereiche wandern. HIV hat daher bei Herpes-Betroffenen grundsätzlich ein leichteres Spiel.

Eine Übertragung von HIV durch Lippenherpes beim Küssen ist allerdings eher unwahrscheinlich, da die Wundflüssigkeit der Herpesbläschen durch den Speichel in der Regel zu sehr verdünnt wird, um das HI-Virus übertragen zu können. Anders verhält es sich aber beim passiven Oralverkehr. Wenn ein sichtbarer Tropfen Blut oder Wundflüssigkeit auf die Schleimhaut gelangt, besteht ein Risiko. Beim einmaligen Schleimhautkontakt mit der Wundflüssigkeit eines HIV-positiven Menschen ist dieses Risiko jedoch vergleichsweise gering. Das statistische Risiko einer Infektion liegt bei etwa 1 zu 99.

Was löst Lippenherpes immer wieder aus?

Wie oft der Lippenherpes ausbricht, ist individuell verschieden: Bei manchen Betroffenen ist das alle drei bis sechs Wochen der Fall, bei anderen tritt der Herpes nur einmal im Jahr oder noch seltener auf. Was die Viren immer wieder aufruft, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Grundsätzlich macht es ein geschwächtes Immunsystem den Viren einfacher, aus den Ganglien über die Nervenbahnen an die Hautoberfläche zu gelangen.

Fieber, Stress, Reizungen im Mundraum oder Eingriffe beim Zahnarzt können Lippenherpes begünstigen. Auch Sonnenlicht, Klimawechsel oder hormonelle Veränderungen (zum Beispiel Menstruation oder Schwangerschaft) können Auslöser sein. Lebensmittelallergien stehen ebenfalls damit im Zusammenhang. Wenn jemand zum Beispiel gegen Nüsse allergisch ist, kann nach dem Genuss der Hülsenfrüchte ein erneuter Herpesausbruch folgen.

Warum ist es so wichtig, bereits beim ersten Kribbeln zu reagieren?

Wer einmal Lippenherpes hatte, spürt genau, wann es wieder so weit ist. Leichtes Kribbeln und Jucken sind meist die Vorboten der lästigen Bläschen und Geschwüre. Zu sehen ist zu diesem Zeitpunkt von außen meist noch nichts, maximal eine leichte Rötung. Jedoch beginnen die Viren jetzt mit ihrer Arbeit. Sie vermehren sich rasant, weshalb sie so früh wie möglich gestoppt werden sollten. Am besten wird schon beim allerersten Kribbeln ein Mittel gegen Lippenherpes eingesetzt und danach alle zwei Stunden (wie in klinischen Studien getestet) aufgetragen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist die Anzahl der zu bekämpfenden Viren noch relativ gering und die Wahrscheinlichkeit, die Lippenbläschen zu verhindern, am größten.

Was hilft gegen Lippenherpes?

Zahnpasta, Alkohol oder Essig – es gibt unzählige Hausmittel, bei denen aber grundsätzlich zur Vorsicht geraten ist. Diese Mittel trocknen die Haut zwar aus, wodurch man den Eindruck hat, sie würden die Infektion lindern. Allerdings platzen dadurch die Krusten immer wieder auf und der Heilungsverlauf verlängert sich. Durch die aufgeplatzten Stellen haben andere Erreger und Bakterien zudem leichteres Spiel. Auch von ätherischen Ölen wie Teebaumöl oder Zimtaldehyd ist eher abzuraten, denn sie können Allergien auslösen und reizen die Haut.

Um den Ausbruch von Lippenherpes zu verhindern oder einen bereits ausgebrochenen Herpes schneller zu heilen, ist eine Lokaltherapie mit wirksamen Salben oder Cremes am besten geeignet. Die wichtigsten Substanzen in der Selbstmedikation sind bei Lippenherpes nach dem Leitfaden der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) bewährte Virustatika. Damit sind Arzneimittel gemeint, die hauptsächlich zur Behandlung von Infektionskrankheiten verwendet werden – in diesem Fall die insbesondere Nukleosid-Analoga Penciclovir und Aciclovir. Beide haben ihre Wirksamkeit in Studien unter Beweis gestellt. Allerdings ist gerade in Bezug auf Lippenherpes auch von einem Placeboeffekt die Rede. Laut Studien beträgt dieser teilweise bis zu 40 Prozent. Es kann also sein, dass auch eine einfache Basiscreme mit einem pflanzlichen Extrakt die Heilung fördert.

In Deutschland gibt es zur Lokaltherapie verschiedene Arzneimittel mit:

  • Aciclovir (zum Beispiel Zovirax)
  • Penciclovir (Fenistil Pencivir),
  • Melissenextrakt (zum Beispiel Lomaherpan)
  • Zinksulfat (zum Beispiel Virudermin)
  • Zink-Heparin-Kombinationen (zum Beispiel Lipactin)

Neben den Salben sind heute auch unsichtbare Pflaster erhältlich, die auf die bereits ausgebrochenen Herpesbläschen geklebt werden (zum Beispiel Herpesbläschen-Patch Compeed). Das Pflaster soll die Wunde feucht heilen und so Schorfbildung vorbeugen.

Dann ist der Gang zum Arzt erforderlich

Herpes ist grundsätzlich nicht gefährlich – selbst dann nicht, wenn er mehrmals im Jahr ausbricht. Treten aber zu den typischen Symptomen wie Bläschen auch Fieber oder starke Schmerzen auf, sollte ein Arzt zurate gezogen werden. Bei stark immungeschwächten Menschen kann es zu schwerwiegenden Verläufen mit Befall der inneren Organe oder des Gehirns kommen und der Herpes kann lebensbedrohlich werden. Ebenso ist der Gang zum Arzt zu empfehlen, wenn die Lippenpartie großflächig befallen ist. Wenn Betroffene bei einem bestehenden Lippenherpes das Gefühl haben, als hätten sie einen Fremdkörper im Auge und es juckt, dann heißt es ebenfalls: ab zum Arzt! Denn dann kann es sein, dass das Virus sich an den Augenpartien eingenistet hat (herpetische Keratokonjunktivitis). Neben einer Binde- und Hornhautinfektion kann das zu bleibenden Schäden am Auge führen.

Zehn Tipps für Herpes-Geplagte

  1. Achten Sie auf erste Anzeichen, wie Kribbeln und Jucken! Sobald Sie die ersten Symptome bemerken, sollten Sie reagieren.
  2. Halten Sie ein wirksames Herpespräparat immer griffbereit. Testen Sie am besten verschiedene Cremes und Salben. So sehen Sie, welches Präparat schnell bei Ihnen wirkt. Hausmittel sollten Sie vor allem bei akutem Lippenherpes besser vermeiden.
  3. Tragen Sie das Präparat umgehend auf, wenn Sie ein erstes Kribbeln merken und dann regelmäßig alle zwei Stunden. So geben Sie den Viren keine Chance, sich weiter zu vermehren!
  4. Waschen Sie sich mehrmals am Tag die Hände, vor allem wenn Sie die Bläschen berührt haben. Um die Creme aufzutragen, benutzen Sie am besten ein Wattestäbchen oder etwas Ähnliches.
  5. Betroffene Stellen sollten Sie nicht berühren, diese aufkratzen oder die Kruste entfernen. Die Bläschen auf gar keinen Fall aufstechen, denn dann kann sich die Flüssigkeit mit den Viren weiter verteilen.
  6. Teilen Sie keine Tassen, Gläser, Handtücher und grundsätzlich nichts mit ihren Mitmenschen, das Sie mit Ihren Lippen berührt haben. So verhindern Sie, dass Sie andere anstecken.
  7. Wechseln Sie Ihre Zahnbürste und waschen Sie Ihre Handtücher bei mindestens 60 Grad, um die Viren zuverlässig abzutöten.
  8. Verzichten Sie während der akuten Phase auf Küsse – das gilt auch für Eltern und ihre Babys.
  9. Reiben Sie sich nicht in den Augen! Es kann sein, dass Sie zuvor unbewusst die Bläschen berührt haben und die Flüssigkeit in die Augen bringen. Kontaktlinsen nur mit vorher gewaschenen und desinfizierten Händen einsetzen.
  10. Ganz gleich, ob in den Bergen oder am Meer: Cremen Sie Ihre Lippen mit einem UV-Schutz-Lippenpflegestift ein!

 

Bild: © puhhha – stock.adobe.com