Holunder

Holunder

Als Heilmittel seit dem Altertum, mit wohlschmeckenden Blüten und Früchten, das Holz für Kinderspiele und einst als Werkzeug – so präsentiert sich der Holunder. Mit ihm sind viele Geschichten verrankt, die von der Kraft des Holunders als Blitzschutz, als Maßstab für Leben und Tod und als Tor zur Anderwelt erzählen. Und deshalb wundert es nicht, dass uns der Holunder an vielen Orten begegnet und seine Kräfte als Heilpflanze heute noch geschätzt sind.

Holunder, Holler, Holder

Je nach Region hat Sambucus, so die lateinische Bezeichnung, seinen ganz eigenen Namen. Echter Holunder, Deutscher Flieder, Holder, Holler, Elder, Eller sind nur einige wenige davon. Viele mundartliche Bezeichnungen wie Aalhorn, Betschel oder Kelkenbusch stehen dafür, dass Holunder weit verbreitet und beliebt ist.

Holunder und seine Arten sind eine Pflanzengattung der Moschuskrautgewächse Adoxcaceae. Drei Arten aus einer Gattung von rund zehn Varianten sind hier im mitteleuropäischen Raum heimisch. Davon wiederum ist es der Schwarze Holunder, der überwiegend gekocht verzehrt und für gesundheitliche Belange eingesetzt wird.

Holunder – genügsames Heilmittel aus der Natur

Holunder Sambucus ist nicht allzu anspruchsvoll, was den Nährstoffgehalt seines Bodens anbelangt. Ein mittelmäßig humoser Boden genügt ihm, allerdings, je reichhaltiger in der Erde Nährstoffe vorhanden sind, desto üppiger wächst der Holunder. Deshalb gilt er als Nährstoffanzeiger. Auch wenn er längere Zeit mit wenig Feuchtigkeit auskommt – der beliebte Standplatz an Scheunen und Hauswänden spricht dafür – so gedeiht er doch bei regelmäßigem Gießen und in eher niederschlagsreichen Gegenden besser. Er ist winterhart, robust und nicht zuletzt durch seine Abgas- und Salzverträglichkeit sogar stadtgeeignet.

Holunderarten als Heilmittel

Als Strauch, Halbstrauch oder kleinerer Baum tritt der Holunder bei den Arten Schwarzer Holunder Sambucus nigra L., dessen Unterart, dem Kanadischen Holunder (Sambucus nigra subsp. canadensis L.), dem Roten Holunder und dem Zwergholunder (Attich) Sambucus ebulus auf. Diese vier Arten sind es, die überwiegend als Heil- und Genusspflanze verwendet werden.

Holunder und seine Verbreitungsgebiete

Der Kanadische Holunder wächst auf frischen Böden überwiegend im östlichen Nordamerika, das Vorkommen dehnt sich aber bis nach Arizona, Texas und Florida aus. Vereinzelt findet man ihn sogar in Mexiko und auf den Inseln der Antillen.

Schwarzer, roter sowie der Zwergholunder sind die verbreitesten Arten in Europa, wobei die schwarze Spielart überwiegt. Die Population von Sambucus nigra zieht sich über ganz Mitteleuropa hin, er gedeiht in Nordindien, dem Kaukasus über Kleinasien bis hin zu Westsibirien. Sogar in Nordafrika gibt es Vorkommen. In der Oststeiermark wird er gewerbsmäßig angebaut. Durch seine Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Wetterunbill wächst er in den Alpen bis zu einer Höhe von 1500 m. In dieser Höhenlage gedeiht auch der Zwergholunder, der vor allem in den Allgäuer Alpen häufig wächst, wenn der Untergrund eher feucht und kalkarm ist. Darüber hinaus findet man Zwergholunder im Mittelmeerraum, in gemäßigten Zonen Europas sowie in Turkmenien und dem Iran.

Holunder und sein Aussehen

Von Wuchs her ähneln sich die Sträucher. Sie wachsen stark verzweigt, die Äste sind biegsam und ausladend. Die graubraune Rinde glänzt seidig, auffallend sind die Korkporen, die sich rau anfüllen und farblich hell abstechen. Wie auch das Innere des Holzes sind diese Erhebungen mit Mark ausgefüllt, das an Schaumstoff erinnert. Dickere Äste werden im Farbton dunkler, sie sind längsgefurcht mit einer korkähnlichen Rinde. Die flachen, weit verzweigten Wurzeln des Holunders tragen dazu bei, dass er auch im Halbschatten, nah an Wänden und Mauern genügend Feuchtigkeit aufnehmen kann.

Blatt und Blüten

Unpaarig gefiederte – ein Einzelblatt bildet den Abschluss – Laubblätter sind allen Arten gemein. Je nach Art und Standort sind diese Blattfiedern bis zu 30 cm lang. Die einzelnen Blätter sind lanzettlich, fein gesägt, mit einer Länge von fünf bis fünfzehn Zentimetern. Auch die flachen Schirmrispen der verschiedenen Holunderarten sind sich ähnlich. Sie erscheinen von Mai ab bis in den Juli hinein. Viele weiße, cremefarbenen oder zartrosa Einzelblüten stehen zusammen, die Rispen erreichen einen Durchmesser von zwanzig Zentimetern und mehr. Die fünfzähligen Blüten besitzen neben fünf Kelchblättern, fünf Kronblätter, fünf Staubblätter mit gelben Staubbeuteln und drei Fruchtblätter. Vierzählige Formen kommen ebenfalls vor. Auffallend ist der starke, süßliche Geruch, der zahlreiche Insekten anlockt.

Erntezeit – Beerenzeit

Ab dem Spätsommer, Mitte bis Ende August beginnen die Beeren zu reifen. Bei schwarzen Holunder und dem Zwergholunder färben sie sich tiefviolett bis schwarz, wie der Name schon sagt, bleiben sie beim roten Holunder von einem leuchtenden Rot. Bei den Früchten handelt es sich botanisch gesehen um Steinfrüchte, sie werden in manchen Gegenden auch Fliederbeeren genannt. Der tiefrote Saft färbt eindringlich, leider auch dann, wenn man ihn versehentlich – oder in Form von eingefärbtem Vogelkot – auf die Wäsche bringt. Eine leichte bis mittlere Giftigkeit ist bei Holunder in allen Pflanzenteilen gegeben, auch der Genuss roher Beeren führt über Übelkeit, Erbrechen und Magen-Darmbeschwerden bis hin zu mittelschweren Vergiftungserscheinngen. In der Zubereitung als Saft, Marmelade oder Gelee sind Holunderbeeren jedoch wohlschmeckend.

Diese Inhaltsstoffe machen den Holunder wertvoll

Verwendet werden als Drogen Holunderfrüchte Sambuci fruc, Holunderblüten Sambuci flos, Holunderblätter Sambuci fol, Holunderrinde und die Holunderwurzel Sambuci rad.

Die wichtigsten Inhaltsstoffe der Früchte

Öle, Flavonoide wie Rutin, Isoquercitrin, Hyperosid, Anthocyanglukoside wie Sabucyan, Saucin, Chrysanthemin, cyanogene Glykoside, Gerbstoffe, Lektine, Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium, Phosphor. Ferner Caprifolonsäure, Arachinsäure, Vitarmin C, B 2 und B 6, Folsäure, Biotin, Nicotinamid, Panthotensäure, Beta-Carotin

Hauptinhaltsstoffe der Blüten

Ätherische Öle, Flavonglykoside wie Rutin, Hyperosid, Quercetin, Nicotiflorin. Des weiteren Chlorogensäure, Ferulasäure, Gerbstoffe, Sterole wie Campesterol, Cholesterol, Stigmasterol, sowie Cholin und Triterpene.

Inhaltstoffe der Blätter, Rinde und Wurzeln

Flavonoide, Triterpene, Oleanolsäure, Steole, Lektine, Alkane, cyanogene Glykoside. In der Wurzel sammeln sich je nach Standort Lithium, Barium, Dolomit, Magnesia, Schwefel und Jod an (Madaus).

Holunder und seine Heilwirkung auf Menschen

Holunder gehört zu der Gruppe der Heilpflanzen, bei denen nicht nur einzelne Pflanzenteile als wirksam betrachtet werden, er lässt sich in allen Teilen verwenden. Nicht verzehrt wird lediglich das Holundermark.

Holunderblüten

Der Tee aus Holunderblüten, auch Fliederbeertee genannt, gilt als Entgiftungsmittel, er ist schweiß- und harntreibend. Die Blüten werden als ein hervorragendes Mittel bei allen Erkältungskrankheiten angesehen. Sie sollen das Immunsystem stärken, ebenso Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Eine Verringerung des Harnspiegels und somit Auswirkungen auf die Gicht wird ihnen gleichfalls nachgesagt. Weiterhin werden sie bei Masern und Scharlach, bei Venenleiden, Bindegewebsschwäche und Hauterkrankungen aller Art angewendet.

Holunderbeeren

Gekochte Beeren – Saft wie Marmelade – werden bei Gastritis, Verstopfung und übermäßigen Gärungsprozessen im Darm eingesetzt. Sie sollen Verdauung und Stoffwechsel regeln, den Körper entgiften und zu einem schönen Hautbild beitragen. Der Saft wird als blutbildend bezeichnet, sowie als Mittel gegen Kehlkopfhusten, Entzündungen des Rachens und Heiserkeit.

Holunderblätter

Vor allem der Gebrauch von frischen Holunderblättern ist in der Volksmedizin bekannt. Sie werden als Tee, als Breiauflage oder in zerquetschter Form verwendet. Der Tee gilt als blutreinigend und hilfreich gegen brennende Augen. Mit Hilfe des Breis sollen Hauterkrankungen abheilen, Hämorrhoiden und Verbrennungen ausheilen, ja sogar Hundebisse schneller und ohne Infektion verheilen. Bei Gicht wird der Brei als Umschlag auf die schmerzenden Stellen gebracht.

Holunderrinde

Die grüne Bastrinde, die unter der oberen braunen Schicht liegt, wird als Mittel gegen Drüsenschwellungen, Hautentzündungen, bei Arteriosklerose, Verstopfung sowie bei Nieren- und Blasenerkrankungen angesehen. Der Tee aus Holunderrinde gilt ebenfalls als Blutreinigungsmittel, vor allem bei Rheuma, Ödeme, und Harnleiden wie Dysurie.Eine Tasse Rindentee wird dann getrunken, wenn Verdauungsbeschwerden durch zu üppiges Essen hervorgerufen wurde. Als Brei dient die Holunderrinde ebenfalls bei Schwellungen und Hautentzündungen.

Holunderwurzel

Aus der Wurzel wird ein Decoctum, eine Abkochung mit Wasser oder Wein, hergestellt. Diese wird bei Einlagerungen von Wasser im Körper, zur Stoffwechselanregung bei Gewichtsreduktion und sogar gegen Gemütsverstimmungen wie mangelndem Antrieb und Schwermut empfohlen. Hierin waren sich verschiedene Gelehrte wie Pfarrer Sebastian Kneipp, Hermann Josef Weidinger und Johann Künzle einig.

Holunder bei Kinderwunsch

Holunderblüten wird nachgesagt, dass sie die Bildung von Follitropin, dem Follikel stimulierenden Hormon, unterstützen. Täglich zwei Tassen Tee einer Mischung aus Holunderblüten und anderen den Zyklus unterstützenden Kräutern soll hier in der ersten Zyklushälfte bis zum Tag des Einsprungs getrunken werden.

Holunder in der Schwangerschaft und Stillzeit

Die Überlieferung sagt, dass Blüten und Rinde des Holunders bei wenig Milchfluss anregend wirken. Während der Schwangerschaft soll durch Holundersaft – wie bei allen dunkelroten Gemüse- und Obstsorten – einem Eisenmangel vorgebeugt werden.

Nach schulmedizinischen Erkenntnissen ist es aber mehr als fraglich, ob allein durch den Genuss von Holunder und anderem dunkelroten Obst und Gemüse die oft drastisch sinkenden Eisenwerte während einer Schwangerschaft auch nur annähernd ausgeglichen werden können. Ferner gibt es über Nebenwirkungen des Holunders während Schwangerschaft und Stillzeit derzeit keine gesicherten Angaben. Deshalb besteht auch die Meinung, dass aufgrund dieser fehlenden Studien Schwangere und Stillende sowie Kinder unter 12 Jahren auf die medizinische Anwendung von Holunder verzichten sollten.

Holunder bei Durchfall

Vor allem Holunderbeermus und -saft wurde bereits im Altertum als Mittel gegen Diarrhoe, dem Durchfall, angesehen. Die enthaltenen Gerbstoffe wirken adstringierend auf die Darmschleimhäute ein, die reichlich vorkommenden Mineralstoffe Kalium, Kalzium und Phosphor können den durch den starken Flüssigkeitsverlust beeinträchtigten Mineralhaushalt in Maßen verbessern.

Holunder bei Übelkeit

Bei Übelkeit, die vom Magen her kommt und mit Völlegefühl oder Blähungen einhergeht, soll ein Tee aus Holunderrinde Abhilfe schaffen. Kneipp empfahl hierzu ein kleines Glas Saft oder einen Löffel Mus, mit einem Glas Wasser verrührt.

Holunder zur Besserung des Sehvermögens

Durch seinen Anteil an Anthocyanen, denen eine antioxidative Wirkung zugerechnet wird und somit die DNA vor Schädigungen schützen kann, findet sich Holunder in Präparaten, die freie Radikale binden sollen. Den Anthocyanen wird nachgesagt, dass sie die Sehvorgänge verbessern, gegen Nachtblindheit vorbeugen und bei Augenerkrankungen wie der Makuladegeneration positiv auf den Verlauf einwirken.

Holunder-Fertigpräparate

Bei natürlichen Drogen, wie der Fachbegriff für getrocknete Heilpflanzen und Heilpflanzenteile lautet, ist eine gleichmäßige Dosis der Inhaltsstoffe nicht gewährleistet, da die Anreicherung dieser Stoffe in der Pflanze durch Wachstums- und Witterungsbedingungen schwankt. Fertigpräparate, in denen Holunder als einziger Bestandteil oder als Zusatz zu anderen Heilpflanzen enthalten ist, weisen eine konstante Menge an Inhaltsstoffen auf. Dies kann der Wirksamkeit ebenso wie der Verträglichkeit dienen. Holunderpräparate werden in der Regel als Nahrungsergänzungsmittel angeboten, je nach Menge der Inhaltsstoffe aber auch apothekenpflichtig als homöopathisches bzw. anthroposophisches Medikament.

Holunder in Kapselform

Hier ist Holunder mit seinem Wirkstoff Anthocyan erhältlich. Zusammen mit anderen Wirkstoffen gibt es Holunder als Kapseln zur Verbesserung der Sehkraft und zur Stärkung des Immunsystems. Für Hunde gibt es Kapseln, die Anthocyan aus Holunder enthalten. Hier sollen Pigmentstörungen der Nase behoben werden, die zwar kein medizinisches Problem darstellen, aber zu einer schlechteren Zuchtbewertung führen können.

Tabletten mit Holunder

Extrakte aus Holunderblüten finden sich in Tabletten gegen Schnupfen, in Nahrungsergänzungsmitteln zusammen mit anderen Wirkstoffen zur Diätunterstützung und Entwässerung.

Holunder-Globuli

Sambucus nigra ist als DHU-Mittel in Form von Globuli in verschiedenen Potenzierungen erhältlich. Gegeben werden sie bei Wasserleiden, bei fiebrigen Erkältungen mit Schnupfen und Husten sowie bei entzündlichen Erkrankungen der Atemwege und Bronchialasthma.

Holunder als Ergänzung zu anderen Heilpflanzen

Die wohltuende Wirkung des Holunders kann verstärkt oder ergänzt werden, wenn man Blüten und Beeren mit anderen Heilpflanzen mischt. Dabei wird Holunder mit jeweils mit den Pflanzen kombiniert, die für den gewünschten Erfolg stehen.

Für ein starkes Immunsystem – Holunder und Echinacea

Echinacea, zu deutsch Sonnenhut, ist bekannt als unterstützendes Mittel, wenn die Abwehrkräfte nachlassen. Mineralstoffe und Vitamine im Holunder können die Wirkung von Echinacea unterstützen, oft sind diese Tees und Kapseln zusätzlich mit Vitamin C angereichert.

Für einen ausgeglichenen Zyklus – Holunder und Himbeerblätter

Himbeerblätter enthalten östrogenähnliche Inhaltsstoffe. Zusammen mit Holunderblüten, die sich positiv auf die Follikelbildung auswirken sollen, wird damit ein Tee zubereitet. Regelmäßig in der ersten Zyklushälfte getrunken, kann dadurch der Monatszyklus harmonisiert werden.

Als Entwässerungskur – Holunderblüten und Brennnesselblätter

Hier können sich die Wirkung der beiden Pflanzen optimal ergänzen, beispielsweise bei einer Frühjahrskur. Die in Brennnessel wie Holunder enthaltenen Mineralstoffe sorgen dafür, dass trotz Ausschwemmung der Körper wieder mit diesen lebenswichtigen Mineralien versorgt werden kann.

Schwitzkur und Fiebermittel – Holunder- und Lindenblüten

Beide gelten als die mit am wichtigsten Mittel in der westlichen Pflanzenheilkunde. Die schweißtreibende Wirkung wird durch die gemeinsame Verwendung – hierzu bereitet man einen Tee – verstärkt.

Holunderbeeren und Schachtelhalm für das Bindegewebe

Schachtelhalm ist bekannt dafür, dass seine Inhaltsstoffe wie Kieselsäure und Silikate dem Bindegewebe zu mehr Festigkeit verhelfen kann. Mineralien, Vitamine und Gerbstoffe in Holunderfrüchten unterstützen diese Vorgänge.

Der heiße Trunk – Holunder mit Zimt

Der Saft aus den Beeren gilt als entzündungshemmend und abwehrsteigernd. Zusammen mit Zimt, der stärkt, wärmt und antibakteriell wirkt, ergibt heißer Saft ein wohlschmeckendes Getränk. Gleich zu Beginn einer Erkältung genossen kann deren Verlauf aufgehalten oder gemildert werden. Nelke, Zitronen- oder Orangensaft stellen durch ätherische Öle und Vitamine ein zusätzliches Gesundheitsplus dar.

Studien zur Wirksamkeit von Holunder

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC = Herbal Medicinal Product Committee) und die Kommission E als selbstständige, wissenschaftliche Kommission des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben Holunderblüten als pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Die heilkundlichen Überlieferungen und Laborversuche hinsichtlich der Wirksamkeit der einzelnen Bestandteile lassen die Vermutung zu, dass Holunder wirksam gegen Grippe ist und zudem positiv auf Stoffwechsel, Darm und Harnorgane einwirken. Der klinische Beweis hierzu fehlt jedoch.

Nachweisbar ist die Wirksamkeit einzelner Bestandteile unter in vitro-Bedingungen und in Tierversuchen.

Bell & Gochenauer, Direct vasoactive and vasoprotective properties of anthocyanin-rich extracts Journal of Applied Physioligy, 2006: An Herzarterien von Schweinen wurde gezeigt, dass der anthocyanhaltige Extrakt aus Holunder die Arterien schützt. Deren Elastizität wurde erhöht, ebenso die Widerstandsfähigkeit gegen Freie Radikale.

Holunder und seine Anwendung bei Tieren

Zur Anwendung bei Tieren werden Blüten und Beeren eingesetzt. Das Wirkungsspektrum entspricht den Gebieten, wie sie auch für den Menschen gelten. Das für Hunde auf den Markt gebrachte Präparat mit Holunderextrakt dient allerdings keinen Heilzwecken.Durch die natürlichen Farbstoffe des Schwarzen Holunders sollen der Nasenspiegel, die Lidränder und Lefzen des Hundes nachgedunkelt werden.

Dem gegenüber steht, dass Holunder, vor allem in all seinen unverarbeiteten und rohen Pflanzenteilen, für Tiere giftig ist. Sie reagieren sehr empfindlich auf die Inhaltsstoffe, werden Präparate nicht sachgemäß angewandt, können Vergiftungserscheinungen auftreten. Diese äußern sich in Erbrechen und Durchfall bis hin zur Tachycardie, also Herzrhythmusstörungen, bis hin zur Lähmungserscheinungen der Hinterhand. Zwar ist die letale Dosis hoch, da aber gerade in frischen Pflanzenteile die Wirkstoffe in unterschiedlicher Konzentration vorhanden sein können, ist der Genuss von Holunder problematisch. Besteht die Gefahr einer Holundervergiftung, müssen Haus- und Weidetiere sofort dem Tierarzt vorgestellt werden.

Zudem sollte bedacht werden, dass Holunderextrakt und Holunderbestandteile sich wissenschaftlich belegt als schädlich für Insekten und Raupen erwiesen haben. Agglutinine lösen hier den Tod aus.

Weiter wird berichtet, dass Tiere mitunter Holunder aufnehmen, wenn sie Erkrankungen der Harnwege haben. Diese Selbstmedikation kommt bei Hunden und Katzen öfter vor, sollte aber unterbunden werden, da die Wirkstoffmenge nicht kontrolliert werden kann. Das Tier muss dann mit dem entsprechenden Hinweis zum Tierarzt verbracht werden.

Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Nebenwirkungen bei rohem Holunder

Roher Holunder ist in allen Teilen für Mensch und Tier giftig. Sein Hauptwirkstoff, das Sambunigrin und die enthaltene Chlorogensäure sowie Blausäureglykoside verursachen Durchfall und Erbrechen.

Kontraindikationen

  • Allergiker: Vorsicht bei der Einnahme von Holunderzubereitungen, eine Absprache mit dem behandelnden Arzt ist angeraten. Die Pollen des blühenden Holunders können Heuschnupfen auslösen, eine Reaktion auf Holunder allgemein ist deshalb nicht auszuschließen.
  • Schwangere und Stillende: Zu Nebenwirkungen von Holunder gibt es keine wissenschaftlich belegbaren Studien. Das heißt aber auch, dass es für die Unbedenklichkeit keinen Nachweis gibt. Schwangere wie Stillende sollten deshalb auf den Genuss von Holunder in jeder Form verzichten oder ihn zumindest mit ihrem Gynäkologen absprechen.
  • Kinder unter 12 Jahren

Auch hier wird aus den oben genannten Gründen vom regelmäßigen Verzehr selber zubereiteter Holunderprodukten abgeraten. Globuli nach DHU gelten bereits für Säuglinge als unbedenklich.

Eigene Zubereitungen aus Holunder

Die Beeren aller Holunderarten lassen sich als Tee, als Gelee, Marmelade, Saft oder Holunderlikör zubereiten. Allerdings wird bei rotem Holunder öfter von Unverträglichkeiten berichtet. Auch die Blüten vom schwarzen, roten und Zwerg-Holunder können in der eigenen Küche verwendet werden, als Tee oder im Teig herausgebacken.

Holundertee

Tee aus Blüten

3 g Holunderblüten werden mit heißem, aber nicht mehr kochendem Wasser aufgegossen. Nach einer Ziehzeit von 5 – 10 Minuten hat er seine Genussfülle erreicht. Bei Anwendung gegen Erkrankungen werden 3 – 5 Tassen am Tag getrunken, als Kur gelten zwischen 1 und 3 Tassen über einen Zeitraum von mehreren Wochen.

Fliederbeertee

Auf 150 ml heißes Wasser nimmt man 10 g Früchte. Die Ziehdauer beträgt ebenfalls 5 – 10 Minuten, der Geschmack kann mit Zitrone abgerundet werden.

Holundersaft und Holundersirup

Im eigenen Dampfentsafter oder Kochtopf kann selber Saft hergestellt werden. Dazu nimmt man Dolden, an denen alle Beeren reif sind. Die Beerenrispen werden mit einer Gabel abgestreift, die Beeren gewaschen. 1 kg Holunderbeeren wird mit 250 ml Wasser und 150 g Zucker aufgekocht. Danach kommt der Saft – die genannte Menge ergibt etwa 600 ml – in sterilisierte Flaschen. Möchte man Sirup zubereiten, wird der Saft bis zur gewünschten Konsistenz eingekocht.

Holunderlikör

Für die Anwendung bei Magenverstimmungen und Verdauungsbeschwerden lässt sich ein Likör aus Holunderbeeren zubereiten.

Das Rezept nach Kräuterpfarrer Künzle: Getrocknete Beeren werden mit Branntwein übergossen, bis sie ganz bedeckt sind. Das Gefäß wird verschlossen und eine Woche an einem warmen Ort aufbewahrt. Anschließend werden die Beeren ausgepresst, der Ansatz mit 250 g Zucker verrührt.

Holunder in der Geschichte

Holunder – Ein Heilmittel mit Tradition

Schon Hippokrates wusste um eine abführende, diuretische und gynäkologische Wirkung des Holunders. Der griechische Arzt Disokurides, der im 1. Jahrhundert nach Chr. lebte, empfahl die Wurzeln von schwarzem und Zwergholunder gegen Wassersucht. Umschläge sollten gegen Auswirkungen von Schlangenbissen helfen, als Gemüse verkocht galt Holunder als Mittel gegen Verschleimungen und Gallenleiden. Die gesottene Wurzel wurde von ihm empfohlen, um die Gebärmutter weich zu machen und um Verstopfungen zu lösen.

Der Arzt und Botaniker Lonicerus, der im 16. Jahrhundert als Heilkundiger tätig war, schwörte auf die fiebersenkende, leber- und milzreinigende Wirkung und die Heilkraft bei Geschwüren und schlecht heilenden Wunden. Sebastian Kneipp sah in Holundersaft und Holunderbeermus das ideale Mittel, um in der Winterszeit Menschen mit Bewegungsmangel gesundheitliche Stärkung zukommen zu lassen. Aus wenigen zerschnittenen Blättern einen Tee zu machen und als Frühjahrskur zu trinken, hielt Kneipp für die ideale Kur zur Stoffwechselanregung. Er empfahl Holunder gegen Schüttelfrost, Fieber, alle mit Erkältungen einhergehenden Krankheiten wie Schnupfen, Rachenentzündung, Bronchitis und Mandelentzündung.

Der Kräuterpfarrer Johann Künzle wiederum lobte neben der entwässernden und der Stoffwechsel anregenden Wirkung des Holunders seine entzündungshemmenden Eigenschaften und riet zu Breiauflagen aus zerquetschten Blättern, wenn Patienten Nagelbettentzündungen, Nagelbetteiterungen oder schwärende Hundebisse hatten. Der Mediziner Gerhard Madaus betrachtete Holunder als hilfreich bei Husten, Keuchhusten, beginnender Lungenentzündung sowie als Schmerzmittel bei Nervenentzündungen, Zahnschmerzen und Ohrenschmerzen.

Auch in anderen europäischen Ländern wurde früh schon der Holunder geschätzt. In Russland wurde er wegen seiner diaphoretischen Wirkung, nämlich schweißaustreibend zu sein, eingesetzt. In Tschechien gilt das Früchtemus als Mittel gegen Durchfall, der Sirup als Mittel gegen Verstopfung. In Dänemark wurde aus den Blüten ein Kräuterkissen zur Schmerzlinderung zubereitet.

Holunder im Brauchtum, in Sagen und im Handwerk

Die Kelten schätzten und ehrten den Holunder. Sie sahen in den Sträuchern den Sitz von wohlwollenden Geistern. Er hatte in ihren Augen eine ungeheure Schutzwirkung gegen böse Geister. Der Strauch sollte deshalb nicht beschnitten werden, wer ihn fällte, musste mit Schlimmen rechnen. War dies aber unumgänglich, so wurde „Frau Ellhorn“ um Verzeihung gebeten. Witwen und Waisen aber war es nicht verwehrt, den Baum zu schneiden, sie hatten keine Rache der Geister zu befürchten. Bis ins 20. Jahrhundert hielt sich der Glaube, dass ein Holunderstrauch das daneben stehende Haus vor Blitzeinschlag schütze. Verdorrte aber ein Holderbusch, so drohte dem Anwesen ein Unglück.

Die germanische Göttin Holla, uns bekannt als Frau Holle, erkor den Holunder zu ihrem Lieblingsbaum. Der Kult um die Göttin Holla war in Süddeutschland, von Bayern über Schwaben bis hin zum Elsass, weit verbreitet. Frau Holla wurde am Holderbusch Opfer dargebracht. Die zahlreichen Sträucher an Waldrändern, in der unmittelbaren Nähe von alten Höfen und Scheunen oder Weggabelungen zeugen heute noch davon. Auch die germanische Liebesgöttin Freya war mit dem Holunder verbandelt, er galt als ihr Lieblingsbaum.

Aus dem Holz des Holunders wurden Flöten geschnitzt, die ausgehöhlten Zweige dienen heute noch als Pfeilschäfte und Bogen. Dicke, vom Mark befreite Äste wurden als Gefäße genutzt. Das Holundermark, das sich schaumstoffartig anfühlt, ist in der Mikroskopie beliebt. Dünnschnittpräparate werden darin eingebettet.

Holunder im eigenen Garten

Wer selber Holunder anbauen möchte, braucht nur eins: Platz. Holunder kann je nach Bodenbeschaffenheit bis zu 15 m hoch werden, der Umfang des Strauches oder Baumes ist entsprechend ausladend.

Standort

Sambucus-Arten sind anspruchslos, sie gedeihen in nahezu jedem Boden. Üppiges Wachstum und guten Fruchtansatz erreicht er in feuchtem, lehmigen Boden mit hohem Humus- und Kalkanteil. Sonne oder Halbschatten sind ideal für ihn. Er ist in hohem Maße frostresistenz, die Luftverschmutzung in den Städten schadet ihm kaum.

Pflanzung

Gekaufte Holundersträucher wachsen problemlos an, auch außerhalb der Pflanzzeit in Herbst und Frühjahr. Dennoch schätze Holunder es, wenn das Pflanzloch gut vorbereitet wird. Sollen bewurzelte Sträucher eingesetzt werden, werden reifer Kompost und Hornspäne in den Boden eingearbeitet. Gegebenenfalls werden die Triebe zurückgeschnitten, die Erde im Pflanzloch mit reichlich Wasser gut eingeschwemmt. Fast ebenso leicht lassen sich neue Sträucher aus Stecklingen ziehen. Im Winter werden dazu von den einjährigen Trieben etwa 20 cm bis 25 cm lange, blattlose Stücke abgenommen. Diese Abschnitte sollten ein Knospenpaar am oberen und unteren Ende aufweisen. An frostfreien Tagen kommt der Steckling zu zwei Dritteln in die Erde. Im Laufe des Frühjahrs erfolgt dann der neue Austrieb.

Pflegetipps für Holunder

Angewachsene Stecklinge werden Ende Juni – traditionell am 24., dem Johannistag -entspitzt, damit die Verzweigung angeregt wird. An den zweijährigen Trieben entstehen dann Seitentriebe mit Blüten und Früchten. Damit der Holunder reichlich trägt, ist im Herbst nach der Ernte ein starker Rückschnitt vorzunehmen. Etwa ein Dutzend Ruten bleibt stehen, diese sollten möglichst gleichmäßig verteilt sein. Schwache Ruten dürfen bereits während des Jahres ausgelichtet werden. Zum Winter hin kann die Fläche unter und um den Strauch mit rohem Kompost abgedeckt werden, der im Frühjahr wieder als Dünger untergearbeitet wird.

Holunderernte

Blüten frisch und getrocknet

Die Blüten werden geöffnet geerntet, dabei kann eine erste Vorauswahl hinsichtlich der späteren Ernte getroffen werden: Gut entwickelte Blütenrispen bleiben stehen, dicht stehende und schwächlich werden gepflückt. Die Blüten sollten bereits im Freien gut trocken sein, der späte Vormittag empfiehlt sich als Erntezeit. Was nicht sofort verbraucht wird, wird schonend im Backofen oder aufgehängt getrocknet und später vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt.

Beeren konservieren

Sollten Beeren nicht als Saft weiterverarbeitet werden, können sie eingefroren werden. Sie lassen sich im Dörrapparat oder auf dem Backblech trocknen. Aufbewahrt werden sie in Papiertüten, der Inhalt sollte regelmäßig auf Schimmel und Schädlingsbefall kontrolliert werden.

Quellen

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