Was steckt eigentlich hinter dem Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“?

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Was steckt eigentlich hinter dem Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“?

Haben Sie sich schon mal gefragt, warum auf manchen Lebensmitteln der Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“ aufgedruckt ist? Viele Menschen wissen es nicht, obwohl der Aufdruck wirklich oft zu lesen ist. Hier erklären wir Ihnen, was es damit auf sich hat.

Was ist Phenylalanin?

Phenylalanin ist eigentlich eine völlig harmlose, essentielle Aminosäure, die im Körper des gesunden Menschen zu Tyrosin umgebaut wird, wenn sie im Überschuss vorhanden ist. Tyrosin dient dann als eine Ausgangssubstanz für die Bildung wichtiger Hormone wie z.B. Adrenalin, Melanin, Dopamin oder Thyroxin. Wir brauchen also Phenylalanin.

Warum wird vor Phenylalanin gewarnt?

Bei Menschen, die an sogenannter Phenylketonurie (PKU) leiden, funktioniert dieser Umbau zu Tyrosin nicht oder nur eingeschränkt. Man spricht deshalb auch von einer Stoffwechselstörung. Für den Umbau wird das Enzym Phenylalanin-Dehydroxylase (PAH) benötigt, welches bei einer PKU nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht. Dadurch häuft sich das Phenylalanin im Gewebe oder Blut an und wirkt toxisch auf das Gehirn.

Welche neurologischen Schädigungen treten bei einer PKU auf?

Wenn die PKU nicht behandelt wird, kommt es zu schweren neurologischen Schädigungen im Gehirn. Es gibt unterschiedliche Ausprägungen einer PKU, deshalb können auch die Symptome unterschiedlich schwer ausfallen. Nach Burgard/Lindner 2009 (in: Ernährung im Fokus, Heft 07-08/13, S. 247) sind folgende neurologische Schädigungen typisch:

  • Schwere bis mittelgradige Minderung der Intelligenz (IQ < 50) und Sprachentwicklung
  • Mikroenzephalie (zu kleiner Kopfumfang)
  • Epilepsie
  • Tremor (Zittern von z.B. den Händen)
  • Spastizität der Extremitäten (unkontrollierbare, schmerzhafte Muskelverkrampfungen)
  • EEG-Abnormalitäten
  • Gangabnormalitäten, Ticks
  • Verhaltensprobleme, Hyperaktivität
  • Unruhe
  • Stereotypien (auffallende, sich oft wiederholende Bewegungen)
  • Aggressivität
  • Ängstlichkeit, soziale Zurückgezogenheit

Welche anderen Symptome treten auf?

Wird das Phenylalanin über einen alternativen Stoffwechselweg abgebaut, wird vermehrt Acetat ausgeschieden. Schweiß und Urin weisen dann den typischen Geruch nach Nagellackentferner auf. Dadurch, dass die Ausgangssubstanz für die Melaninbildung (Melanin ist der Farbstoff von Haut, Haaren und Iris) fehlt, haben viele PKU-Kranke hellblonde Haare, blaue helle Augen und eine blasse Hautfarbe. Bei Babys ab dem zweiten Monat äußert sich die PKU durch Erbrechen, Gedeihstörungen und Hautekzemen, Trinkschwäche und einer gestörten Temperaturregulation.

Wie wird PKU diagnostiziert?

Die Erkrankung und ihr Zusammenhang mit schweren neurologischen Schädigungen wurde tatsächlich erst 1934 richtig bekannt. Heute werden die meisten Erkrankungen direkt beim Neugeborenen – Screening entdeckt. Dabei wird die Konzentration von Phenylalanin im Blut gemessen, und das bereits ab der 36. Lebensstunde. Zusammen mit einer Messung des Tyrosinspiegels und des daraus resultierenden Verhältnisses zur Phenylalaninmenge gilt dieses Diagnoseverfahren als zuverlässig. Wenn die Mutter bereits an PKU erkrankt ist, kann der Enzymdefekt auf Verdacht auch bereits im Fruchtwasser nachgewiesen werden.

Wer erkrankt an PKU?

PKU ist die weltweit am häufigsten diagnostizierte Stoffwechselstörung. Die Häufigkeit der Erkrankungen variiert je nach Wohnort und Ethnie stark. In Deutschland zum Beispiel tritt PKU mit einer Häufigkeit von etwa 1:8000 auf, in Finnland mit einer Häufigkeit von nur etwa 1:200.000. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 60 Kinder mit PKU geboren. Die Stoffwechselerkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt, d.h. die Erkrankung kann vererbt werden, wenn beide Elternteile die entsprechende Genmutation in sich tragen. Es muss aber nicht vererbt werden. Die Genmutation kann aber auch vererbt werden, ohne dass es jemals zur PKU kommt. Deshalb wissen viele Eltern auch gar nicht, dass ihr Kind erkranken könnte.

 

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