Bewegungstherapie – Heilung durch Bewegung

Bewegungstherapie – Heilung durch Bewegung

Nach einem Unfall, Verletzungen sowie bei psychosomatischen und chronischen Erkrankungen wird häufig auf Bewegung als Heilmethode gesetzt. Die sogenannte Bewegungstherapie wird dann vom Arzt verschrieben. Die dosierte Anwendung von Bewegungsformen wirkt sich positiv auf das Krankheitsgeschehen aus. Die Bewegungstherapie ist dabei ein dynamischer Vorgang, der sich an die zunehmende Belastbarkeit eines Patienten während des Heilungsprozesses anpasst.

In der Bewegungstherapie wird Bewegung dafür eingesetzt, um körperliche, seelische und soziale Störungen zu entdecken und auszugleichen. Außerdem soll der Patient dazu ermuntert werden, notwendige Verhaltensänderungen umzusetzen. Bei einer psychosomatischen Erkrankung und nach Unfällen oder Verletzungen unterstützt die Behandlung die Patienten darin, ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen.

Ablauf und Ziele einer Bewegungstherapie

Jede Bewegungstherapie beginnt mit einer Untersuchung. Dabei werden Funktionsstörungen des Stoffwechsels, der Durchblutung, der Beweglichkeit, der Ausdauer und der Koordination ebenso ermittelt wie die Kraft des Patienten und das Ausmaß seiner Schmerzen. Auf dieser Grundlage stellt der Therapeut ein individuelles Programm für den Patienten zusammen.

Meistens beginnt die Bewegungstherapie während der körperlichen Entlastung oder schmerzbedingte Schonung des Kranken. Dann folgen das gezielte Trainieren, das Belasten im Alltag und der probeweise Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Am Anfang einer Bewegungstherapie stehen überwiegend passive Maßnahmen. Dabei führt der Therapeut die Bewegungen für den Patienten aus oder unterstützt sie zumindest. Sobald der Patient nicht mehr durch Schmerzen beeinträchtigt wird, beginnt man mit der aktiven Bewegungstherapie und dem Belastungstraining.

Die Bewegungstherapie zielt darauf ab:

  • Bewegungsabläufe wieder besser zu koordinieren
  • Funktionen funktionsgestörter Gelenke wiederherzustellen
  • Geschwächte Muskeln zu aktivieren und zu kräftigen
  • Verkürzte Weichteilstrukturen wie Muskeln, Sehnen, Gelenkkapseln, Haut und Narben zu dehnen
  • Das Gleichgewicht der Muskelpartien wiederherzustellen
  • Die Durchblutung zu fördern und Ödeme zu entstauen
  • Das Herz-Kreislaufsystem, die Atmung und das Stoffwechselsystem anzuregen
  • Selbstbewusstsein und Körpergefühl zu verbessern

Bei Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen sorgt die Bewegung für ein verbessertes Körpergefühl. Das hilft dabei, Probleme besser zu bewältigten. Bewegung wird hier zur Analyse von Konflikten genutzt und ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der Psychotherapie.

Bewegungstherapien werden von ausgebildeten Therapeuten durchgeführt. In vielen Rehakliniken sind sie heute fester Bestandteil des Therapieprogramms. Nach Verletzungen und Erkrankungen haben viele Menschen ein belastetes Verhältnis zu ihrem Körper. In der Bewegungstherapie werden Methoden angewendet, die sich nach der jeweiligen körperlichen Belastbarkeit richten. Ganz ohne Druck kann so die eigene Leistungsfähigkeit wieder erfahren werden.

Während der Bewegungstherapie im Rahmen einer Rehabilitation kann der Patient auch im Gebrauch von Hilfsmitteln wie Prothesen geschult werden – falls dies notwendig sein sollte. Außerdem erhalten er und seine Angehörigen eine Beratung darüber, welche Übungen selbstständig ausführbar sind.

Welche Formen der Bewegungstherapie gibt es?

Es gibt unterschiedliche Methoden der Bewegungstherapie, doch bei allen steht die Bewegung zum Wiederaufbau oder Verbesserung des körperlichen und seelischen Zustands im Vordergrund.

  1. Manuelle Therapie

Die manuelle Therapie beschäftigt sich mit den Funktionsstörungen des Bewegungsapparats. Die normale Funktion soll im Laufe der Behandlung wiederhergestellt oder erhalten werden. Instabile Gelenke werden durch Kräftigung der Muskulatur und eine Koordinationsschulung belastbarer.

  1. Medizinisches Aufbautraining

Ein Funktionstraining an medizinischen Trainingsgeräten wird nach chronischen Erkrankungen, nach Unfällen und operativen Eingriffen vorgenommen. Unter Berücksichtigung der körperlichen Belastbarkeit und der jeweiligen Bewegungsdefizite wird ein individuelles Trainingsprogramm zusammengestellt. Mit der Behandlung werden muskuläre und koordinative Schwächen sowie Störungen in der Gelenkbeweglichkeit ausgeglichen. Aber auch die Funktion des Atmungs-, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselsystems lassen sich auf diesem Weg verbessern.

  1. Bobath, Vojta und PNF

Die Bobath-Therapie hilft vor allem bei angeborenen oder erworbenen Störungen des zentralen Nervensystems. Bei Kindern werden solche Bewegungen mit Hilfe von Bezugspersonen oder Spielzeug angebahnt, die es gemäß seiner aktuellen Entwicklungsstufe beherrschen sollte.

Bei der Vojta-Therapie werden bestimmte Punkte durch Berührung gereizt. Bei Kindern werden dadurch bestimmte Bewegungsmuster wie Reflexdrehen oder -kriechen aus unterschiedlichen Ausgangsstellungen ausgelöst.

Die PFN-Methode (propriozeptive neuromuskuläre Faszilitation) soll durch das Schulen der Wahrnehmung den Zugriff auf Bewegungsreserven erleichtern. Die Körperwahrnehmung wird durch Dehnen, Ziehen und Druck auf die Gelenke sowie Berühren der Haut, Blickkontakt und Anweisung durch den Therapeuten aktiviert. Gerade Hilfestellungen zum Erlernen von Alltagsaktivitäten stehen im Mittelpunkt.

Auch bei Erwachsene, die an neurologischen Erkrankungen leiden, lassen sich alle drei Methoden anwenden. Bewegungen werden dabei durch das Stimulieren von Reflexen, Gleichgewichtsreaktionen und Bewegungsfühlern erleichtert.

  1. Atemtherapie

Bei Atemwegserkrankungen wie Bronchialerkrankungen oder Mukoviszidose soll die Atmung durch Bewegungs- und Verhaltensschulungen wieder optimiert werden. Die Atembewegung wird ökonomisiert, die Brustkorbbeweglichkeit gesteigert sowie das Abhusten von Sekret verbessert. Darüber hinaus sind das Fördern der Atembewegung sowie Entspannung Ziel der Behandlung.

  1. Konzentrative Bewegungstherapie

Die konzentrative Bewegungstherapie ist relativ frei gestaltet. Der Patient bekommt nur wenig Anleitung vom Therapeuten. Körper und Bewegungen werden intensiver wahrgenommen. In der Gruppe lernt er, Grenzen abzustecken und Nähe zuzulassen.

Gefühle und Ängste, die durch unbearbeitete Konflikte ausgelöst werden, lassen sich beim sportlich-spielerischen Zusammenspiel herausarbeiten und werden im Gespräch mit dem Therapeuten aufgegriffen.

  1. Integrative Bewegungstherapie

Die integrative Bewegungstherapie wird von der integrativen Psychotherapie angewendet. Besonderes Augenmerkt liegt auf der Art der Bewegung, den Körperausdruck und das Verhältnis von Spannung und Entspannung. Die Schulung der Atmung ist ein weiterer wichtiger Bestandteil. Patienten sollen durch die Methode Signale der Psyche und des Körpers besser wahrnehmen.

Bestehen Risiken bei der Bewegungstherapie?

Bei der Bewegungstherapie treten normalerweise keine Nebenwirkungen auf. Vor jeder Behandlung wird der Patient auf seine Belastbarkeit hin untersucht. Die Auswirkungen der Therapie werden anhand des Übungsgewichts, der Anzahl der Wiederholungen und der Herzfrequenz kontrolliert, damit es zu keiner Überbelastung des Patienten kommt. Wenn die Werte nicht stimmen, wird die Therapie angepasst.

Es gibt aber Umstände, unter denen die Bewegungstherapie nicht durchgeführt werden sollte:

  • Bei starken Schmerzen während der Bewegung
  • Bei Schmerzen und Fieber
  • Bei Krankheiten und Verletzungen, die ein Ruhigstellen notwendig machen
  • Bei der akuten Kompression eines Nervs

 

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