Multiresistente Keime – So schützen Sie sich!

Multiresistente Keime – So schützen Sie sich!

Jedes Jahr infizieren sich mehr als eine halbe Millionen Menschen in Krankenhäusern mit multiresistenten Keimen und bis zu 50.000 Menschen sterben an den Folgen dieser Infektionen. Meist lassen sich Infektionen durch Bakterien mit Antibiotika gut behandeln. Jedoch gibt es einige Bakterien, die gegenüber vielen Antibiotika unempfindlich sind. In diesem Fall wird von multiresistenten Erregern (MRE) gesprochen.

In den meisten Fällen stellen Bakterien keine ernsthafte Gesundheitsgefährdung dar, denn der Körper kann erfolgreiche Schutzmechanismen entwickeln. Das gilt vor allem für die vielen verschiedenen Bakterien, die natürlicherweise die Schleimhäute, die Haut sowie den Darm besiedeln und gefährliche Keime nicht in den Körper eindringen lassen. Dementsprechend ist eine stabile Keimflora auch eine wichtige Schutzfunktion.

Es gibt jedoch auch krankheitserregende Bakterien (pathogene Bakterien). Zu diesen gehören beispielsweise die Bakterienstämme von Staphylokokken, Streptokokken, Salmonellen oder Legionellen. Gelangen sie in den Körper, können sie hier eine Infektion auslösen. Infolge dessen beginnt der Körper mit den Abwehrmaßnahmen, um die „Eindringlinge“ zu bekämpfen. In welcher Form und wie stark sich Krankheitssymptome im Rahmen der Infektion zeigen, ist sowohl von der Art des Keims als auch von der Abwehrstärke abhängig. Dabei lassen sich die meisten bakteriellen Infektionen mit Antibiotika gut behandeln.

Vermehrung von Bakterien und antibiotische Behandlung

Bakterien vermehren sich im Grunde immer durch eine Teilung. Das heißt, dass aus einer Zelle, der sogenannten Mutterzelle, zwei identische Zellen (Tochterzellen) entstehen und diese sich wiederum erneut teilen. Einige Bakterienarten sind unter bestimmten Bedingungen sogar dazu in der Lage, sich in weniger als 20 Minuten zu verdoppeln. Hingegen benötigen andere Bakterien hierzu Stunden oder sogar Tage. Aufgrund dessen, dass Bakterien sehr widerstandsfähig sind, können sie sich neuen Bedingungen schnell anpassen. Nach einer Anlaufphase kann also die Anzahl der Bakterien enorm ansteigen, weshalb sich einige bakterielle Infektionen (z. B. Cholera oder Tuberkulose) seuchenartig ausbreiten.

Antibiotika können Bakterien abtöten. Dabei gilt die Entdeckung dieser Medikamente zu den bedeutendsten Ereignissen in der Geschichte der Medizin. Endes des 19. Jahrhunderts konnte erstmals der Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch Bakterien als Auslöser für Erkrankungen nachweisen, wonach zahlreiche Wissenschaftler ein wirksames Gegenmittel suchten. Der Bakteriologe Alexander Fleming entdeckte dann zufällig im Jahre 1928, dass eine Substanz aus einem Schimmelpilz auf verschiedene Bakterien tödlich wirkte. Das war die Geburtsstunde des Penicillins. Bis Penicillin als Arzneimittel zur Verfügung stand, dauerte es noch bis in die 1940er-Jahre. Danach wurden viele weitere Antibiotika unterschiedlicher Wirkstoffklassen entwickelt. Während einige Antibiotika nur gegen bestimmte Bakterien wirken, können andere gegen eine Vielzahl an Bakterien wirken (Breitbandantibiotika).

Was sind multiresistente Erreger?

Es wurde lange Zeit davon ausgegangen, dass bakterielle Infektionen mithilfe von Antibiotika dauerhaft und vor allem wirkungsvoll behandelt werden können und dass diese Infektionen keine Gefahr mehr darstellen. Da Bakterien aber echte Überlebenskünstler sind, haben sie gegen Antibiotika eine Widerstandsfähigkeit entwickelt.

Dabei folgt die Entwicklung dieser multiresistenten Keime dem Mechanismus der Evolutionsbiologie. Am überlebenstüchtigsten sind Organismen, die sich den äußeren Bedingungen anpassen. Das heißt, sie können sich schnell vermehren. Vereinzelt kommt es auch vor, dass sich Keime durch einen Zufall in ihrem Erbgut verändern und weniger empfindlich auf ein Antibiotikum reagieren. Sie vermehren sich also und geben ihre Resistenz (Unempfindlichkeit) direkt an die nächste Generation weiter.

Gerade durch den vermehrten Antibiotika-Einsatz und fehlerhafte Anwendungen, wie zum Beispiel eine viel zu kurze Einnahmezeit, konnten sich die Bakterien verändern und wurden resistent gegen verschiedene Antibiotika.

Multiresistenten Keime Liste – Die häufigsten multiresistenten Erreger

Dank der Erfassung und Dokumentation vom Auftreten der Antibiotika resistenten Keime, ist bekannt, welche die am häufigsten auftretenden Erreger sind. Zum einen können so gezielte Präventionsmaßnahmen ergriffen werden und zum anderen gibt es wichtige Ansatzpunkte, um entsprechende Medikamente mit neuartigen Wirkmechanismen entwickeln zu können.

Einige multiresistente Keime sind mittlerweile der breiten Öffentlichkeit bekannt. Hierzu gehört vor allem der MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus). Doch es gibt auch weniger bekannte multiresistente Erreger, wie zum Beispiel Pseudomonade oder Klebsiellen, die schwere, lebensbedrohliche Infektionen auslösen können. Kommt es zu Komplikationen und verbreitet sich der Erreger über das Blut in andere Organe, liegt eine Sepsis vor. Diese kann im schlimmsten Fall zum Organversagen führen.

Im Folgenden werden deshalb die am häufigsten vorkommenden Erreger sowie die von ihnen ausgelösten Erkrankungen beschrieben:

Multiresistenter Keim / Erreger Vorkommen Auslöser von folgenden Erkrankungen / Symptomen
Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) vorwiegend Haut und Schleimhäute der oberen Atemwege Atemwegs- und Harnwegsinfekte, Hautentzündungen, Wundentzündungen, Entzündungen von Gewebe und Organen, Sepsis
Extended Spectrum β-Lactamasen (ESBL) bildende Klebsiella pneumoniae natürliches Vorkommen in der Mundschleimhaut und im Magen-Darm-Trakt; grundsätzlich kann dieser Erreger überall vorkommen Harnwegsinfekte und Lungenentzündung
Multiresistenter Pseudomonas aeruginosa (Nasskeim) Waschbecken, Duschen, feuchte Böden, Leitungswasser, Pfützen etc. sowie verdorbene Nahrungsmittel Harnwegsinfekte, Augen-, Ohren-, Haut- und Lungenentzündung
Vancomycin-resistenter Enterococcus faecium und Enterococcus faecalis (VRE) Darmflora Harnwegsinfekte und Bauchfellentzündung, Sepsis
Clostridium difficile (Hospitalkeim) Darmflora Darmentzündungen und Sepsis
ESBL bildende Escherichia coli Darmflora, infizierte und verunreinigte Nahrungsmittel und Trinkwasser Harnwegs-, Darm- und Bauchfellinfekte, Magen-Darm-Erkrankungen, Wundinfektion, Sepsis

Multiresistente Keime: Behandlung ist schwierig

Die Behandlung einer Infektion mit multiresistenten Keimen ist nicht einfach. Je nach Bakterienart wird häufig eine spezielle Kombination aus unterschiedlichen Antibiotika verordnet. Wichtigster Bestandteil der Therapie ist allerdings die sogenannte MRE-Sanierung. Je nachdem, wo sich die Bakterien angesiedelt haben, kommen verschiedene Maßnahmen zum Einsatz:

  • Rachenraum: regelmäßige desinfizierende Mundspülungen
  • Nasenraum: regelmäßige Behandlung mit keimtötender Salbe (z. B. Mupirocin)
  • Haut: regelmäßige Ganzkörperwäsche mit antiseptischen Shampoos, Seifen und Lösungen

Solche Maßnahmen werden dann meist fünf bis sieben Tage lang durchgeführt. Zwischendurch werden immer wieder zur Kontrolle Abstriche an geeigneten Körperstellen (z. B. Rachen, Nase, Wunde) entnommen.

Risikofaktoren für Infektionen mit MREs

In der Regel sind multiresistente Keime für Menschen mit einem guten Abwehrsystem nicht gefährlich. Das Risiko, bei Kontakt mit diesen Erregern zu erkranken, ist hier also sehr gering. Es ist also durchaus möglich, multiresistente Keime in sich zu tragen, ohne davon krank zu werden. Gefährdet sind hingegen Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Folgende Faktoren können zudem das Risiko erhöhen, sich mit einem solchen Erreger anzustecken:

  • Aufenthalt in einem Pflegeheim
  • Krankenhausaufenthalt
  • Therapie mit Antibiotika innerhalb des letzten halben Jahres
  • Hautwunden, die schlecht heilen
  • Katheter (z. B. Blasenkatheter) im Körper
  • Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen (z. B. Hepatitis, HIV oder Diabetes mellitus)
  • Medikamente, die das Immunsystem schwächen (z. B. Kortison)

Auch für gesunde Menschen oder gesunde MRE-Träger können die Keime ein Risiko darstellen, wenn sie frisch operiert wurden, denn die Keime könnten in die Operationswunde eindringen und dann eine Infektion auslösen.

Wichtige Verhaltensregeln & Hygiene Tipps zum Schutz vor multiresistenten Keimen

In Krankenhäusern und Pflegeheimen können sich Bakterien besonders gut verbreiten. Denn zum einen befinden sich hier viele Menschen und zum anderen sind diese bereits erkrankt und besitzen ein geschwächtes Immunsystem, weshalb sich Keime leicht verbreiten können. Damit der Aufenthalt in einem Krankenhaus oder in einem Pflegeheim unbeschadet überstanden wird, sollten folgende Regeln beachtet werden:

Regelmäßiges Händewaschen

Das regelmäßige Händewaschen ist die Grundlage aller Hygienemaßnahmen. Dieses gilt sowohl für Ärzte und das Pflegepersonal, als auch für Patienten und Besucher, denn die Hände sind extrem risikobehaftet und kommen oftmals mit infizierten Oberflächen und Gegenständen in Kontakt. Nicht umsonst werden rund 90 Prozent aller Infektionen über die Hände übertragen, weil sie als optimaler Keimempfänger und Keimverteiler dienen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, sich die Hände mit Seife mindestens 30 Sekunden lang zu waschen.

Desinfektionsspender nutzen

Ärzte und Pfleger sollten sich vor jedem Patientenkontakt die Hände desinfizieren. Sollte man sich als Patient nicht sicher sein, ob dies getan wurde, ist es durchaus berechtigt, höflich nach dem Hygienezustand der Hände zu fragen. Auch Besucher sollten sich schützen. In vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen sind an vielen Stellen Desinfektionsspender angebracht, die genutzt werden können.

Einmalhandschuhe sollten nur einmal getragen werden

Ärzte als auch Pflegekräfte müssen bei sämtlichen invasiven Eingriffen (z. B. Blut abnehmen oder Infusion legen) Einmalhandschuhe tragen. Patienten sollten darauf achten, dass diese erst kurz vor der Behandlung angezogen werden. Denn eine solche Hygienemaßnahme ist nahezu sinnlos, wenn der Arzt oder die Pflegekraft mit den Einmalhandschuhen vorher beispielsweise eine Tür angefasst hat.

Kein Barfußgehen

Patienten sollten niemals barfuß durch ihr Zimmer oder die Flure gehen, denn die Keime können auch über die Füße aufgenommen werden.

Multiresistente Keime meiden

Patienten, die bereits mit einem multiresistenten Keim infiziert sind, sollten stets gemieden werden. Ein Besuch der erkrankten Menschen darf nur mit entsprechender Schutzkleidung erfolgen. Übrigens müssen infizierte Patienten in einem Einzelzimmer untergebracht werden. Sollten sich Ärzte und Pflegekräfte in einem Mehrbettzimmer einem Patienten nur mit Mundschutz und Handschuhen nähern, sollte dies zu denken geben. In solch einem Fall sollte beim Pflegepersonal höflich nachgefragt werden.

Smartphones und Tablets als Keimträger

Zwar wurde nachgewiesen, dass Smartphones und Tablets die elektronischen Gerätschaften in Krankenhäusern und Pflegeheimen nicht beeinflussen, sollten sie dennoch nicht mit ins Krankenhaus oder ins Pflegeheim mitgebracht werden. Häufig werden nämlich gerade durch diese Geräte Keime eingeschleppt.

Vorsicht bei Fernbedienungen und Topfpflanzen

Auch Fernbedienungen sind potenzielle Keimträger, denn diese werden von Patient zu Patient weitergegeben, ohne dass sie desinfiziert wurden. Auch bei Topfpflanzen, die Gesundheitseinrichtungen angenehm gestalten sollen, ist Vorsicht geboten, denn gerade in der Erde dieser Pflanzen findet sich eine Vielzahl von Keimen.

Quellen

 

Bild: © iMarzi – stock.adobe.com