Faszientraining – effektiv bei Schmerzen und Verspannungen

Faszientraining – effektiv bei Schmerzen und Verspannungen

Die Ursache und Lösung für Zivilisationskrankheiten wie Rückenschmerzen, Nacken- und Schulterverspannungen oder Schmerzen in Armen und Händen könnte in den neuerdings vieldiskutierten Faszien begründet liegen.

Robert Schleip („Fascia Research Group“, Neurophysiologie Universität Ulm), der moderne Pionier der derzeit vielbeachteten Faszien-Forschung schätzt, dass bei rund 90% der Bevölkerung die Faszien nicht in optimalem Zustand sind. Das heißt, viele Menschen könnten mithilfe von Faszientraining bzw. Faszienbehandlung möglicherweise endlich schmerzfrei und entspannt werden. Mit dieser Aussicht lohnt es sich, tiefer in dieses Thema einzutauchen.

Was sind Faszien und wie funktionieren sie?

Die Faszien (Faszie, lat. für „Band“,„Bündel“) sind ein sehr reißfestes, kollagenreiches Gewebe, durch das Lymphflüssigkeit fließt und welches einen Millimeter bis hin zu mehreren Zentimetern dick sein kann. Die Faszienhaut ist die „Hülle“ unserer Muskeln, Gelenke, Sehnen, Bänder und Organe – eine Gewebehaut, die sämtliche Strukturen des Körpers umschließt und beweglich an ihrem Platz hält. Jeder hat diese Bindegewebsart schon einmal gesehen­ – die weißen Häutchen, die man bei der Fleischzubereitung entfernt, sind nichts anderes als Faszien.

Die fünf großen Faszien (siehe Abb.) stützen unsere Physiognomie und halten unsere Bewegungen geschmeidig. Die Faszie könnte man so als neu entdeckte Heldin unseres Körpers bezeichnen, als das Band, das alles zusammenhält. Das Faszien-Bindegewebe ist je nach Funktion an unterschiedlichen Stellen im Körper von unterschiedlicher Beschaffenheit:

Die drei Arten von Faszien

Bei den Faszien unterscheidet man die folgenden 3 Arten:

  • Oberflächliche Faszien: Befinden sich direkt unter der Haut, eher lockeres Binde- und Fettgewebe, auch als Puffer zwischen Organen und Knochen, durchzogen von Nerven und Blutgefäßen.
  • Tiefe Faszien: Durchlaufen Muskeln, Gelenke und sogar Knochen, verhindern beispielsweise, dass verschiedene Muskelfasern aneinander reiben. Alle äußeren Nervenenden laufen hier zusammen. Sie besitzen Rezeptoren, die Temperatur, chemische und mechanische Reize wahrnehmen können und diese Faszien so zu einem Sinnesorgan machen, das unsere Körperwahrnehmung beeinflusst.
  • Viszerale Faszien: Fixieren und schützen die Organe. Hirnhaut und Bauchfell sind beispielsweise viszerale Faszien.

Unser Bindegewebe als Quelle von Schmerzen

Durch die Omnipräsenz der Faszien wirkt sich ihre Gesundheit stark auf die Gesundheit unseres Körpers aus. Manche Osteopathen sind der Überzeugung, dass 90% aller Schmerzen aus dem Bindegewebe stammen oder genauer auf das Muskel-Sehnen-System – also die Faszien zurückzuführen sind.

Machen wir keinen Sport oder betätigen uns nur sehr einseitig, verklebt das Fasziengewebe zu einer verdickten Masse. Sie verliert ihre elastische und gleitfähige Eigenschaft und beginnt zu schmerzen. Die Faszien verkürzen sich, Nerven können eingeklemmt werden, wir werden steif. Solange das muskeldynamische Gleichgewicht gestört ist, reagiert der Körper mit Schmerz. Doch all dies kann mit den richtigen Bewegungen wieder „gesund-trainiert“ werden. So kann die moderne Faszientherapie ein gefühltes Allheilmittel sein.

Welche Faszien lösen oft Schmerzen aus?

An manchen Stellen im Körper ist die Fasziendichte sehr hoch, beispielsweise an Schultern, Becken, Hüfte und Oberschenkel. Hier können Verspannungen so besonders häufig vorkommen. Auch eher stärkere Faszienstränge, wie beispielsweise die Lumbal-Faszie des Rückens sind betroffen –  Schmerzen an dieser Stelle werden häufig mit der Bandscheibe in Verbindung gebracht. Hier lohnt sich oft eine Überprüfung.

Neueste Forschungen an der Universität Heidelberg haben ergeben, dass Fasziengewebe sogar autark agieren kann, ja beinah ein zusätzlicher Sinn ist. Das heißt, es zieht sich selbstständig zusammen, sobald Stresshormone ausgeschüttet werden – dies erklärt, dass wir in Stresssituationen einen verspannten Nacken und begleitende Kopfschmerzen bekommen, obwohl diesem Schmerz keine ungesunde Bewegung vorausgegangen ist.

Warum werden die Faszien erst jetzt entdeckt?

Entdeckt wurden die Faszien bereits vor einigen hundert Jahren von den ersten Anatomen, doch dem Gewebe konnte keine Funktion zugeordnet werden. Faszien wurden bislang also zwar wahrgenommen aber in ihrer Bedeutung nicht annähernd erfasst. Auf vielen medizinischen Zeichnungen sind sie nicht einmal dargestellt und bei Operationen wird das Gewebe meist großzügig  weggeschnitten, zur Seite geschafft, was laut Professor Carla Stecco von der Universität Padua verheerende Folgen für den Patienten haben kann. Stecco spricht von regelrechten „Bindegewebs-Mauern“, die durch Narben errichtet werden und noch Jahre später für Probleme sorgen können.

In der Geschichte der Medizin mussten scheinbar sichere Annahmen über den menschlichen Körper schon häufig revidiert werden. Das meistunterschätzte Organ unserer Zeit ist nun die Faszie.

Die moderne Faszienforschung

Die heutige Faszienforschung ist ungefähr 20 Jahre alt. Dr. Stephan Geisler, Sportwissenschaftler der IST-Hochschule Düsseldorf vermutet, dass medizinische Geräte erst heute ausgereift genug sind, um die Faszien am lebenden Körper zu untersuchen. Dies ist zum Beispiel mit einem neuen, speziellen Ultraschallgerät möglich.

Erst seit ein paar Jahren gibt es Treffen von Vertretern unterschiedlicher Fachrichtungen, die dem Wissensaustausch dienen. Die westliche Schulmedizin hat jahrhundertelang keinen Austausch mit anderen Bereichen gesucht. Sogenannte „Schmerzpatienten“, die oft nur mit Medikamenten abgespeist werden, sind bisher die Leidtragenden dieser Herangehensweise.

Faszientherapie – Eine Lösung für Schmerzpatienten?

Der Körper ist nur als Summe seiner Teile zu verstehen – und genau hier setzt die Faszientherapie an.

Natürlich nicht jedes Leiden, aber doch sehr viele können durch eine Behandlung des Fasziengewebes gelindert, wenn nicht sogar geheilt werden. Vor allem wenn einem Problem Operationen zugrunde liegen, die Faszien beschädigt oder gar durchgeschnitten wurden, wodurch sogenannte Narbenschmerzen entstehen, bei Schmerzen die sich über eine größere Fläche als die einer Hand ziehen und Spannungs- bzw. Druckschmerzen in den Regionen der stärksten Faszienbahnen im Körper, liegt ein Problem mit den Faszien nahe.

Doch auch hier ist ein Blick aufs Ganze vonnöten. Da die Bindegewebsstrukturen, die in unserem Körper alles zusammenhalten untereinander verbunden sind, kann ein Schmerz, der im Oberschenkel sitzt auch ein Ausstrahlungsschmerz der tieferen Faszien um die Bauchorgane sein. Ebenso verhält es sich mit Schmerzen in der Schulter, die von einer veränderten Waden-Faszie rühren können.

Was ist neu?

Endlich gibt es eine wissenschaftliche Erklärung dafür, dass Yoga, Akupunktur und Osteopathie helfen, Beschwerden zu lindern oder sogar zu heilen. Die  osteopathische Denkweise ist beispielsweise stark von der Annahme geprägt, dass alle Muskelfasziensysteme des Körpers miteinander verbunden sind.

Man weiß nun auch um die geheimnisvolle Wirkung der Dehnung des Fasziengewebes, das beim Yoga und unter der Haut auch bei der Akupunktur stattfindet. Dieses saugt sich nach dem Druck der Dehnung von Neuem mit Flüssigkeit voll und gesundet so. Faszien reagieren auf Druck oder Zug wie kleine Schwämme. Sie werden „ausgepresst“, wässrige Lymphe entweicht aus dem Gewebe, fließt ab und bei Druckreduktion fließt sofort neues und mehr Wasser nach, was die Faszienstränge mithilfe der mittransportierten molekularen Bausteine wieder geschmeidig macht und neu aufbaut.

Als Ursache vieler Beschwerden wird angenommen, dass Faszien verklebt und verhärtet sind. Optimal funktionierende Faszien sind mit sehr viel Flüssigkeit gefüllt und nicht verklumpt – dies erklärt auch, warum ältere Menschen zunehmend unbeweglicher werden. Ihr Gewebe verliert mit der Zeit an Flüssigkeit und durch den zusätzlichen Mangel an Bewegung verkleben die Faszien immer mehr, bis der Mensch steif und unbeweglich wird. Dies führt bis hin zur Entwicklung von Schmerzen bei den kleinsten Bewegungen. Ganz davon abgesehen haben auch schon viele junge Menschen, die tagtäglich am Schreibtisch sitzen diese Beschwerden.

Wie verkleben Faszien genau?

Durch die Faszienstränge wird, wie bereits erwähnt, die Lymphflüssigkeit transportiert. Abfallprodukte der Zellen werden so abgeführt und wichtige Nährstoffe zu den Zellen geleitet.  Alle Bewegungen – vor allem Dehnungen – unterstützen diesen Transport. Doch durch physisch oder psychisch bedingte Muskelverspannungen kann der Lymphfluss stark beeinträchtigt werden. Ein großes Problem hierbei ist, dass die Lymphe unter anderem auch den Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen transportiert. Dieser Stoff liegt eigentlich gelöst vor. Allerdings reichert er sich bei einem Stau an einem Punkt im Gewebe an und wird durch Adenosintriphosphat, das durch Muskelspannung freigesetzt wird, zu Fibrin umgewandelt. Fibrin, dazu gedacht Wunden zu verschließen, ist sehr zäh und verklebt nun das umliegende Fasziengewebe (Studien hierzu  wurden von Prof. Dr. med. K. Paulini an der Universität Ulm durchgeführt).

Verklebte Faszien kann man jedoch einfach behandeln lassen und teilweise sogar selbst behandeln. Ein guter  Therapeut kann den ursprünglichen Zustand des Fasziengewebes wiederherstellen. Die Lösung und so gesehen sogar ein „Jungbrunnen“ ist also die Instandhaltung oder Wiederherstellung der gesunden Faszien. Bewegung, Druck und Dehnung sind die Schlüssel zu einem schmerzfreien und voll beweglichen Dasein, das wir uns alle wünschen.

Faszientraining gegen Schmerzen und Verspannungen

Es klingt fast zu schön um wahr zu sein, doch es besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass diffuse Schmerzen, die durch einfache Physiotherapie und die klassische Schulmedizin bisher nicht zu beheben waren, ihren Ursprung in suboptimalen Faszienlaufbahnen haben. Diesem Problem gilt es nun entgegenzuwirken – mit Faszientraining zuhause oder beim Therapeuten.

Einfaches Faszientraining: Was hilft schnell und nebenbei?

Während wir einen Großteil unserer Zeit oft in Büros verbringen, liefert die  Natur die besten Möglichkeiten zur Selbsttherapie und Gesunderhaltung: Barfuß auf unebenem Terrain zu laufen, über Hindernisse klettern und springen bringt die Lymphflüssigkeit  in den Bindegewebszellen  zum Fließen. Auch federnde Bewegungen wie Tanzen und Hüpfen machen die Faszien wieder elastisch.

Durch die richtige Behandlung der Faszien kann schon innerhalb von drei Tagen eine dauerhafte Besserung eintreten: Prof.Carla Stecco (Universität Padua) spricht von einer Regenerationszeit von 72 Stunden, die Fibrolasten benötigen, um neues Kollagen zu produzieren und verfilzte Faszienketten auf molekularer Ebene zu lösen.

Wer die Genesung auch über die Ernährung unterstützen möchte, kann organisches Silizium als kleinen Helfer für neu aufgebaute Faszien einnehmen. Im Folgenden werden die verschiedenen Therapiemethoden für ein gezieltes Training der Faszien vorgestellt.

Effektives Faszientraining – daheim, im Studio oder mit dem Therapeuten

Die Faszien können bis zu einem bestimmten Grad mit speziellen Übungen – mit oder ohne Geräte ganz einfach zuhause im Wohnzimmer trainiert und rehabilitiert werden. Auch im Fitnessstudio empfiehlt sich eine Behandlung der Faszien vor und nach dem eigentlichen Training. Hierfür werden in vielen Studios bereits Massagerollen zur Verfügung gestellt. Bestehen schon länger schmerzhafte Veränderungen im Gewebe und es geht nicht mehr um bloßes Training oder kurzfristige Schmerzlinderung, ist ein Therapeut gefragt.

Faszientraining – mit und ohne Hilfsmittel

Um chronische Schmerzen zu lindern oder das Bindegewebe fit fürs Training zu machen, müssen die Schmerzpunkte (Triggerpunkte) im Gewebe ausgeschaltet, die Körperspannung reguliert und der Lymphaustausch im Gewebe angeregt werden. Dies alles lässt sich mit wenig Aufwand selbst bewerkstelligen.

Übungen mit der Faszienrolle

Bindegewebe oder Faszien im Bein stärken mit Faszienrolle

Mit einer „Faszienrolle“ – nach dem Original auch „blackroll“ genannt –  können einzelne Körperbereiche gezielt massiert werden. Auch der Laie kann hier eigentlich nichts falsch machen, sofern er starke Schmerzsignale nicht ignoriert. Generell gilt:

  • Optimal sind täglich 10 min Training – die Regelmäßigkeit führt den gewünschten Effekt relativ schnell herbei.
  • Am besten langsam rollen – bei verhärteten Stellen kurz innehalten.
  • Keine Schmerzüberreizung herbeiführen – starker Schmerz bewirkt das Gegenteil des eigentlichen Ziels
  1. Auf den Rücken legen, die Rolle liegt auf Höhe des (gedachten) BH-Verschlusses unter dem Rücken. Hände hinter dem Kopf falten, Beine aufstellen, dann langsam und so entspannt wie möglich vor und zurück rollen (Knacken ist erlaubt).
  2. Auf den Bauch legen, Arme angewinkelt vor dem Kopf auf den Boden aufstützen, Hände falten. Die Rolle befindet sich unter den Oberschenkeln der ausgestreckten Beine. Langsam vor und zurück rollen. Dasselbe ist auch seitlich möglich
  3. Mit hinter dem Rücken aufgestützten Armen auf die Rolle sitzen und mit ausgestreckten Beinen vor und zurück rollen. Für die Behandlung der Gesäßmuskulatur ein Bein über das andere schlagen – das verstärkt den Druck.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten des Faszientrainings

Neben der Beseitigung von Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, was wohl das dringlichste Ziel des Faszientrainings ist, umfasst der Wirkbereich des Bindegewebstrainings noch ein weitaus größeres Spektrum an Möglichkeiten.

Faszientraining für Sportler

Sportler profitieren besonders vor und nach dem Training vom positiven Effekt des gelösten Bindegewebes. Durch die Übungen mit und ohne Rolle wird die Sauerstoffversorgung des Bluts und somit die Nährstoffversorgung der Muskeln stark gefördert. Die Faszien sind geschmeidiger und besser durchblutet. Hierdurch regeneriert sich der Körper schneller und Muskelkater (welcher durch kleinste Risse in den Faszien entsteht) wird vorgebeugt.

Faszientraining für straffere Haut

Fließt die Lymphe unter der Haut nicht richtig ab, entstehen Staus und wabbelige Gewebestrukturen, die auch nach oben hin sichtbar werden. Durch das Anregen dieses Flusses wirkt die Haut glatter und straffer.

Faszientraining gegen Cellulite und Orangenhaut

Auch Cellulite entsteht teilweise durch stark geminderte Blutzirkulation und Einlagerung von Fettzellen aufgrund von Gewebestauungen. Diese werden durch die Behandlung mit einer Faszienrolle aufgelöst- die Haut wirkt geglättet.

Jünger wirken durch Faszientraining?

Wie kann uns ein Training der Bindegewebsstrukturen verjüngen? Ganz einfach: Nicht umsonst verbinden wir Jugend und Vitalität mit fließenden und agilen Bewegungen. Wir können als jünger wirken, wenn wir unseren Bewegungsapparat fit halten. Faszientraining dient aber nicht nur als Verjüngungskur, sondern auch als Steigerung von Koordination und Elastizität.

Hilfsmittel & Tipps für das Faszientraining zuhause

„Foam-Roll“ / „Blackroll“

Harte Schaumstoffrolle, teilweise mit Einkerbungen oder Wellenstrukturen, in kurz und lang, dünn und dick erhältlich.

Nadelroller

Kleiner Massageroller, teilweise aus Metall mit frei beweglichen Einzelrollen. Zum problemlosen Erreichen von Nacken, Armen und Schultern. Kann leicht transportiert werden.

 “Fascia-ReleaZer®” / „The Stick®“

Es handelt sich hier um längere Stäbe, die in sich elastisch und mit schmalen Rollen ausgestattet sind. Auch diese Geräte sorgen für sofortige muskuläre Entspannung. Trainingsreize werden so besser verarbeitet. Sie helfen dabei, schnell schmerzhaft verspannte Triggerpunkte aufzuspüren und können sie beseitigen.

„Blackroll mini®“

Vor allem für die Behandlung der Fußsohlen. Auf ihnen lastet unser ganzes Gewicht und es gibt auch hier viel zu lösen.

Springseil / Trampolin

Sprünge und federnde Bewegungen sind optimal weil sie die gesamten faszialen Strukturen im Verbund erfassen.

Alltagstipps für die Faszien

Auch spielerische Übungen, wie leicht federndes Treppensteigen, eine Türklinke mit dem Fuß herunterdrücken oder die Schuhe mit hoch angewinkeltem Bein zu binden, lassen sich leicht in den Alltag integrieren. Immer in Bewegung bleiben – Treppe statt Lift, Rad statt Bus.

Yoga für die Faszien

Yoga: langgehaltene Dehnübungen (bspw. das umgekehrte V) können laut neuer Forschungsergebnisse die Struktur der Faszien dauerhaft  verändern. Die Dehnung regt die Bildung von neuem Kollagen an und senkt die Gewebespannung.

Die 5 besten Übungen aus dem Faszientraining für zuhause und ohne Faszienrolle

Fibrolastenzellen bilden neues Bindegewebe. Die Fibrolastenbildung wird angeregt durch die folgenden Übungen:

1. Faszienübung: Wirbelsäule stärken

  • Aufrechte Stellung einnehmen, die Beine hüftbreit auseinander stellen.
  • Die Knie leicht beugen, die Hände dürfen Sie oberhalb des Knies auf dem Oberschenkel abstützen.
  • Jetzt machen Sie im Stehen einen Katzenbuckel und strecken dann den Rücken wieder.
  • 10 Wiederholungen

2. Faszienübung: „Fliegendes Schwert“ („Flying Sword“)

  • Einfach vornübergebeugt mit den Armen über dem Kopf auf- und abschwingen.

Noch effektiver ist diese Faszienübung mit einem länglichen Gewicht, das gut in der Hand liegt wie eine Handhantel, einer 0,5 l Wasserflasche oder einen Stock. Wichtig ist, dass Sie mit wenig Gewicht arbeiten:

  • Packen Sie das Handgewicht mit beiden Händen und schwingen es über den Kopf nach hinten, um danach eine Peitschenbewegung auszuführen.
  • Während die Arme noch nach hinten schwingen, neigen sich Beine und Becken schon leicht nach vorne.
  • Achten Sie darauf, ein Hohlkreuz zu vermeiden.
  • Ca. 60 Sekunden lang die imaginäre Peitsche schwingen.

3. Faszienübung: Übungsabfolge nach Dr. Schleip:

  1. Starten Sie mit einer leichten Dehnung gegen die Körperachse, als ob Sie ihren Körper auswringen würden. Spüren Sie die elastische Rückfederung.
  2. Machen Sie federnde aber keine ruckartigen Bewegungen – beispielsweise ein Hüpfen, das ein Abrollen und Abfedern mit den Fußspitzen und Fersen miteinbezieht.
  3. Nun folgt eine Dehnung- und zwar nicht von einzelnen Körperpartien, sondern unter Einbezug langer, myofaszialer Ketten. Das heißt, dass der komplette Körper gedehnt wird. Hierbei sollten Winkel und Bewegungsrichtung immer wieder variiert werden, so werden große Faszienverbindungen aktiviert. Perfekt hierfür ist der sogenannte:

4. Faszienübung: „Elephant walk“

Aus dem Stand heraus nach unten in ein umgekehrtes V beugen – Arme und Beine bleiben gestreckt. Dann geht man mit den Händen langsam nach vorne. Die Füße folgen, sobald der Körper sich einer Streckung annähert.

5. Faszienübung: Hüpfer

  • Stellen Sie sich aufrecht hin, die Füße stehen hüftbreit auseinander und parallel zueinander.
  • Anschließend federn Sie sich mit Ihren Füßen leicht auf und ab – nicht wirklich hüpfen, aber fast.
  • Die Arme dürfen dabei mitschwingen, einmal vor und zurück, rauf und runter sowie seitwärts.
  • Ca. 2 Minuten lang hüpfen.

6. Faszienübung: Eidechse

  • Gehen Sie in den Vierfüßlerstand und nehmen Sie eine Position ein als wollten Sie Liegestützen machen.
  • Jetzt den rechten Arm und das linke Bein nach vorne setzen – auf diese Weise vier Mal nach vorne „gehen“ und dann wieder vier Schritte zurück.
  • Sie dürfen sich dabei ruhig lang ziehen, also so weit strecken wie es geht.
  • 2 Mal durchführen.

Wenn Sie diese Übungen regelmäßig ausführen, dann werden Sie schon bald erste Änderungen verspüren. Versuchen Sie auch immer wieder bewusst in Ihren Körper hinein zu fühlen, um zu prüfen, ob sich da wirklich etwas getan hat. Und denken Sie bitte daran: Faszientraining dient nicht in erster Linie der Kalorienverbrennung und Gewichtsreduzierung, sondern der Gesundheit, Entspannung und Koordinationssteigerung. Viel Spaß dabei!

Tiefliegende Faszien lösen durch professionelle Behandlung beim Therapeuten

Selbsttherapie kann vor allem die oberflächlichen Faszien lösen. Bei stärkeren „Verfilzungen“ der tieferliegenden Faszien sollte man jedoch zum Spezialisten gehen.

Wenn die regelmäßige Faszien-Selbstbehandlung am gefühlten Ursprungsort des Schmerzes also nach wenigen Tagen keine Linderung verschafft, kann ein Osteopath oder ausgebildeter Faszientherapeut helfen. Es gibt verschiedene Therapieformen, die alle auf die Behandlung der Faszien abzielen:

  • Rolfing: Bindegewebsmassage. Botenstoffe werden freigesetzt, die Schmerzen und Entzündungen im Bindegewebe lindern können.
  • FDM-Faszien Distorsions Modell: Konzept aus der Osteopathie mit Fokus auf Verdrehungen im Bindegewebe.
  • Faszienbehandlung nach Typaldos: Handgriffe, die Verformungen von Faszien beheben.
  • Faszientherapie nach Danis Bois: Geistig begründete Faszientherapie im Zusammenhang mit perzeptiver Pädagogik – Fokus liegt auf dem Körpergefühl.
  • Senmotic Therapie: Ebenfalls manuelle Therapie in drei Schritten: Lösung von hartnäckigen Blockaden- Ursachenbehebung von Fehlhaltungen- stellt die Wirkung auf das Nervensystem und das Denken heraus.
  • Myofasziale Therapie (myofascial release): Eine Tiefengewebstechnik, bei der eine Neuausrichtung der Körperstrukturen im Zentrum steht. Vor allem bei chronischen Schmerzen, zur Auflösung stereotypischer Bewegungsmuster und zur Deblockierung von Gelenken sehr wirksam.
  • Counterstrain/ met / myofasziale Release-Techniken bei Fibromyalgie: Die Krankheit wird auch als „Weichteilrheumatismus“ bezeichnet. Das Krankheitsbild „Fibromyalgie“ ist vielfältig und noch schlecht zu diagnostizieren und einzuordnen.  Es betrifft meist Frauen im mittleren Alter und wird diagnostisch an der Empfindlichkeit von sogenannten „tender points“ festgemacht: Es müssen mindestens 11 von 18 in drei verschiedenen Körperhälften betroffen sein. Die Behandlung der Faszien ist hier eine vielversprechende Behandlungsmethode.
  • Postisometrische Relaxations-Methode durch autogene Inhibition: Auch diese Methode funktioniert über das Fasziengewebe und beeinflusst so den Muskel.  Eine autogene Inhibition oder auch „Eigenhemmung“ des Muskels wird ausgelöst durch Druck auf Seiten des Therapeuten und Gegendruck auf Seiten des Patienten, sodass eine spontane Spannungsreduktion im Muskel stattfindet. Dies passiert allerdings auch bei statischen Dehnübungen, die länger als 10 Sekunden andauern. Ein Indikator hierfür ist die Möglichkeit der weiteren Dehnung nach dieser Zeit. Auch Die Übungen auf der Rolle funktionieren nach diesem Prinzip – durch den Druck verringert sich die Muskelspannung, das Gewebe und die Muskelfasern beginnen sich zu entspannen.

Weiterführende Literatur zum Thema Faszien & Faszientraining

Faszientraining, Dr. med. Siegbert Tempelhof | Daniel Weiss | Anna Cavelius, 2015, GU. München. (Fokus auf Übungsanleitung, reich bebildert)

Leben ohne Stress und Schmerzen durch die neue Faszien-Selbsttherapie, Christopher-Marc Gordon, 2015, Fischer, Frankfurt am Main. (Tiefgehende Ausleuchtung des Gesamtzusammenhangs mit Ernährungshinweisen, Anleitung für den Fascia-ReleaZer®, wissenschaftliches Glossar)

Beide Bücher enthalten eine Testanleitung zur Ermittlung des individuellen Behandlungs-und Trainingsbedarfs und sind begleitend zur Selbstbehandlung sehr empfehlenswert.

 

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