Emotional Taping – kleben Sie Ihren Stress weg

Emotional Taping – kleben Sie Ihren Stress weg

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Fußballer oder andere Leistungssportler immer wieder mit diesen bunten Klebestreifen beim Training herumlaufen? Bestimmt nicht, um die Mannschaftskollegen oder die Zuschauer zu belustigen. Viel mehr steckt ein therapeutischer Aspekt hinter den bunten Bändern. Diese rätselhaften Klebebänder werden von Physiotherapeuten und anderen Ärzten nämlich als sanfte Therapie gegen Zerrungen und Prellungen angewandt. Die sogenannten Kinesio-Tapes sollen den Stoffwechsel anregen, Schmerzen lindern und Heilungsprozesse vorantreiben. Das klingt ja schon unglaublich, aber noch fantastischer klingt die Behauptung, dass Taping nun auch bei seelischen Befindlichkeitsstörungen helfen soll. Emotional Taping heißt die neue psychotherapeutische Methode. Doch hält sie wirklich, was sie verspricht?

Die Geschichte des Tapings

Vor etwa 30 Jahren erfand ein japanischer Chiropraktiker namens Kenzo Kase das sogenannte Kinesio-Taping mit speziellen Klebebändern. Vor mehr als 10 Jahren verbreitete sich der neuartige Therapie-Ansatz auch im Westen und hielt unaufhaltsam Einzug in Therapien von Sportverletzungen und deren Vorbeugung. Allerdings geht es beim Kinesio-Taping nicht um eine funktionelle Bandage, sondern um eine biomechanische und sensorische Grundlagen-Therapie.

Daraus entwickelte der Gynäkologe Dr. Winfried Weber aus Darmstadt das sogenannte Emotional-Taping. Mit dieser Klebetechnik behauptet er, sogar Stress, Leistungsdruck, Ängste, Sorgen, Depressionen und viele seelische Belastungen effektiv behandeln zu können. Den Hintergrund für seine Idee bildet die Thermografie, eine Wärmemessung, die Körperpartien mit verminderter Durchblutung und Verspannung lokalisiert. Auf diese Weise bemerkte Dr. Winfried Weber, dass sich seelische Konflikte stets in Verspannungen manifestieren. Genauso wie mit Massagen, Akupunktur und anderen etablierten Maßnahmen könnten diese nach Dr. Weber auch mit einem Taping behandelt werden.

Die Klebebänder

Im Übrigen bestehen die Kinesio-Tapes aus fein gewebter Baumwolle, um die Hautverträglichkeit zu gewährleisten. Zur Haftung auf der Haut sind sie mit einem dünnen Film Acrylkleber versehen. Zudem sind die Klebebänder atmungsaktiv und hochelastisch.

Was die Farben der Bänder betrifft, so beruhen diese auf einem psychologischen Effekt. Eigentlich kamen die Farben nur durch eine Anekdote zum Einsatz, in der sich eine Schülerin über die Hässlichkeit der farblosen Bänder beschwerte. Kenzo Kase entwickelte darum pinke und blaue Bänder. Bis Sportler auf ihn zukamen und meinten, Schwarz sehe viel stärker aus.

Hilft Taping tatsächlich?

Das Prinzip klingt logisch: Wir haben schließlich schon alle am eigenen Leib erfahren, dass sich Muskeln verspannen, wenn wir gestresst oder seelisch mitgenommen sind. Untersuchungen zeigten, dass sich unter Stress unsere Körpertemperatur in bestimmten Regionen vermindert und die Gefäße verengen.

Hier setzt die Taping-Therapie an: Die elastischen Bänder wirken nämlich gezielt auf die Nervenstrukturen in unserem Bindegewebe, dadurch werden Verspannungen gelindert und die Durchblutung wieder angeregt. Entspannung tritt ein, weil die Nerven ein Entspannungssignal an das Gehirn senden. Dadurch wird die Ausschüttung von Stresshormonen automatisch reduziert oder ganz unterbrochen.

Doch wie sieht es mit der wissenschaftlichen Beweisbarkeit von diesen Behauptungen aus? Zwar erfreut sich das Taping hoher Beliebtheit, doch in der Wissenschaft weiß man noch wenig über den tatsächlichen Effekt des Kinesio-Tapings: Dennoch lässt sich das Taping nicht als neumoderner Unsinn abtun, denn unter professionellen Physiotherapeuten und in orthopädischen Kliniken ist die Methode längst etabliert. Klaus Bös, der Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft in Karlsruhe meint dazu: „Obwohl bisher wissenschaftliche Studien fehlen, gibt es mit Sicherheit Anhaltspunkte dafür, warum man das mit dem Kinesio-Taping macht. Entscheidend ist nicht nur, was der Arzt sagt, sondern was der Patient fühlt.“

Selbst tapen – so geht´s

Kinesio-Tapes werden von Orthopäden, Sportmedizinern und Physiotherapeuten verwendet. Es gibt sie in Apotheken, Sanitätsgeschäften und auch im Versandhandel zu kaufen. Dennoch sollten Sie nicht einfach drauf los tapen, sondern die folgenden Regeln beachten:

  • Im Normalfall werden Tapes verwendet, die eine Länge von 10 cm und eine Breite von 5 cm aufweisen. Die Markierungen auf der Rückseite der Tapes geben Ihnen Orientierung beim Zurechtschneiden.
  • Tapes immer dehnen und dann erst auf die verspannten Körperpartien kleben. Die Haut sollte aber nicht gespannt werden.
  • Niemals ganze Körperteile, wie das ganze Bein oder den Arm, bekleben! Sonst könnten Blutstauungen an Venen und Lymphsystem auftreten.
  • Blaue Klebebänder sind für ein Emotional Taping nicht geeignet, das es die Durchblutung vermindert.
  • Die Tapes dürfen nicht in unterschiedliche Zugrichtungen übereinander geklebt werden und auch nicht über Kreuz führen.
  • Kinesio Tapes nie auf entzündete, offene oder wunde Hautstellen aufkleben.
  • Bis zu sieben Tage dürfen die Tapes bedenkenlos am Körper haften bleiben, falls sie nicht von alleine abfallen.

Emotional Taping Anleitung

Taping bei Zähneknirschen und Kieferverspannung

Pinkfarbene Tapes auf den oberen Rücken, die Stirn und das Kiefergelenk kleben.

Taping bei Kopfschmerzen

Pinkfarbene Tapes auf den Nacken, den mittleren Rücken und das Kreuzbein kleben.

Taping bei Herzrasen

Hier können Sie zwischen roten, orangenen oder pinkfarbenen Bändern wählen. Die Wunschfarbe über das Brustbein, den Rücken, auf den Taillenbereich, das Kreuzbein und zwei Tapes über die Schulterblätter kleben.

Taping bei Reizmagen

Nur die lilafarbenen oder die pinkfarbenen Tapes kommen hier zum Einsatz. Ein Band quer über die linke Schulter, auf die linke Rückenseite und auf den Bauch schräg über den Nabel kleben.

Taping bei Schlafproblemen

Ein pinkes oder rotes Tape quer über die Brust auf Höhe des Schlüsselbeins kleben. Auch auf dem Rücken zwei Tapes längsseitig zwischen die Schulterblätter platzieren und eins quer auf Taillenhöhe.

Fest steht: Was das Taping betrifft, gibt es noch viel Untersuchungsbedarf. Dennoch scheint es mir keine schlechte Idee zu sein, psychosomatische Phänomene mit Berührung und Visualisierung zu behandeln. Hauptsache, es hilft!

 

Bild: © Milan – stock.adobe.com