Ätherische Öle – Pflanzliche Alleskönner

Ätherische Öle – Pflanzliche Alleskönner

Was sind ätherische Öle?

Unter ätherischen Ölen versteht man Stoffgemische ölartiger Konsistenz, die einen charakteristischen Geruch aufweisen. Ether oder „Äther“ ist ein chemisches Lösungsmittel, das an der Luft schnell verdunstet. Der Begriff „ätherisch“ bedeutet also, dass die Öle und ihr Duft „ätherartig“ verfliegen. Nahezu ein Drittel der bisher daraufhin geprüften Pflanzenfamilien enthalten ätherisches Öl. Besonders hervorzuheben sind hier die Doldenblütler (Apiaceae), zu der beispielsweise Fenchel, Anis und Kümmel gehören, sowie Lavendel, Salbei und Pfefferminze aus der Familie der Lippenblütengewächse (Lamiaceae).

Zusammensetzung – Ausflug in die Chemie

Chemisch gesehen bestehen ätherische Öle aus den sogenannten Terpenen. Hierunter versteht man natürlich vorkommende, in großer Vielfalt auftretende organische Verbindungen. Charakteristisch ist ihre Anfälligkeit gegenüber Luftsauerstoff und Licht, wodurch beispielsweise ein angenehmer Orangenduft in einen unangenehmen, beißenden Geruch umgewandelt wird. Solche „Aromafehler“ machen sich auch bei falscher Lagerung von Tees bemerkbar, wie etwa durch einen bitteren Geschmack. Aus diesem Grund werden ätherische Ölprodukte in dunkle Glasflaschen abgefüllt und Tees entsprechend luftdicht verpackt.

Aufwändige Gewinnung

Öle von Orangen und anderen Zitrusfrüchten erhält man direkt durch Auspressen der Fruchtschalen. Vielleicht kennen Sie das Experiment, eine Orangenschale in Richtung einer Kerzenflamme zusammenzudrücken, sodass ein kleines Feuerwerk entsteht. Die sprühenden Funken sind nichts Anderes als Tröpfchen von ätherischem Öl, die leicht verbrennen und ihren typischen Geruch hinterlassen.

Die meisten ätherischen Öle werden jedoch mittels Wasserdampfdestillation von Pflanzenteilen gewonnen. Das bedeutet, dass durch Erhitzen der Pflanzenteile in einem Lösungsmittel die flüchtigen ätherischen Öle verdampfen. Der entstehende Dampf wird aufgefangen und abgekühlt, sodass man wieder eine Flüssigkeit erhält – das reine ätherische Öl. Dieser aufwändige Prozess erklärt, warum qualitativ hochwertige Öle nicht immer ganz preisgünstig sind.

Anwendung und Wirkung ätherischer Öle – von außen und innen

Ätherisches Lavendelöl

Ätherische Öle sind wahre Alleskönner und vielseitig einsetzbar.

Die wohl bekanntesten Einsatzgebiete sind Massagetherapie und Hautpflege.

Ziel einer klassischen Massage ist es, Verspannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern. Um die Haut während der Massage geschmeidig zu halten, werden Körperöle aufgetragen. Darin enthaltene ätherische Öle können den Massageeffekt jedoch entscheidend beeinflussen. So ist beispielsweise die „Echte Arnika“ für ihre durchblutungsfördernde und wärmende Wirkung bekannt. Eine Studie der Medizinischen Universität in Łódź zeigte, dass Extrakte aus den Blütenblättern der Echten Arnika die Zusammenlagerung von Blutplättchen signifikant reduziert. Daraus resultiert ein besserer Blutfluss – die Durchblutung wird angeregt. Aus diesem Grund erfreuen sich Arnika-haltige Salben und Öle besonders in Sportlerkreisen hoher Beliebtheit.

Körperöle mit Auszügen aus Birkenblättern, Rosmarin und Ruskus (Mäusedornwurzelstock) straffen die Haut, stärken die Blutgefäße und werden deshalb bei Cellulite angewendet. Nicht zu unterschätzen ist hierbei jedoch auch die Wirkung des Massageeffekts beim Auftragen des Öls auf die Haut.

Bei empfindlicher Haut haben sich Öle mit Calendula (Ringelblume) bewährt. Die Ringelblume gilt als wundheilungsfördernde Pflanze mit antientzündlichen Kapazitäten. Ihre Blüten enthalten 0,2 bis 0,3 Prozent ätherisches Öl, welches für die antibakterielle und pilzabtötende Wirkung verantwortlich ist.

Beachten Sie, dass Körperöle auf noch leicht feuchte Haut aufzutragen sind. So entsteht eine sogenannte Öl-Wasser-Emulsion, die besser einziehen kann und keinen unangenehmen, fettenden Ölfilm hinterlässt.

Granatapfelsamenöl findet Anwendung zum Schutz der Haut vor schädigenden Umwelteinflüssen sowie zur Anregung der Zellerneuerung, Sanddornöl zeichnet sich durch einen hohen Vitamingehalt aus und stärkt die Barrierefunktion der Haut, Zitrusöle beleben und erfrischen und sind somit ideal für die Sommerpflege geeignet. Die Vielfalt der ätherischen Öle macht sie attraktiv für jedermann.

Doch nicht nur äußerlich entfalten sie ihre Wirkung.

Innerlich angewendet haben bestimmte ätherische Öle das Potential, einen Erkältungsverlauf abzumildern und zu verkürzen. So wirkt Cineol als Hauptbestandteil des Eukalyptusöls schleimlösend in Lunge und Atemwegen. Es erleichtert das Abhusten und befreit die Nasennebenhöhlen. Eine ähnliche sekretlösende Wirkung zeigt auch Myrtol, eine Mischung aus Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl. Der Vorteil gegenüber synthetischen Schleimlösern wie zum Beispiel Acetylcystein besteht laut eines Artikels im Deutschen Ärzteblatt darin, dass Myrtol keine Zilientoxizität aufweist. Zilien sind sogenannte Flimmerhärchen, die Schleim und Fremdstoffe innerhalb der Atemwege und Nase transportieren und somit eine Barrierefunktion haben bzw. der Reinigung dienen. Sie bleiben bei der Einnahme von Myrtol voll funktionsfähig.

Auch inhalativ entfalten ätherische Öle ihre befreiende Wirkung auf die Atemwege. Anisöl, Eukalyptusöl, Campher, Thymol, Kiefernnadelöl – die Liste ist lang. Als Zusätze für Dampfbäder oder Salben zum Auftragen auf die Brust steht ein breites Spektrum ätherischer Produkte für die Erkältungszeit zur Verfügung.

Vorsicht bei der Babypflege mit ätherischen Ölen

Bei Babys und Kleinkindern empfiehlt es sich, mit Arzt oder Apotheker Rücksprache zu halten, bevor ein Produkt mit ätherischen Ölen angewendet wird. Säuglinge und Kinder unter zwei Jahren sollten keinesfalls mit Menthol aus der Pfefferminze, Cineol sowie Campher in Berührung kommen. Beim Einatmen dieser ätherischen Öle ist eine Verkrampfung der Kehlkopfmuskulatur möglich, ein lebensbedrohlicher Notfall, der einen Atemstillstand auslösen kann.

Andere Öle sind jedoch auch bei den Kleinsten unbedenklich. So bringt beispielsweise der Baby Balsam mild mit Sternanis, Thymian und Lavendel bei Erkältungskrankheiten Linderung. Bewährt hat sich auch Kümmelöl gegen Blähungen und Verdauungsstörungen. Zur innerlichen Anwendung stehen kümmelölhaltige Zäpfchen zur Verfügung. Äußerlich kann der Bauch des Kindes sanft mit dem Öl eingerieben werden, wobei der Massageeffekt die Wirkung noch verstärkt.

Ätherische Öle in der Schwangerschaft

Auch in der Schwangerschaft können ätherische Öle vielseitig eingesetzt werden. Hier gilt es allerdings, einige Regeln zu beachten, um das Ungeborene nicht zu gefährden. Bäder mit Lavendel und Eukalyptus dienen der Entspannung bei gleichzeitiger Inhalationstherapie in Erkältungsphasen. Der ätherische Ölgehalt sollte hier jedoch maximal 3% betragen. Außerdem ist darauf zu achten, dass reine ätherische Öle zur Einnahme während der Schwangerschaft ungeeignet sind.

In Vorbereitung auf die Geburt eignen sich Pflegeöle mit Nachtkerzen- und Weizenkeimöl zur Dammmassage sowie Mandel- und Olivenöl, um Dehnungsstreifen vorzubeugen.

Übrigens: Pflegeöle zur Massage lassen sich auch leicht selbst herstellen. Hierfür benötigt man lediglich ein Basisöl, das die Grundlage bildet, und ein oder mehrere ätherische Öle mit der gewünschten Duftnote. Als Basisöle eignen sich vor allem Mandel- und Olivenöl, die auch bei empfindlicher Haut gut verträglich sind. Für anregende und belebende Wirkung einfach ein paar Tropfen von Orange, Bergamotte oder Zitrone hinzufügen – ist Beruhigung und Schlafförderung gewünscht, bieten sich beispielsweise Lavendel und Melisse an. Für die Anwendung als Massage- bzw. Pflegeöl direkt auf der Haut ist es empfehlenswert, die entsprechenden Ausgangsstoffe in der Apotheke zu bestellen. So ist höchste Qualität gesichert. Achten Sie darauf, die Öle in gut verschlossenen Braunglasflaschen aufzubewahren und kühl zu lagern, um sie vor Einflüssen von Licht und Luft zu schützen.

Des Weiteren kann es vorkommen, dass ätherische Öle allergische Reaktionen auslösen. So ist es hilfreich, zunächst eine kleine Menge des Öls an einer empfindlichen Hautstelle (inneres Handgelenk oder hinter dem Ohr) zu testen.

Schon gewusst?

Auch in der Parfümerie haben die ätherischen Öle ihren Platz. Parfümöle und deren wässrige bzw. alkoholische Lösungen werden sowohl zu reinen Duftzwecken hergestellt, sind allerdings auch als Zusatzstoffe für Hautpflege- und Arzneimittel von Bedeutung, um eventuelle unangenehme Gerüche der Salbenbestandteile zu überdecken.

Ebenso bringen ätherische Öle die Würze in unser Essen. Basilikum, Bohnenkraut, Dill und Liebstöckel schmecken aufgrund ihres Gehalts an ätherischen Ölen so charakteristisch aromatisch. Neben der kulinarischen Funktion haben sie auch rein physiologische Vorteile: Sie können die Verdauung anregen, Krankheitserreger bekämpfen und den Stoffwechsel in Schwung bringen.

 

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